20. DSB-Kongreß Berlin 1920

In Berlin findet in der Zeit vom 26. September bis 9.Oktober der 20. Kongreß des "Deutschen Schachbundes" unter den Auspizien der "Berliner Schachgesellschaft" statt. Dem Programm entnehmen wir folgende Mitteilungen:

  • Sonnabend, den 25. September, ab 4 Uhr: Empfang der Gäste im Kongreßlokal (Charlottenburg, Kantstr. 8).
  • Sonntag, den 26. September, 11 Uhr vormittags, ebenda: Auslosung zu den Turnieren und Wahl des Schiedsgerichts.
  • Sonntag, den 26. September, 3 Uhr, im Kongreßlokal: Ordentliche Mitgliederversammlung des Deutschen Schachbundes. (Die Tagesordnung wird vom Bundesvorstand besonders bekannt gegeben.)
  • Montag, den 27. September: Beginn sämtlicher Turniere.

Es finden vier Hauptturniere mit höchstens je 12 Teilnehmern statt. Täglich wird eine Partie gespielt. Spielzeit 3-6 und 7½-10½ Uhr. Nach 6 Stunden nicht beendete Partien sind an einem Vormittage zu erledigen. Preise mindestens je 600, 400, 300, 200, 150 und 100 Mark. Einsatz und Reugeld je 25 Mark.

Die Turniere sind gleichwertig. Die Teilnehmer werden nach den bisherigen Erfolgen und Spielstärke möglichst gleichmäßig verteilt. Der erste Sieger in jedem Hauptturnier erlangt die Meisterwürde des Deutschen Schachbundes.

Falls etliche Teilnehmer bei der Anmeldung den Wunsch äußern, zu den früheren Tagesstunden zu spielen, wird eine entsprechende Anzahl Hauptturniere auf die Stunden 10-1 und 3-6 Uhr verlegt. Hängepartien sind am gleichen Abend ab 7½ Uhr zu beenden.

Ferner finden 4 Nebenturniere statt: a) Tagesturnier: Spielzeit 10-1 und 3-6 Uhr. Wertpreise im Betrage von mindestens 600 Mark, Reugeld 15 Mark, b) Abendturnier: Spielzeit 6½-10½ Uhr. Keine Zeitkontrolle. Wertpreise im Betrage von 400 Mark. Reugeld 15 Mark. c) Jugendturnier für Spieler bis zum vollendeten 16. Lebensjahre. Spielzeit 6½-10½ Uhr; Wertpreise. d) Damenturnier: Spielzeit 6½ bis 10½ Uhr; Wertpreise.

Für die Turniere hat der Verlag der "Deutschen Schachzeitung" sechs Exemplare des v. Bilguersehen Handbuches gestiftet. Ein Hauptturnier ist vom "Berliner Tageblatt", ein anderes von der "Groß-Berliner Freien Vereinigung" dotiert worden. Einen Preis hat ferner die "Neue Berliner Zeitung" ausgesetzt. Für die Unterstützungskasse sind von Herrn B. Kagan in Berlin 300 Mark, von einem süddeutschen Schachfreund 200 Mark gespendet worden.

