Deutscher Schachbund - Wohin soll’s gehen?

Malte Ibs, Herbert Bastian, Michael Klein, Dr. Hans-Jürgen Weyer

DSB-Vizepräsident Weyer und AKLV-Sprecher Bastian stellen sich den Fragen der Schachjugend

Nachdem der amtierende Präsident des Deutschen Schachbundes angekündigt hatte, bei der Präsidiumswahl im Mai 2011 nicht wieder kandidieren zu wollen, warf der derzeitige DSB-Vizepräsident Dr. Hans-Jürgen Weyer seinen Hut in den Ring. Dr. Weyer, der auch langjähriger Präsident des Schachbundes NRW ist, gab an, auf dem Bundeskongress des Deutschen Schachbundes in Bonn am 4. Juni für das Amt des Präsidenten zu kandidieren.

Für die Deutsche Schachjugend als Teil des DSB ist es natürlich von Interesse zu erfahren, mit welchen Zielen und konzeptionellen Vorstellungen der Kandidat in den Wahlkampf geht, wohin also der Weg des DSB mit Dr. Weyer an der Spitze führen soll. Schnell war so die Idee geboren, zur Jugendversammlung der Deutschen Schachjugend den Kandidaten zu einer Frage- und Diskussionsrunde einzuladen und ihm die Chance zu geben, seine Visionen zu präsentieren.

Hinter den Kulissen gab und gibt es aber auch Gerüchte, dass auf dem Bundeskongress ein weiterer Kandidat aus den Reihen der Landesverbandspräsidenten antreten wird. Daher ging eine zweite Einladung der DSJ an den Sprecher des Arbeitskreises der Landesverbände Herbert Bastian, der zugleich Präsident des Saarländischen Schachverbandes ist. Er hatte kürzlich ein strategisches Positionspapier in den AKLV gegeben, das als Prüfstein für die Kandidaten geeignet ist.

Michael S. Langer, Andreas Filmann, Dr. Harald Balló

Zur Überraschung der DSJ stieß die Fragerunde innerhalb des Deutschen Schachbundes auf solch großes Interesse, dass sich der Vizepräsident Finanzen Michael S. Langer als Besucher ankündigte, sich der hessische Landespräsident Harald Ballo als Delegierter der Hessischen Schachjugend nominieren ließ und gleich den DSB-Referenten für Wertungen, Andreas Filmann, mitbrachte. Und auch der Präsident des Landesverbandes Sachsen-Anhalt, Dr. Günter Reinemann, erschien zur Fragerunde wieder, nachdem er morgens schon die Jugendversammlung eröffnet hatte.

In einem kurzen Impulsreferat beschrieb Dr. Weyer zunächst die Situation des Schachbundes, die er bei seiner Wahl 2009 zum DSB-Vizepräsidenten vorgefunden hatte. Insbesondere die Strukturreform mit dem ersten Vorsitzenden der DSJ als festes Mitglied im neuen DSB-Präsidium hob er dabei als wichtige Änderung hervor. Zudem hatte der DSB finanzielle Probleme, die massive Sparanstrengungen erforderten. Der DSB erhöht derzeit aber wieder seine Rücklage. Das Thema Mitgliedergewinnung bezeichnete er als ein wichtiges Feld, an dem gemeinsam gearbeitet werden muss. Die Situation im Leistungssport ist gegenwärtig geprägt vom "Knatsch" (Weyer) mit den Spitzenspielern. Die derzeitige Situation ist zu vergleichen mit einer Art Tarifvertragsverhandlung mit dem Ziel, ein langfristiges Konzept mit neuen Sponsoren zu entwickeln.

