15. Februar 2025
Am Montag (17. Februar; Anreise Sonntag) beginnt in Prag die Mannschafts-Weltmeisterschaft der Senioren, mit der ersten von neun Runden. Ein Turnier – zwei Welten. Ein Mix aus Hobbyspielern und ambitionierten Großmeistern. Die Bandbreite lässt sich schon anhand der deutschen Starter ablesen. Da sind die großen Namen, gleich vier Großmeister in einem Team. Der gerade erst 65 Jahre alt gewordene GM Artur Jussupow (2559 Elo), GM Rainer Knaak (2464), GM Sergej Kalinitschew (2380) und GM Jakob Meister (2418) spielen für die von Dr. Gerhard Köhler zusammengestellte Mannschaft „Lasker Schachstiftung GK“ – bedeutet Startplatz eins im Ü65-Open. Die Favoritenrolle in diesem Ensemble sicher, noch vor den Engländern, bei denen GM John Nunn mit 2533 Elo an Brett eins spielt. Und da sind die Spieler, die vor allem eines wollen: Spaß. Nehmen wir die Mannschaft, die als Team „Northern Germany“ startet – mit einem Eloschnitt von 1858 auf Rang 51 der Setzliste. Teamchef Dr. Günther Kundt: „Wir sehen das als Erlebnis. Und ich kann meinen Enkeln erzählen: Der Opa war bei einer Weltmeisterschaft.“
Dass solche Erlebnisse möglich sind, liegt am offenen Charakter der Senioren-Mannschafts-WM. Im Grunde kann jeder mitmachen – Voraussetzung ist nur das Alter über 50. Das nutzen auch viele Vereinsteams für den Auftritt auf großer Bühne – Schachreisen mit Eventcharakter. Für Selbstzahler – alles in allem 1500 Euro muss man rechnen für Übernachtung, Essen und Startgebühr. „Teilnehmen ist alles“, sagt Günther Kundt. Insgesamt sind 116 Teams dabei. Dünn sieht es nur bei den Frauen aus: Fünf Teams bei der Ü50, sogar nur drei bei der Ü65. Die deutsche Komponente heißt hier: WIM Ingrid Lauterbach, die DSB-Präsidentin startet für England – traditionell.
Für Kundt, 74, ehemaliger Universitäts-Professor für medizinische Biometrie aus Rostock, ist es nicht die erste WM-Teilnahme. Immer wieder schafft er es, eine flotte Equipe zusammenzustellen für internationalen Großereignisse. Lauter Spieler, die auf diese Weise auch Freundschaften pflegen. In diesem Jahr reist er gemeinsam mit Bernd Domsgen, Klaus-Michael Hansch und Rolf Müggenburg an. Einen Ersatzmann haben sie leider diesmal nicht gefunden. „Wir verstehen uns alle gut, nehmen das als schönen Ausflug in eine wunderschöne Stadt“, sagt Kundt mit einem Lächeln: „Aber natürlich reisen wir nicht nur wegen der guten tschechischen Biere an – ein bisschen ehrgeizig sind wir schon auch.“ Kundt, aktiv beim SSC Graal-Müritz, bereitet sich aus der großen Datenbank mit Partien zum Seniorenschach auf jeden Gegner vor. „Man will ja auch mal ein Spiel gewinnen“, sagt er, „und neben Sightseeing und unseren Spielen gucken wir mal rüber, was Koryphäen wie Jussupow oder Adams treiben.“ Der englische GM Michael Adams, amtierender Senioren-Weltmeister, ist bei den Ü50-Spielern gemeldet – mit einer beachtlichen Elo von 2664. Insgesamt aber liegen die Engländer mit ihrem Eloschnitt von 2487 nur auf Rang zwei – die US-Amerikaner haben 2500 Elo zu bieten.