Quelle

  • Deutsche Schachzeitung 8-9/1920, S.189/190

Der 20. Kongreß des Deutschen Schachbundes zu Berlin

Zum ersten Male seit Ausbruch des Weltkrieges hat der "Deutsche Schachbund" wieder einen Kongreß abgehalten, der, wie es unter den obwaltenden Verhältnissen kaum anders möglich gewesen wäre, ein nationaler war. Seine Veranstaltung hatte die "Berliner Schachgesellschaft" übernommen, in derem Klubheim (Charlottenburg, Kantstr. 8) am Sonntag, den 26. September, die außerordentlich stark besuchte Delegiertenversammlung stattfand. Es waren 65 Vereine mit etwa 3600 Stimmen vertreten. Vertreter hatten entsandt die Vereine aus Allenstein, Augsburg, Bamberg, Bremen, Dresden, Eisenach, Erfurt, Gera, Gotha, Greiz, Halle, Hamburg, Hamm, Karlsruhe, Kiel, Koblenz, Köln, Koburg, Königsberg, Leipzig, Magdeburg, Mannheim, Mainz, München, Ludwigshafen, Nürnberg, Ohrdruf, Oeynhausen, Saarbrücken, Stettin, Stuttgart und sämtliche Groß-Berliner Vereine. Der Bund zählt zurzeit 5 Ehrenmitglieder, 24 Gönner, 200 Einzelmitglieder und 265 Gruppenmitglieder mit etwa 8000 Mitgliedern. Der Bundesvorsitzende, Prof. Gebhardt, gedachte in seinem Rückblick auf die Jahre 1914 bis 1920 der schweren Verluste des Bundes an treuen Mitgliedern, besonders die Schachmeister Moll, E. Cohn, Schlechter, Schallopp, Köhnlein, Süchting, Barnes und die um die Blüte der Landesverbände verdienten Herren Crüsemann, Julius Steinitz, C. Schultz, Pastor Koch erwähnend. Die Versammlung beschloß, die Beiträge der Gönner, Einzelmitglieder und Gruppenmitglieder auf 500 bzw. 10 und 1 Mk. zu erhöhen und durch eine Umfrage festzustellen, ob genügend Interesse für das Wiedererscheinen des Bundesorgans, der Deutschen Schachblätter, bestehe. Als Vorort für 1921 wurde Hamburg, für 1922 Oeynhausen gewählt. Prof. Gebhardt, der aus Gesundheitsrücksichten eine Wiederwahl leider ablehnte, wurde einstimmig zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Zum ersten Vorsitzenden wurde mit 2976 Stimmen gegen 289 Stimmen, die auf Post fielen, W. Robinow (Hamburg) gewühlt, als zweiter Vorsitzender Post (Berlin), als Schriftführer Hild (Ohrdruf), als Schatzmeister Römmig (Mannheim) und als Schachwart Dr. Tausch (München). Die wichtigen Anträge der Berliner Sehachgesellschaft, betreffend zeitgemäße Änderung der Satzungen, wurden einer Kommission überwiesen, der drei Vorstandsmitglieder und die Herren Schenzel (Nürnberg), Dr. Holmen (Allenstein) und Mieses (Leipzig) angehören. Die Kommission wird auf dem nächsten außerordentlichen Bundestage in Hamburg Bericht erstatten. Nach Schluß der Versammlung, die sieben Stunden dauerte, begann die Auslosung zu den Turnieren. Von der Veranstaltung eines Meisterturniers hatte man ausnahmsweise Abstand genommen. Dafür fanden vier Hauptturniere, ein Nebenturnier, ein Jugendturnier und ein Damenturnier statt. Die Hauptturniere I, II und III wurden in Gängen, IV wurde in Gruppen gespielt. Vorstehend geben wir eine tabellarische Übersicht über ihren Verlauf.

Die Ergebnisse der Hauptturniere sind demnach:

I. Hauptturnier

Berliner Tageblatt-Turnier

Pl. Spieler Ort 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Pkt.
1. Friedrich Sämisch Charlottenburg x ½ ½ ½ ½ 1 1 1 1 1 1 8,0
2. Wilhelm Schönmann Hamburg ½ x ½ 1 0 1 1 1 ½ 1 1 7,5
3. Max Blümich Leipzig ½ ½ x ½ ½ 1 0 1 1 1 ½ 6,5
Kurt Emmrich Dresden ½ 0 ½ x 0 1 1 1 ½ 1 1 6,5
5. Ludwig Sprecher Nürnberg ½ 1 ½ 1 x 0 0 0 1 1 1 6,0
6. Felix Göbl Augsburg 0 0 0 0 1 x 0 1 1 ½ 1 4,5
7. Alfred Brinckmann Kiel 0 0 1 0 1 1 x 1 0 0 0 4,0
Hugo Bodenstein Freiburg 0 0 0 0 1 0 0 x 1 1 1 4,0
9. Erich Wöhl Hamburg 0 ½ 0 ½ 0 0 1 0 x 1 ½ 3,5
10. Jakob Adolf Seitz Augsburg 0 0 0 0 0 ½ 1 0 0 x 1 2,5
11. Erwin Zirker Charlottenburg 0 0 ½ 0 0 0 1 0 ½ 0 x 2,0
12. Paul Krusius Stuttgart 0 0 0 0 x -

Anmerkung: Laut ChessBase-Datenbank spielte außerdem Paul Krusius hier mit. Er unterlag Emmrich, Wöhl, Sämisch und Seitz.

II. Hauptturnier

Turnier des Deutschen Schachbundes

Pl. Spieler Ort 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Pkt.
1. Kurt Pahl Charlottenburg x 1 1 1 ½ 1 1 1 1 1 ½ 1 10,0
2. Karl Elison Stuttgart 0 x ½ 1 1 ½ 1 1 ½ 1 1 1 8,5
3. Heinrich von Hennig Friedenau 0 ½ x 0 1 1 1 1 1 ½ 1 1 8,0
Dr. Rudolf Dührssen Lankwitz 0 0 1 x 1 1 1 1 0 1 1 1 8,0
5. Hermann Walter Berlin ½ 0 0 0 x ½ 1 1 1 1 ½ ½ 6,0
6. C. Deißner Berlin 0 ½ 0 0 ½ x ½ 0 1 1 1 1 5,5
7. Paul Wechselmann Königsberg 0 0 0 0 0 ½ x 1 1 1 0 1 4,5
8. Alfred Wagner Neukölln 0 0 0 0 0 1 0 x 0 ½ 1 1 3,5
F. Hartenheim Wilmersdorf 0 ½ 0 1 0 0 0 1 x 1 0 0 3,5
10. Richard Kuttner Südende 0 0 ½ 0 0 0 0 ½ 0 x 1 1 3,0
A. Schropp Steglitz ½ 0 0 0 ½ 0 1 0 1 0 x 0 3,0
12. Bruno Ehms Elbing 0 0 0 0 ½ 0 0 0 1 0 1 x 2,5