Dr. Günter Reinemann, Christian Warneke, Herbert Bastian

In einem daran anschließenden Kurzvortrag fasste der stellvertretende Vorsitzende der DSJ, Michael Klein, einige aus Sicht der Schachjugend zentrale Herausforderungen für den Schachbund und sein zukünftiges Präsidium zusammen. Die DSJ hatte bereits Ende 2009 dem Hauptausschuss des DSB in Frankfurt ein Positionspapier vorgelegt, in dem vier strategische Aufgaben für die erfolgreiche Mitgliederbindung und Mitgliedergewinnung im organisierten Schach benannt wurden:

  • die gezielte Öffnung für neue und bisher unterrepräsentierte Zielgruppen,
  • die Unterstützung der "täglichen" Vereinsarbeit,
  • die Steigerung des Ereigniswertes im organisierten Schachsport sowie
  • die Stärkung des Ehrenamtes.

Den beiden Vorträgen schloss sich eine Arbeitsphase in Kleingruppen an, in denen die Delegierten der Jugendversammlung jeweils drei konkrete Fragen zu insgesamt fünf Themenkomplexen formulierten:

Dr. Günter Reinemann, Michael S. Langer, Herbert Bastian
Malte Ibs, Herbert Bastian, Michael Klein, Dr. Hans-Jürgen Weyer
  1. Mitgliedergewinnung
  2. DSJ – DSB: Wie sieht eine optimale Kooperation aus?
  3. Gestaltung von Meisterschaften als Events
  4. Stärkung des Ehrenamtes
  5. Schulschach

Diesen Fragen stellten sich Dr. Hans-Jürgen Weyer und Herbert Bastian schließlich in einer moderierten Podiumsdiskussion und erläuterten ihre Positionen, die von den Delegierten in offener und konstruktiver Diskussion hinterfragt und kommentiert wurden. Die Standpunkte der beiden Verbandsvertreter fassen wir im Folgenden kurz zusammen.

1) Fragen der Delegierten zum Thema "Mitgliedergewinnung"

  1. Welche Konzepte gibt es, um inaktive Vereine zu aktivieren?
  2. Welche Methoden gibt es, um Vereine zur Mitarbeit in solchen Initiativen zu gewinnen? Werden die Methoden evaluiert?
  3. Gibt es Methoden zur Mitgliedergewinnung? Wie sehen die Kommunikationswege dazu aus?
Malte Ibs, Herbert Bastian, Michael Klein, Dr. Hans-Jürgen Weyer

Herbert Bastian: Es gibt keine Konzepte im DSB, die sich mit den Vereinen direkt beschäftigen. Eine Evaluierung von Programmen findet im DSB allgemein nicht statt. Bisherige Versuche, neue Wege in der Frage der Mitgliedergewinnung zu entwickeln wie zum Beispiel Überlegungen zu neuen Beitragsstrukturen oder neuen Formen der Mitgliedschaften führten bisher immer in eine Sackgasse, da es zu viele Bedenkenträger und Ängste gab, so dass die Überlegungen immer gleich wieder eingestellt wurden. Der DSB zusammen mit den Ländern muss sich aber dringend mit dem Strukturwandel in den Vereinen beschäftigen. Die Vereine müssen ihre Angebote überdenken, müssen auch neue Angebote schaffen. Ein gutes Mittel, um mit den Vereinen ins Gespräch zu kommen, sind die Vereinskonferenzen, wie sie von der DSJ erfolgreich zusammen mit den Landesschachjugenden praktiziert werden, und wie sie auch im Saarland regelmäßig angeboten werden.
Ein großer Mangel der Strukturreform des DSB ist, dass die Kommunikation zwischen den verschiedenen Ebenen und vor allem zwischen den Fachleuten der Länder und des DSB eingestellt wurde, denn die erfolgreichste Kommunikation ist immer noch das direkte Gespräch miteinander, das es nicht mehr gibt. Dadurch geht viel Wissen und Potential in der Organisation verloren.

