5. Oktober 2025
Der Himmel weinte über Batumi. Regenwetter bei 18 Grad. Das passte zur Stimmung der DSB-Männer... Heute begannen in der georgischen Hafenstadt Batumi die Mannschafts-Europameisterschaften 2025. Deutschland ist im offenen Turnier an eins gesetzt, die Frauen in ihrem Wettbewerb an Nummer sechs. Während die Frauen ihre Aufgabe gegen die dritte Mannschaft des Gastgebers nach harter Arbeit mit einem 3:1-Sieg abschlossen, unterlagen die Männer überraschend mit 1,5:2,5 gegen Dänemark. Ein klassischer Fehlstart. Bundestrainer WGM Jan Gustafsson ahnte schon vorher, was auf seine Spieler zukommen würde: "Dänemark ist stark mit einem 2556er Schnitt. Die EM geht gleich voll los." Das "Danish Dynamite", mit dem einst die dänischen Fußballer 1992 Europameister wurden, kam nun also auch im Schach zum Einsatz. Zur Sprengung gebracht wurde es am Brett von GM Dmitrij Kollars, der nach einer fehlerhaften Variantenberechnung mit einer Figur weniger auf dem Brett dasaß. Der Anfang vom Ende - fast zeitgleich begann es zu regnen. Kurzes Fazit von Jan Gustafsson: "Wir sind mit dem Start natürlich sehr unzufrieden. Aber jetzt gilt es den Blick schnell nach vorne zu richten und uns auf die Schweiz zu konzetrieren." Frauen-Bundestrainer GM Zahar Efimenko war happy: "Wir hatten es mit einem jungen und motivierten Gegner zu tun, der uns alles abverlangt hat. Es war ein hartes Stück Arbeit." Morgen geht es gegen die Türkei.
Als Gustafsson am Tag zwei nach der Anreise - und am Morgen des Dänemark-Duells - seine erste Aufstellung für die Europameisterschaften kommentierte, ahnte er natürlich noch nicht, wie hart die Nuss werden würde, die es zu knacken galt. Und letztlich wurde natürlich schnell unter den Fans diskutiert - auch über Aufstellungsfragen. Aber jeder Trainer hat nunmal eine Idee. "Rasmus an zwei ist sehr solide und gut vorbereitet - auch gegen starke Gegner. Dazu macht es uns etwas weniger ausrechenbar als wenn Matthias an Brett zwei wäre, was bei Team-Events mit begrenzter Vorbereitungszeit ein wichtiger Faktor ist: Es erlaubt uns, die Farben bzw. Paarungen etwas besser zu steuern." Bei den beiden letzten Brettern war die Reihenfolge eigentlich egal, aber Gustafsson versprach sich "etwas mehr Flexibilität bei den Farben und Gegnerwahl" mit Dmitrij Kollars an Brett vier und Frederik Svane an fünf. Gustafsson: "Grundsätzlich ist das Level der Topmannschaften an zwei bis vier recht ähnlich. Alle werden einen starken Gegnerschnitt bekommen, wenn es gut läuft." Ja, so war es. Und es lief nicht gut.
Für das Spiel gegen Dänemark verzichtete der Bundestrainer auf den WM-Kandidaten GM Matthias Blübaum. Aber er "wird bestimmt auch noch zum Einsatz kommen." Vermutlich schon morgen. Und weiter: "Unsere Aufstellung ist so flexibel, dass wir sowohl aggressiv als auch defensiv agieren können. Wir wollen damit dem Gegner unser Spiel aufzwingen, anstatt uns an den Gegner anpassen zu müssen." Im Runde eins hat es damit noch nicht so geklappt wie gewünscht.
Das Frauenteam war schon seit Mittwoch vor Ort. WGM Josefine Safarli nach einigen Tagen Trainingslager: "Die Stimmung ist sehr gut." Man habe sich, so WGM Hanna Marie Klek "sehr gut akklimatisiert. Wir sind fit für das Turnier". Diese geistige Frische war dann auch bei den Partien zu spüren. Frauenbundestrainer GM Zahar Efimenko: "Bei der Teambesprechung haben wir beschlossen, dass Dinara heute pausieren wird. Ich gehe davon aus, dass sie in den verbleibenden acht Runden spielen wird. Wir haben die Kapitänsbesprechung gestern um 23 Uhr begonnen, da viele Teilnehmer erst um 21.30 Uhr am Flughafen angekommen sind. Unsere Gegner haben ein junges und motiviertes Team, und natürlich sind ihre Elo-Bewertungen zu niedrig, daher wird es heute kein leichtes Spiel werden. Die Gegner spielen mit ihrer Stammaufstellung gegen uns." Das nutze ihnen am Ende nichts. (fb/mw)
Nach einer kurzen Ansprache vom Präsidenten der ECU, Zurab Azmaiparashvili, der sein Heimspiel sichtlich genoss, ging es nach ein paar technischen Anweisungen des Hauptschiedsrichters fast pünktlich los.