III. Hauptturnier

Turnier der "Berliner Schachgesellschaft"

Pl. Spieler Ort 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Pkt.
1. Otto Zander Charlottenburg x ½ ½ 1 1 1 ½ 1 ½ 1 1 8,0
2. Willi Schlage Berlin ½ x 0 ½ 1 ½ ½ 1 1 ½ 1 6,5
3. Dr. Walter Preiswerk Lankwitz ½ 1 x 1 ½ ½ 0 0 ½ ½ 1 5,5
Simon Rotenstein Halensee 0 ½ 0 x 1 1 1 1 0 0 1 5,5
5. Kurt Richter Berlin 0 0 ½ 0 x 1 1 1 1 ½ 0 5,0
F.W. Pelzer Lichterfelde 0 ½ ½ 0 0 x ½ 1 ½ 1 1 5,0
Ernst Schweinburg Charlottenburg ½ ½ 1 0 0 ½ x ½ 1 ½ ½ 5,0
8. Heinrich Fränkel Charlottenburg 0 0 1 0 0 0 ½ x 1 1 1 4,5
9. Willi Kretzschmar Charlottenburg ½ 0 ½ 1 0 ½ 0 0 x ½ ½ 3,5
Erwin Kipke Berlin 0 ½ ½ 1 ½ 0 ½ 0 ½ x 0 3,5
11. Kurt Vordank Jena 0 0 0 0 1 0 ½ 0 ½ 1 x 3,0
12. Otto Wegemund Berlin x -

Siegergruppe des IV. Hauptturniers

Turnier der Berliner Freien Vereinigung

Pl. Spieler 1 2 3 4 5 6 7 8 Pkt.
1. Carl Oscar Ahues x 1 ½ 1 1 1 1 1 6,5
2. Fritz Woog 0 x ½ ½ 1 1 1 1 5,0
3. Leonhard Westphal ½ ½ x 1 0 0 1 1 4,0
C. Romeikat 0 ½ 0 x 1 ½ 0 1 4,0
5. Kurt Maaß 0 0 1 0 x 1 0 1 3,0
6. Rudolf Kühn 0 0 1 ½ 0 x 1 1 2,5
7. Theodor Berg 0 0 0 1 1 0 x 0 2,0
8. Otto Amende 0 0 0 0 0 0 1 x 1,0

Anmerkung: Laut ChessBase-Datenbank fanden 4 Vorrundengruppen statt. In Gr.1 spielten Maaß, Otto Deutschmann, Romeikat, Bruno Hartmann, Richard Hutter und Heck. In Gr.2 spielten Ahues, Kühn, Rausch, Nauhaus, Wilhelm Sust und Hippe. In Gr.3 spielten Georg Kunstmann, Doetsch, Berg, Amende, Arndt und G. Bachmann. In Gr.4 spielten Woog, Westphal, Ulrich, Hans Wollenberg, Paul Wienskowitz, Walter Geserick. Wegen der unvollständigen Ergebnisse verzichte ich auf Tabellen.

Nebenturnier

Pl. Spieler Ort Pkt.
1. Leisemann Hamburg 9,0
2. Bruno Hartmann Charlottenburg 8,0
3. Langeheinicke Berlin 6,5
4. Boedecker Hamburg 5,0
Leczynski Wilmersdorf 5,0
6. Boltz Charlottenburg 4,5
7. Stampe Berlin 3,5
8. Lichtenstein Oberschöneweide 2,0
9. Dröse Wilmersdorf 1,5
10. Schramm Pankow 0,0

Im Jugendturnier errang Kirstein gleichfalls ohne Verlustpartie den ersten Preis. Zweiter wurde Bülow, dritter Stephan.

Damenturnier

Pl. Spieler Pkt.
1. Frl. Stern 7,0
2. Fr. Demetriescu 6,5
3. Frl. Haase 6,0
4. Frl. Kranich 5,5
5. Fr. Dr. Brock 5,0
Fr. Süsske 5,0

Am 30. September wurde ein Ausflug nach Tegel unternommen, der bei schönem Wetter einen vergnügten Verlauf nahm.

Quellen