Dr. Hans-Jürgen Weyer

Dr. H.-J. Weyer: Wichtig ist zu begreifen, dass in einem komplexen Gebilde wie dem Deutschen Schachbund jeder seine Aufgabe hat gemäß dem Subsidiaritätsprinzip. Und die direkte Hilfestellung und Beratung der Vereine gehört nicht zu den Aufgaben des Bundes. Selbst der Schachbund NRW als Landesverband zählt dies nicht zu seinen Aufgaben, er hält vielmehr Bezirksberatungen ab, damit wiederum die Bezirke die Informationen an die Vereine weitertragen. Die Kernaufgabe des DSB definiert Dr. Weyer auf Nachfrage als Spitzenverband, der den Rahmen für den Unterbau schaffen muss.
Zum Prinzip der Subsidiarität gehört auch, dass man sich auch anderer Organisationen bedienen sollte. So können die Vereine in NRW auf das umfangreiche Informationsangebot des Landessportbundes zurückgreifen, der Schachbund muss daher kein eigenes Material entwickeln.
Der Präsidialausschuss Verbandsentwicklung des DSB hat konkret eine Liste von Pilotprojekten zur Mitgliederentwicklung wie zum Beispiel "Schach in verschiedenen Berufsgruppen" entwickelt, mit deren Hilfe die Länder verschiedene Projekte ausprobieren können. Was sich dabei bewährt, kann dann von anderen übernommen werden.
Die Kommunikation im DSB sollte insbesondere über die modernen Wege laufen, wichtig sind zum Beispiel der Aufbau von verschiedenen Mailverteilern und Newslettergruppen.

2) Fragen zum Thema "Kooperation von Schachjugend und DSB"

  1. Selbständigkeit der Jugend, was bedeutet das für Sie?
  2. Was muss die Jugend tun, damit ihre Ideen Gehör und Akzeptanz im Erwachsenenverband finden?
  3. Warum sind jugendliche Vertreter in DSB-Arbeitsgremien nicht vertreten?

Herbert Bastian: Selbständigkeit bedeutet: eigener Vorstand, eigener Etat, eigene Ziele (eingebunden in den DSB beziehungsweise in die Landesverbände). Die Jugend muss Ideen entwickeln und einbringen, die Erwachsenenverbände wiederum müssen offen sein für diese Ideen und sie aufgreifen. Es stellt wirklich ein Problem dar, dass zu wenige jugendliche Vertreter in den Gremien der Erwachsenenverbände sitzen. Vom DSB erwartet Bastian, dass mehr Jugendliche bzw. Jugendvertreter eingebunden werden.
Wichtig findet er auch, dass die DSJ beim DSB-Qualitätssiegel "Deutscher TOP-Schachverein Kinder- und Jugendschach" überprüft, dass die Vereine die Selbständigkeit der Jugend achten müssen, wenn sie das Siegel bekommen möchten.

Michael Klein, Dr. Hans-Jürgen Weyer

Dr. H.-J. Weyer: Die Selbständigkeit der Jugend ist politisch gewollt, ein bewährtes Modell und zukunftsträchtig. Die zweite Frage stellt sich jedoch nicht, denn die DSJ ist selbstbewusst genug, auf ihre Ideen aufmerksam zu machen. Und die Ideen werden auch aufgegriffen. Die Schachjugend sollte allerdings nicht versuchen, den DSB zu überholen.
Dass es so wenige jugendliche Vertreter im DSB gibt, liegt auch daran, dass in der Tat die DSB-Gremien sich immer nur aus dem Erwachsenenbereich speisen - und das ist auch so gewollt, keiner ist bisher auf die Idee gekommen, daran etwas zu ändern. Jedoch, und das ist wichtig, ist die DSJ ja direkt durch ihren Vorsitzenden im DSB-Präsidium vertreten. Auf die Nachfrage, ob diese Form der Partizipation nicht selbstverständlich ist, erhalten die Delegierten ein deutliches "Jein" als Antwort mit dem Hinweis, dass erst seit der Strukturreform der DSJ-Vorsitzende Mitglied im DSB-Präsidium ist.
Nachgefragt wird auch, warum das DSB-Präsidium den Antrag der DSJ abgelehnt hat, in den Präsidialausschüssen mitwirken zu dürfen, in denen es Schnittmengen zwischen den DSJ-Aufgaben und den DSB-Aufgaben gibt. Eine generelle Einbindung hält Dr. Weyer für nicht sinnvoll, der DSB hat zudem ja auch keine Möglichkeit, in den DSJ-Gremien mitzuwirken. Herbert Bastian zeigt sich sehr erstaunt darüber, dass das DSB-Präsidium diesen gerechtfertigten Wunsch der DSJ abgelehnt habe, da man doch nur durch Zusammenarbeit weiter käme.

