6. Dezember 2011
Ich gebe gern zu, dass ich altmodisch bin - das heißt auch ein Sammler. So besitze ich einen Schachkalender von INTERCHESS Madrid für das Jahr 1991. Er ist herrlich bebildert mit zahlreichen historischen Fotos. In doppelseitigen Monatsblättern finde ich im Kalendarium neben Geburtsdaten von bedeutenden Schachheroen auch Anmerkungen zu den großen Turnieren und Zweikämpfen.
Ach ja, als der CHESS CALENDAR erschien, da hatte bei der 29. Schacholympiade in Novi Sad 1990 gerade die Sowjetunion zum letzten Mal Gold geholt. Das Team spielte damals in der Aufstellung Wassili Iwantschuk, Boris Gelfand (der ist bekanntlich im kommenden Jahr Herausforderer von Weltmeister Viswanathan Anand!), Alexander Beljawski, Artur Jussupow, Leonid Judassin und Jewgeni Barejew, also ohne die K&K-Monarchie. Garri Kasparow und Anatoli Karpow trugen zu jener Zeit (8. Oktober bis 31. Dezember in New York und Lyon) ihr fünftes und letztes WM-Match aus. Und solche Entdeckungen gibt es viele in Kalendern - man muss nur neugierig sein - und das Schach lieben.
So warte ich jedes Jahr aufs Neue gespannt auf den SCHACH-KALENDER aus der EDITION MARCO. Herausgeber Arno Nickel, der gerade Fernschach-Olympiasieger mit dem deutschen Team wurde, hat für 2012 bereits den 29. Jahrgang vorgelegt. Und obwohl ich alle Ausgaben seit 1983 besitze, überrascht mich der Berliner Verleger jedes Mal. Diesmal ist es vor allem der unheimliche Lesestoff (rund 100 Seiten Textbeiträge, dazu zusätzlich die kleinen Glossen und Aufgaben im Kalendarium). Ein besonderer Coup ist Arno mit der Verpflichtung von Robert Hübner gelungen, der gleich mit zwei Artikeln vertreten ist. „Abbruch“ ist eine Reminiszenz an die Zeiten der Hängepartie (lang, lang ist das her...) und „Vereinsleben“ wertet interessantes Quellenmaterial zur Organisation eins Schachturniers 1946 in Bad Godesberg aus.
Weitere der insgesamt 15 Lesebeiträge besonders hervorzuheben verbietet sich einfach, und dennoch tue ich das. Seit der Ausgabe 2005 gehört „Mein Schachjahr...“ von Dirk Poldauf zu den bemerkenswertesten Leseerlebnissen für mich. Diesmal sind es Dirks persönliche Erinnerungen an einen ganz besonderen Tag - den 9. Mai in Kasan. Und wie der Autor diese Geschichte von Siegen und Niederlagen erzählt, hoffentlich nicht nur mich geradezu in einen der entscheidenden Momente des WM-Kandidatenturniers hineinzieht - da verwundert es schon, dass es bisher keinen Preis für verdienstvolle Schachjournalisten in Deutschland gibt. Der Berliner wäre für mich jedenfalls der erste Kandidat!
Fast hätte ich es vergessen, noch ein paar Anmerkungen zur Geschichte des SCHACH-KALENDERS zu machen, mit dem Arno Nickel an eine Berliner Tradition anknüpft, die mit Engehardts „Schach-Taschen-Jahrbuch“ (1951-1973) in den 1970er Jahren vorübergehend abgerissen war. Erinnert sei auch daran, dass es Heinrich Ranneforth war, der von 1907 bis 1938 den ersten Schachkalender im Taschenformat herausgebracht hatte. Die Grundidee war damals wie heute, den Leser bzw. Nutzer mit praktisch Wissenswertem für den Alltag zu versorgen, wozu stets Termine und Adressen, aber auch Regelwerke bzw. -auslegungen, Ranglisten, Paarungstabellen und anderes mehr zählten. Daneben boten Aufsätze zu verschiedenen Themen, Theoriebeiträge, Historisches und Biographisches, nicht zuletzt auch Anekdotisches, Erbauung und Unterhaltung. Arno Nickels Kalender brachte allerdings eine Neuerung, indem er das ehemals sparsam, auf wenigen Seiten abgedruckte Kalendarium auf mehr als 100 Seiten ausweitete und jedem Kalendertag reichen Raum widmete, so dass zwei Seiten eine Wochenübersicht bilden und neben vielen Spielerinformationen. Dieses bewährte Konzept wurde bis heute beibehalten...
Arno Nickel (Hrsg.): SCHACH-KALENDER 2012 (29. Jahrgang), Preis: 13,80 €, Hardcover, 288 Seiten, Format A6; ISBN 978 -3 –924833- 63-3
Wer sich für gezeichnete Schach-Kunstwerke interessierte, dem sei ein Wandkalender aus der Waltraud Waldherr Edition empfohlen, der pünktlich schon Ende des Sommers vorlag und unlängst auf der Kalenderausstellung bei der 52. Münchener Bücherschau zu bewundern war. Doch geben wir der klugen Verlegerin selbst das Wort:
„Die ersten Schachzeichnungen von Johannes Dreyling entstanden 1998 in Spanien (Benissa). Die Idee war eine von mir inszenierte Ausstellungsserie „Dreimal Dreyling“ in der Münchener Galerie Artica (neue Arbeiten und erotische Zeichnungen), im Kurmittelhaus Bad Griesbach (Zeichnungen allgemein) und im Hotel Residenz Bad Griesbach anlässlich eines Schachturniers (dieses Turnier findet heuer bereits zum 14. Mal statt) eben die Schachzeichnungen.
