U 18-Story

Hamburg. Da stand sie in ihrer ganzen Pracht: Die Dame, mächtig wie niemand weit und breit, direkt in der Schusslinie des Turms. Das Herz des 12-jährigen Turmbesitzers schlug bis zum Hals, während er sich vergewisserte, dass die Schöne wirklich ohne Deckung angerückt war. Dann schlug er zu. Triumphierend lächelnd - bis er wenig später erstarrte. Sein König war angegriffen und getötet worden. Sein gleichaltriger Gegner hatte weiter gedacht und ihn mit der Dame in eine Falle gelockt. Die Schlacht war verloren.

Kein Computer-Kriegsspiel mit Geballer, wie Jungens es mögen, sondern kreativer Denk- und Kampfsport für Kinder mit Köpfchen: das Königsspiel Schach. Wer es einmal erlebt hat, der weiß, dass eine Schachpartie aufregender sein kann als ein Krimi. Das dachte sich auch der Hamburger Schachspieler Rene Mandelbaum (22), als er vor fünf Jahren anfing, Schülern in Nachmittagskursen Spaß am Schach zu vermitteln und dabei nach talentierten Kindern Ausschau zu halten. Bald zeigte sich: Eine Schul-AG allein reicht nicht aus, um aus Talenten mehr zu machen. Rene gründete im Sommer 2002 den Verein Weiße Dame für Kinder und Jugendliche. In der Eimsbütteler Gustav-Falke-Straße trainieren sie mit Schachcracks wie dem armenischen Internationalen Meister Suren Petrosjan (30) oder dem ehemaligen Hamburger Jugendmeister Julian Zimmermann (21).

Der Name Weiße Dame erscheint immer häufiger in den Siegerlisten bei Hamburger Turnieren: Jakob Schäfer (16), Julian Jäger (14), Nora Herbold (13) und Daniel Pfeiffer (9) gehören zu den Besten ihrer Altersklassen und wurden fürs Hamburger Kadertraining nominiert. Die erste Jugendmannschaft steht vorm Aufstieg in die Jungendbundesliga.

Rene Mandelbaum zog als Trainer die Grundschule Tornquiststraße und das Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium zu deutschen Meisterschaften. Ein junges Team der U-12-Sonderklasse fuhr zur norddeutschen Meisterschaft. Nicht nur die Kinder sind begeistert von ihrem Sport, auch Eltern und Lehrer sehen es gern. Schach macht schließlich schlau. Die Stiftung deutsches Schulschach weist darauf hin, dass Kinder durchs Schachspielen besser in der Schule werden. Sie lernen spielend sich zu konzentrieren, schulen ihr logisches Denken, steigern ihr Aufnahmevermögen für komplizierte Zusammenhänge und werden motivierter, sich selbst zu verbessern.

Schach in Schulen erlebt derzeit einen Boom, wie es ihn noch nie gegeben hat, heißt es bei der Schulschachstiftung. Jedes Jahr kommen Tausende neuer Kinder über Schulschach zum Königsspiel vor allem in Grundschulen seien Schachkurse seit Pisa gefragter denn je.