Konkret wird ergänzend von den Delegierten erfragt, in welchen Bereichen sich der DSB künftig eine Zusammenarbeit mit der DSJ vorstellen kann.

Dr. H.-J. Weyer: Trotz Subsidiaritätsprinzips im Bereich der Vereinsberatung und im Bereich Vereinskonferenzen, da die DSJ dort über große Erfahrung verfügt. Außerdem hat der DSB im Bereich Werbung und Informationsmaterial kaum etwas zu bieten, die DSJ ist hier zum Beispiel mit ihren Plakaten sehr viel weiter.

Herbert Bastian: Im Bereich der Ausbildung ist eine enge Zusammenarbeit ganz wichtig, da die DSJ dort Großartiges leistet. Zudem benötigt der DSB dringend ein Verbandsprogramm, das nur zusammen mit der Schachjugend entwickelt werden kann.

3) Fragen zum Thema "Gestaltung von Meisterschaften als Events"

  1. Warum gibt es keine zentrale Ausrichtung der Deutschen Meisterschaft durch den DSB (wie bei der Jugendmeisterschaft durch die DSJ), sondern die wechselnden Ausrichtungen durch einzelne Vereine?
  2. Warum gibt es keine Deutsche Meisterschaft des DSB als Event mit zum Beispiel 500 Teilnehmern?
  3. Wie kann man die sportliche Attraktivität der DEM für Leistungssportler erhöhen?

Dr. H.-J. Weyer: Eine zentrale Ausrichtung der Meisterschaften ist bisher kein Thema beim DSB gewesen. Das würde zwar Jahr für Jahr einheitliche Standards bedeuten im Vergleich zu den jetzt vorhandenen Schwankungen durch die Vereinsausrichtungen. Eine zentrale Ausrichtung würde aber auch einen höheren finanziellen Einsatz des DSB bedeuten, und die Organisation müsste durch die Geschäftsstelle abgewickelt werden, was ein entsprechendes Knowhow erfordern würde.
Ein Eventcharakter bei Deutschen Meisterschaften ist schwer vorstellbar, denn die Erwachsenenmeisterschaft ist mit der Jugendmeisterschaft nicht vergleichbar.
Der Modus der DEM muss aufgebessert werden, zum Beispiel durch ein zusätzliches (internationales) Turnier für die Spitzenspieler. Es darf in diesem Bereich keine Denkverbote geben, der Plan muss es sein, gemeinsam ein Ziel zu entwickeln.

Herbert Bastian: Eine zentrale Ausrichtung ist nicht denkbar, denn dafür gibt es weder ein Organisationsteam noch ist die Finanzierung geklärt. Auf den Einwand eines Delegierten, dass es bei der Deutschen Amateurmeisterschaft dieses professionelle Team doch auch gibt, merkt Bastian an, dass es sich dabei nur um Wochenendturniere handelt.
Die DEM verfolgt ein sportpolitisches Ziel. Es soll ein hohes leistungssportliches Niveau erreicht werden - dem steht die Eventidee entgegen. Die DEM ist attraktiv auch in der jetzigen Form, zum Beispiel durch Internetübertragung aller Partien etc. Zudem haben es die Ausrichter immer wieder geschafft, durch Anreize zusätzliche Spitzenspieler einzuladen. Nur in diesem Jahr klappt das aufgrund von Platzproblemen in Bonn nicht.
Das Ziel muss es sein, die Landesmeisterschaften zu retten. Daher müssen die Landesmeister das Ziel vor Augen haben, die Deutsche Meisterschaft spielen zu können. Zusätzlich sollte jedoch eine Internationale Deutsche Meisterschaft eingeführt werden mit dem Ziel, Spieler aus der Weltspitze einzubinden.

