3. Juli 2025
„Fußball ist wie Schach, nur ohne Würfel“, hat der Satiriker Jan Böhmermann mal gesagt – und das Zitat fälschlicherweise dem damaligen Nationalspieler Lukas Podolski angedichtet. Um den, nun ja, eher sinnlosen Spruch fortzuführen: Die Würfel sind gefallen im deutschen Schach! Heute, also so früh wie es im Fußball undenkbar wäre, nominierte Bundestrainer GM Jan Gustafsson seinen Kader für die Mannschafts-Europameisterschaft in Batumi, Georgien – ziemlich exakt drei Monate vor Beginn des Turniers (4. bis 15. Oktober). Das deutsche Team bilden: GM Vincent Keymer, GM Matthias Blübaum, GM Frederik Svane, GM Dmitrij Kollars und GM Rasmus Svane. Er ersetzt – im Vergleich zum DSB-Aufgebot 2024 bei der Olympiade in Budapest – GM Alexander Donchenko. Einmal mehr habe er sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, „alle sind stark, ich hätte mich mit allen wohlgefühlt“, sagte Gustafsson. Aber „am Ende war die Elozahl vom 1. Juli entscheidend“. Und da sei GM Dennis Wagner sogar noch dichter an Rasmus Svane dran gewesen. „Er hatte halt knapp die Nase vorn.“ Diesmal jedenfalls. Um genau zwei Elo-Pünktchen.
„Rasmus hatte bei der letzten Mannschafts-EM auch großen Anteil an der Silbermedaille“, betonte Gustafsson im Gespräch mit Matthias Wolf vom DSB-Team Öffentlichkeitsarbeit. Und ohnehin könne es „beim nächsten Mal wieder anders aussehen.“
Jan, wie muss man sich so eine Nominierung vorstellen? Hast Du die Spieler einzeln angerufen?
Die ersten drei im Kader, also Vincent, Matthias und Frederik, haben es ja bereits gewusst – sie sind aufgrund ihrer Elo-Punkte gesetzt. Den anderen habe ich Bescheid gesagt. Rasmus die gute Nachricht übermittelt, den beiden anderen die schlechte. Es war wieder mal nicht einfach für mich, weil ich alle sehr schätze. Aber: Ich kann halt nur fünf nominieren.
Wie haben Donchenko und Wagner die Nicht-Nominierung aufgenommen?
Das bleibt unter uns. Nur so viel: Sie waren natürlich nicht happy. Aber letztlich verstehen sie auch, dass die Elo-Zahl – so eng es auch im Fall von Dennis war – schon ein objektives Kriterium ist. Wir sind ja immer von einem Sechserkreis beim Nationalteam ausgegangen, aus dem ich fünf nominieren werde. Doch zuletzt waren es plötzlich sieben, weil sich Dennis zuletzt nochmal sehr stark gesteigert und an die anderen ran gekämpft hat. Er ist ein absolut verlässlicher Spieler, mit dem ich mich auch sehr wohl gefühlt hätte im Kader. Ähnliches gilt für Alexander, der immer eine Serie starten und seine Gegner reihenweise wegputzen kann. Aber, wie gesagt: Ich muss die Entscheidung halt mal treffen – auch wenn sie schwer ist. Ich fand es auch hart, einen verdienstvollen Spieler wie Rasmus vor der Olympiade im letzten Jahr rauszulassen.
Ihr seid amtierender Vize-Europameister. Was ist jetzt drin in Batumi?
Wir haben eine gute Truppe, so viel ist klar. Mit Prognosen aber tue ich mich schwer. Das macht auch derzeit noch wenig Sinn. Wir werden uns jedenfalls gut vorbereiten und wollen ein gutes Turnier spielen.
Ist noch ein Trainingslager geplant?
Das klären wir gerade. Es wird wohl noch eine Maßnahme mit einem externen Trainer geben. Das Team und ich kommen vielleicht online zusammen – oder wir finden noch einen gemeinsamen Termin in Präsenz. Das ist noch offen. Vielleicht klappt es aber, weil die meisten Spieler im Juli ein bisschen mehr Luft haben als in anderen Monaten.
Bevor wir nochmal an das Drama der EM von 2023 erinnern, mit der knapp verpassten Goldmedaille: Wie oft denkst Du selbst noch daran?
Ach, das war unglücklich – wobei es Serbien auch verdient hatte. Aber für uns war es so knapp, dass das schon hart war. Aber es ist nicht so, dass mich das täglich verfolgt – also Trauma oder so. Eigentlich war es doch auch ziemlich gut, was wir da 2023 abgeliefert haben.
Rückblende auf eine dramatische EM 2023, als die deutsche Schach-Nationalmannschaft bei im montenegrinischen Budva die Silbermedaille gewonnen hat: Nur Serbien war in der Endabrechnung besser - hauchzart. Und das kam so: Serbien stand vor der letzten Runde punktgleich mit Deutschland an der Spitze und spielte gegen Griechenland. Der Kampf stand auf des Messers Schneide. Als es gerade so aussah, als ob Griechenland den Serben ein Unentschieden abringen kann, kippte eine Partie. Serbien gewann 3:1 und am Ende sollte dieses Ergebnis genau einen halben Brettpunkt zu hoch sein, damit Deutschland den Titel holt. Da beide Teams mannschaftspunktgleich waren, musste als Feinwertung die Olympia-Sonneborn-Berger-Wertung entscheiden. „Das war schon extrem knapp und man war zuerst enttäuscht“, sagt Jan Gustafsson, „aber wir schauen nur noch nach vorne.“ (mw)
Name | Elo | |
---|---|---|
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GM Vincent Keymer | 2730 |
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GM Matthias Blübaum | 2660 |
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GM Frederik Svane | 2659 |
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GM Dmitrij Kollars | 2644 |
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GM Rasmus Svane | 2619 |
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GM Dennis Wagner | 2617 |
// Archiv: DSB-Nachrichten - Nationalmannschaft // ID 36721