Mit Dänemark wartete sofort eine echte Herausforderung auf die deutsche Mannschaft. Am Spitzenbrett erhält GM Vincent Keymer die Gelegenheit zu einer Revanche für die Niederlage aus 2021. GM Matthias Blübaum pausierte heute. Er drückte dem Team trotzdem die Daumen und verfolgte das Geschehen vor dem Bildschirm. Die Übertragung ist 15 Minuten zeitversetzt.
Zum ersten Nahkampf kommt es an Brett vier. GM Frederik Svane nimmt den Fehdehandschuh auf und bedient sich in Zug 13 auf e4. Hoffentlich erweist sich der Bauer nicht als vergiftet. Sein Gegner schlägt im Gegenzug die dargebotene Qualität auf a8 und eine leichte Kompensation für Frederik Svane zeichnet sich ab. Die Kommentatoren rätseln über die Güte von 21. f3. Das Brett steht in Flammen.
Sein Bruder Rasmus scheint am zweiten Brett deutlich friedlicher gestimmt und so endet die Partie nach Zugwiederholung mit Remis.
Unsere beiden Weißbretter stimmten zuversichtlich. Vincent Keymer hat alles im Griff und übt Druck aus, während Dmitrij Kollars um den feindlichen Bauern auf d4 herum gewaltig wirbelt.
Plötzlich bricht die Katastrophe über das DSB-Team herein. Die Grundreihenschwäche wird Dmitrij Kollars zum Verhängnis (siehe Diagramm). Die Deutschen liegen hinten.
Keymer ist zum Siegen verdammt. Und Frederik Svane grübelte nun schon 20 Minuten, findet er einen Weg? Sein Gegner will Frederik im Sturm besiegen, anstatt erstmal den König zu sichern. Die Stellung ist zumindest nicht mehr leicht gewonnen. Zeitnot. Die Dinge überschlagen sich. Keymer spielt ungenau und Frederik Svane auch. 32… Dxb2 Harakiri oder Bluff? Fast wäre uns die Grundreihe zum zweiten Mal zum Verhängnis geworden. Der Rauch hat sich verzogen. Was bleibt, sind drei Remisen und eine Niederlage zum Auftakt für die Männer.
Das Auftaktlos Georgien 3 barg jede Menge Unwägbarkeiten. GM Dinara Wagner setzte aus und die anderen vier sind zur höchsten Wachsamkeit aufgerufen. Traditionell verfügt Georgien über sehr starke Frauenmannschaften. Das topgesetzte Team Georgien 1 spielt ausgerechnet gegen Georgien 2. Die junge dritte Mannschaft will den ersten beiden um nichts nachstehen.
In Batumi gilt die Sofia-Regel ab 30 Züge, das heißt vor dem 30. Zug sind keine Remisangebote erlaubt. Die Ausnahme bildet die dreimalige Stellungswiederholung und dazu kam es am ersten Brett. In einer bekannten Variante der Spanischen Partie zeigte sich die mit Weiß spielende Georgierin einem frühen Friedensschluss nicht abgeneigt. Remis.
WGM Kateryna Dolzhykova schnappte sich unterdessen einen Bauern im Schwerfigurenendspiel und wird diesen Mehrbesitz in den vollen Punkt umzuwandeln versuchen. FM Lara Schulze experimentiert etwas und steht zwischenzeitlich schlechter. Ihre passive Aufstellung verdammte sie zu einem langen Leiden in dieser ersten Runde. WGM Josefine Safarli hat ihre leichte Druckstellung durch einen falschen Abtausch (14. Lc6+) abgegeben und nimmt neuen Anlauf.
Nach drei Stunden sah man kaum Gewinnfortschritte bei unseren Frauen. Allein Safarli profitierte vom sorglosen Spiel ihrer Gegnerin. Schulze hatte sich befreit, während Dolzhykova eine theoretische Remisstellung 3 gegen 3 plus a-Bauern noch versuchte zu gewinnen. Die Gegnerin kennt die zugehörige Theorie scheinbar nicht; auch Josefine Safarli ergreift die sich bietende Chance. "Das war der entscheidende Moment für den Sieg der gesamten Mannschaft", sagte später Efimenko. Lara Schulze rettete sich und am Ende stand ein 3:1-Arbeitssieg. (bv/fb/mw)
Alle Runden der Europameisterschaften werden bei SchachdeutschlandTV live kommentiert. Unserem Onlineschach-Referenten Jannik Liebelt werden mit Alexander Donchenko, Robert Rabiega und Raj Tischbierek drei Großmeister abwechselnd zur Seite stehen.
Die zweite Runde am 6. Oktober 2025 kommentieren ab 13 Uhr (MESZ) Jannik Liebelt und GM Raj Tischbierek.
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// Archiv: DSB-Nachrichten - Nationalmannschaft // ID 11661