Nr. | Mannschaft | Spieler |
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1 | ![]() |
GM Gregory Kaidanov (2513) GM Jaan Ehlvest (2531) GM Igor Novikov (2490) IM Stuart Rachels (2466) GM Alexander Shabalov (2471) |
2 | GM Michael Adams (2664) GM Stuart Conquest (2513) GM John Emms (2409) GM Mark Hebden (2363) GM Peter Wells (2358) |
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3 | ![]() |
GM Helgi Olafsson (2466) GM Johann Hjartarson (2464) GM Margeir Petursson (2403) GM Jon Arnason (2405) GM Throstur Thorhallsson (2394) |
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10 | ![]() |
GM Klaus Bischoff (2432) Dr. Wolfgang Polster (2131) IM Klaus-Jürgen Schulz (2345) IM Georg Seul (2329) FM Volker Wolf (2206) |
22 | ![]() |
Libor Titscher (2147) Bernd Schulenburg (2144) Matthias Berndt (2072) Ralf-Michael Kuna (2072) Ralf Häntsch (2087) |
30 | u.a. WIM Ingrid Lauterbach (2003), WFM Petra Fink-Nunn (2003) |
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40 | ![]() |
Rainer Siegmund (2074) Thomas Porschberg (1967) Peter Jeute (1951) Wolfgang Steinbach (1851) |
42 | ![]() |
Sylvio Josch (2158) Stefan Krämer (2105) Peter Bohnhoff (2054) Dr. Frank Hofmann (-) Wolfgang Wesely (-) |
48 | ![]() |
FM Arnold Huhndorf (2078) Stephan Härtel (2017) Stefan Titz (-) Hans-Ingo Skorupa (1719) |
Nr. | Mannschaft | Spieler |
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1 | ![]() |
GM Artur Jussupow (2559) GM Rainer Knaak (2464) GM Sergej Kalinitschew (2380) GM Jakob Meister (2418) Dr. Gerhard Köhler (2215) |
2 | GM John Nunn (2533) GM Anthony Kosten (2372) GM Glenn Flear (2384) IM Peter Large (2314) FM Terry Chapman (2278) |
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3 | ![]() |
GM Anatoli Waisser (2452) IM Aldo Haik (2377) IM Mehrshad Sharif (2318) IM Louis Roos (2312) IM Nicolas Giffard (2154) |
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9 | ![]() |
FM Dr. Bernd Baum (2219) Jürgen Kyas (2173) Prof. Dr. Friedbert Prüfer (2199) FM Bodo Schmidt (2256) Alexander Okrajek (2200) |
16 | ![]() |
FM Dr. Wolfram Heinig (2204) FM Michael Schulz (2115) Andreas Volkmer (2173) FM Olaf Raitza (2037) |
17 | ![]() |
IM Dr. Manfred Glienke (2187) Christian Weiss (2080) Norbert Sprotte (2129) Johannes Lanzendörfer (2131) Michael Steiger (1919) |
30 | ![]() |
u.a. FM Dietmar Vinke (2087) (in Deutschland geboren) |
31 | ![]() |
Hans-Wolfgang Walther (2034) Oswald Bindrich (2089) Hans-Jürgen Fleuch (1981) Wolfgang Tichatschke (1947) Ulrich Fitzke (1845) |
51 | ![]() |
Bernd Domsgen (1978) Klaus-Michael Hansch (1848) Dr. Günther Kundt (1862) Rolf Müggenburg (1743) |
So sind sportliche Höchstleistungen garantiert. Auch für das Team "Lasker Schachstiftung GK" scheint das Ziel definiert, oder? „Nein“, sagt Gerhard Köhler und überrascht mit einem ungewöhnlichen Ansatz, „uns geht es in Prag nicht primär um Medaillen, sondern darum, durch gute Leistungen auf Kinderschach in Deutschland aufmerksam zu machen. Und wie geht das am besten? Mit sportlichem Erfolg.“ Deshalb startet das Lasker-Team auch mit speziellen Shirts, die für die Schachstiftung GK von Gerhard Köhler wirbt, deren Zweck das Sammeln von Spenden insbesondere für das Projekt Kinderschach in Deutschland ist. „Gute Gespräche sind auch sehr wichtig“, sagt Köhler, „es ist wie so eine Art Jahrgangstreffen mit Leuten, die man seit 50 Jahren kennt.“ Aber, Hand aufs Herz: Ehrgeiz spielt doch auch mit, oder? „Nochmal: Gewinnen ist nicht das Wichtigste, aber natürlich kämpfen auch wir Senioren, teilweise verbissen, um jeden Punkt am Brett.“ Sollte es letztlich für den großen Wurf reichen, findet er „nicht so wichtig“, unter welchem Namen das Team antritt. Mit Blick auf die Kooperation der Lasker-Gesellschaft und seiner Stiftung mit dem Schachbund sei „ein Erfolg für uns letztlich auch ein Erfolg für den DSB“. (mw)
Blickpunkt Kinderschach:
Im Dezember gewann die Schachstiftung GK in Siegen beim „Rock & Pop-Preis“, wo die besten Talente der Rock- und Popmusik und aufstrebende Künstler geehrt wurden, einen Preis – und das gleich in drei Kategorien. Das Kinderschachlied „Schach, ich spiele gerne Schach“ unter dem Künstlernamen Monika & Freunde, wurde zweimal Zweiter, bei „Bester Song des Jahres 2024 (deutschsprachig)“ und „Bestes Kinderlied 2024“ – sowie Erster bei „Bester deutscher Text 2024“. Glückwunsch auch an die Schachstiftung, die den Song in Auftrag gegeben hat.
Blickpunkt Emanuel Lasker Gesellschaft
Gemeinsam werben die in Berlin ansässige "Emanuel Lasker Gesellschaft" (ELG) und die in Wien beheimatete Chess Sport Association (CSA) für die Werte des Schachs - Toleranz, Respekt, Chancengerechtigkeit und Zivilcourage. Mit dem Projekt „Lasker-Table on tour“ soll Mitstreitern wie Schulen und Hochschulen, Universitäten, Schachvereinen, Schachverbänden, SchachAGs, Turnierveranstalter oder Trägern schachkultureller Stiftungen, Akademien und sonstigen Einrichtungen die Möglichkeit gegeben werden, mit eigenen Projekten an ihrem Ort für das Schach als Kultur- und Bildungsgut zu werben. Die Tour ist bis 2030 konzipiert, Kernstück ist der „Lasker-Table“, ein Nachbau eines Schachtisches, an dem Lasker 1894 vor Beginn seines WM-Kampfes gegen Wilhelm Steinitz in Philadelphia, USA, posiert hat. Interessenten wenden sich gerne an: info@lasker-gesellschaft.de
// Archiv: DSB-Nachrichten - Senioren // ID 36289