2006 entstand die Idee, einen "Schachkalender" herauszugeben. Seit 2007 ist dies nun der 6. Schachkalender in Folge mit immer neuen Zeichnungen.
Die Zeichnung ist ein ganz privates, subtiles und nicht so populäres Medium. Mit Skizzen und Notizen zum Thema Schach habe ich 2005 im Stadtmuseum Neuötting den Besuchern Einblick in die Entstehung und die Ausarbeitung dieser thematisch ausgearbeiteten Serie vermittelt. Dreyling macht sich einen Spaß mit dem Publikum, aber nicht auf dessen Kosten. Vielmehr benutzt er den Schalk oder auch die Harmonie eines Bildes als Einstieg, um auf nachdenklicher Ebene miteinander zu kommunizieren. Er möchte bei vielen Sachen eben in einen Dialog eintreten, ohne selbst anwesend zu sein, in Vertretung seiner Arbeiten.“
Die bisherigen Schachkalender sind: 2007 "Schwarz und Weiß - das königliche Spiel", 2008 "Schachzüge", 2009 "Schach dem König", 2010 "Schach Partien", 2011 "Schach, en passant geschlagen".
Und nun "Schach-Träume 2012". Ich gebe zu, dass der Betrachter sich Zeit nehmen muss, um den Hintersinn von Dreylings feinem Humor mit so vielen Zwischentönen aufzuspüren - aber diese kleine Mühe ist es wert. Nehmen Sie nur das Juni Blatt „Sabotage“, wo sich plötzlich auf dem Schachbrett zwei Felder für die weißen Figuren wie eine Falltür öffnen und seine Majestät die Sache kritisch beobachtet, während die Klappe von einer „teuflischen“ schwarzen Figur gezogen wird.
„Unsere Kalender sind Sammlerstücke für die Liebhaber von Zeichnungen“ - dieser Pressinformation ist wirklich nichts hinzu zu fügen außer meiner Empfehlung: kaufen!
„Schach-Träume 2012“ ist im Buchhandel, bei Amazon oder direkt bei der Waltraud Waldherr Edition zu bestellen.
Preis: 17,90 €, 13 Blatt - Spiralheftung, Format 30 x 21 cm; ISBN 978-3-939840- 09-1
www.edition-ww.com; Fax-Bestellung: 089 - 55 29 18 08
Da bekanntlich aller guten Dinge Drei sein sollen, möchte ich auch den Schachkalender 2012 ins Spiel bringen. Dass dabei wiederum der Verleger am besten sein „Produkt“ preisen kann, ist verständlich. Aber warum eigentlich nicht?
Andreas Domaske heißt er und ist nebenbei Referent für Öffentlichkeitsarbeit im Landesschachverband Sachsen-Anhalt. Seine Firma Repromedia Leipzig gibt den Schachkalender seit nunmehr sieben Jahren heraus - und so ist anzunehmen, dass man inzwischen genau weiß, was die Zielgruppe liebt und erwartet...
„Jedes Jahr wird ein neues Thema gesucht, wozu lustige Illustrationen - diesmal von Grafiker Hans Tempel - erstellt werden mit einer kurzen Erläuterung. Das Jahr 2012 steht dabei unter dem Motto ‚Schachvariationen“.
Auf den Monatsrückseiten befinden sich Schachpartien, die von Bundestrainer Uwe Bönsch ausgewählt und kommentiert wurden. Schwerpunkt sind dabei die Deutschen Meisterschaften 2011 in Bonn. So ist beispielsweise im Januar-Blatt, das den Titel Seniorenschach trägt (...ist für die reiferen SchachspielerInnen gedacht. Diese speziellen Turniere haben einen immer größeren Zulauf.), die Partie Niclas Huschenbeth - Jan Gustafsson veröffentlicht, für die der 19jährige Weißspieler den Schönheitspreis bei den Männer-Titelkämpfen erhielt.
Der Kalender soll eine Werbung für unseren schönen Schachsport sein. Er richtet sich an junge wie gestandene Schachspieler. Er kann als Geschenk im Schachverein oder auch als Präsent bei Turnieren sehr gut eingesetzt werden. Letztes Jahr wurde der Kalender auch in Österreich gekauft.“
Schachkalender 2012, 13 Blatt farbig - Spiralheftung, Format A4 ; Bestellungen über info@repromedia-leipzig.de; Preis 6,50 € zzgl. 1,50 € Versandkosten. Ab 25 € portofrei. Ab 10 bestellten Kalendern beträgt der Bruttostückpreis nur 5,50 €.
Für weitere Informationen: Andreas Domaske, Tel.: 0341 - 140 58 90
Bleibt mir die abschließende Bemerkung, dass ich allen drei Verlagen - nicht zuletzt dank unserer freundlichen Unterstützung - noch ein gutes Weihnachtsgeschäft wünsche. Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich als ehemaliger Cheflektor des nicht mehr existierenden Sportverlages Berlin spreche. Das Kalendergeschäft ist wahrlich eines der härtesten. Ich habe mich übrigens einst selbst in dieses Abenteuer mit großer Leidenschaft gestürzt - wie es ausgegangen ist, davon berichte ich Ihnen vielleicht ein anderes Mal....
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 159