10. September 2024
Am morgigen Mittwoch startet die erste Runde bei der 45. Schacholympiade in Budapest (10. bis 22. September). Mit einer hohen eigenen Erwartungshaltung gehen die deutschen Mannschaften an den Start. “Da ist keine Riesenentfernung mehr von uns zu den Top-Nationen", sagt Jan Gustafsson, Trainer bei den Männern. Mit einem süffisanten Lächeln fügt er hinzu: “Alles, was keine Medaille ist, ist eine Enttäuschung. Dann müssen wir auch den Trainer in Frage stellen.” Die Top-drei wären allerdings eine gewaltige Verbesserung im Vergleich zur Olympiade vor zwei Jahren im indischen Chennai. Damals reichte es nur zu Rang 18. “Da geht in jedem Fall viel mehr”, habe er sich geschworen, so Gustafsson. Und tatsächlich gehen die deutschen Spieler als Vize-Europameister in Budapest durchaus als Geheimfavoriten an den Start. Auch bei den Frauen herrscht vorsichtiger Optimismus. Großmeisterin Elisabeth Pähtz: “Selbst stark besetzte Teams wie Indien sind an einem guten Tag für uns schlagbar. Wenn es gut läuft, wir auch ein bisschen Losglück haben, ist eine Medaille drin.”
Auch wenn bei den Männern die Teams aus den USA, Indien und China die Favoriten sind, weil die durchschnittliche Wertung aller Teammitglieder dieser Mannschaften über 2700 liegt, rechnet sich Gustafsson einiges aus. “Wenn alle gut spielen, über der Elo-Erwartung, können wir weit kommen”, so der Bundestrainer, “wir haben eine sehr starke Spielergeneration in Deutschland. Alle kommen jetzt ins beste Schachalter und können den Sprung nach ganz oben schaffen.” Vorneweg der erst 19-jährige Großmeister Vincent Keymer, den Gustafsson im Kreis der Spieler, die alle deutlich unter 30 Jahre alt sind, bereits als “absoluten Führungsspieler” bezeichnet: “Er geht voran, zieht die anderen mit.”
Keymer sieht sich und die Equipe, nach eigenen starken Auftritten zuletzt, mit Elo-Zuwächsen, vor Budapest ebenfalls gut gerüstet. “Wir treten hier mit sehr viel Selbstvertrauen an. Unser Team ist jung, hat viel Potenzial – und wird noch viel besser werden”, so Keymer.
Nimmt man die Spielstärke des deutschen Ensembles mit den Großmeistern Keymer, Dmitrij Kollars, Matthias Blübaum, Alexander Donchenko und Frederik Svane nach aktueller Elo-Wertung, wäre das deutsche Team auf Rang sieben gesetzt. Gustafsson sagt: “Für mich und die Spieler ist es etwas Besonderes, Deutschland zu repräsentieren.”
Deutschlands Talentschmiede inmitten eines Star-Aufgebots aus der Schachszene. So haben 197 Nationen (neuer Rekord) gemeldet, es treten unter anderem Weltmeister Ding Liren (für China) und die Nummer eins der FIDE-Weltrangliste, Magnus Carlsen (Norwegen) an. Bei den Männern ist Usbekistan Titelverteidiger.
Einen neuen Teilnehmerrekord gibt es auch bei den Frauen, mit 184 angemeldeten Teams. Mehrere Nationen, darunter Schach-Exoten wie Guernsey, Grenada, St. Vincent und die Grenadinen, St. Kitts und Nevis, die US-Jungferninseln, St. Lucia und die Cayman-Inseln, werden ihr Debüt geben. Die Spitzenteams der letzten Olympiade - Ukraine, Georgien und Indien - gehören auch in Budapest zu den Favoriten.
Das deutsche Team tritt mit Dinara Wagner an Brett eins an, dahinter Elisabeth Pähtz. Eine taktische Maßnahme. Zuletzt wurde bei den Dortmunder Schachtagen deutlich, dass Wagner und Pähtz derzeit auf Augenhöhe agieren – alle sechs Partien endeten jeweils Remis. So könnte es auch in Budapest funktionieren: Wagner, die aktuell nur selten verliert, holt an Brett eins mindestens ein Remis – und Pähtz siegt am zweiten Brett zuverlässig. So der Plan. Dies vor dem Hintergrund, dass Wagner sehr gut darin ist, auch nominell stärkere Gegnerinnen abzublocken, Remis zu halten - das ist dann gut für die Mannschaft. “Dinara ist deutlich jünger, es wird Zeit, dass sie in die Führungsrolle hineinwächst”, sagte Elisabeth Pähtz, einzige deutsche Frau mit Großmeister-Titel. Die Rollenverteilung habe sie gemeinsam mit Wagner und Bundestrainer Yuri Yakovich besprochen. Nach Elo-Punkten sind die deutschen Frauen mit Wagner, Pähtz, Josefine Heinemann, Lara Schulze und Hanna Marie Klek die Nummer acht der Setzliste. Unter die Top Ten zu kommen sei auch sein Minimalziel, sagt Bundestrainer Yakovich: “Wir haben Träume von mehr – aber wir reden nicht darüber.” Männer-Bundestrainer Gustafsson formulierte es so: “Auf uns wartet eine spannende Zeit, eine spannende Aufgabe.”
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