4) Fragen zum Thema "Stärkung des Ehrenamtes"

  1. Gibt es Ansätze und Überlegungen, wie man Ehrenamtler für ihr Engagement belohnen kann?
  2. Welche Überlegungen gibt es, durch Ausbildungsangebote das Ehrenamt zu stärken?
  3. Gibt es konkrete Angebote des DSB zur Unterstützung des Ehrenamtes?

Herbert Bastian: Er gibt zu, dass ihm beim Einstiegsreferat der Schachjugend klar geworden ist, dass er sich und dass sich der AK der Landesverbände bisher noch nicht mit der Frage der gezielten Stärkung des Ehrenamtes beschäftigt hat. Die häufig mangelnde Bereitschaft zur Übernahme eines Ehrenamt ist zwar ein gesamtgesellschaftliches Problem, weshalb unklar ist, ob Belohnungen helfen, trotzdem muss dieses Thema auf die künftige Agenda. Der Bereich Ausbildung ist sehr wichtig, bisher beschränken sich die Angebote im Erwachsenenbereich aber nur auf die Trainerschiene. Wichtiger aber noch ist es, eine Gruppenzugehörigkeit der Ehrenamtlichen zu schaffen, ein Kameradschaftsgefühl zu entwickeln, wodurch man gerne als Ehrenamtler dazu gehört.

Dr. H.-J. Weyer: Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip sind Belohnungen für Ehrenamtler kein Aufgabenfeld des DSB. Dies gilt auch für den Ausbildungsbereich.
Dr. Weyer unterstreicht das, was Herbert Bastian mit Kameradschaft umschrieben hat. Wichtig ist, dass man pfleglich mit dem Ehrenamt umgeht, dass mehr gelobt wird, anstatt immer nur zu kritisieren. Dass man eine Atmosphäre schafft, in der es Freude macht, mitzuarbeiten. Dr. Weyer räumt jedoch ein, dass dies wohl eher ein Problem der Erwachsenenwelt ist, und der Jugendbereich in diesem Punkt eher Vorbildcharakter hat.

Bei der dritten Frage räumen beide DSB-Vertreter ein, dass es keine konkreten Angebote des DSB zur Unterstützung des Ehrenamtes gibt und man wohl im DSB fälschlicherweise davon ausgeht, dass immer nur "fertige" Funktionäre sich wählen lassen.

5) Fragen zum Schulschach

  1. In welchen Bereichen des Schulschachs sieht der DSB Möglichkeiten zur Zusammenarbeit zwischen DSB und DSJ?
  2. Inwiefern kann der DSB seine Kontakte nutzen, um das Thema Schulschach in der Politik zu platzieren?
  3. Welche Möglichkeiten sieht der DSB, Mitgliedern der Schulschach-AGs die Türen zum Verband zu öffnen, Stichwort Beitragsstruktur?

Herbert Bastian: Schulschach läuft bei der DSJ so gut, dass der DSB sich da nicht einschalten muss. In den Kultusministerien aller Länder ist Schach weitgehend anerkannt wie zum Beispiel im Saarland, so dass kein politischer Handlungsbedarf besteht.
Es gab auch im Saarland Überlegungen, Schulschachgruppen als Verbandsmitglieder aufzunehmen. Die Umsetzung scheiterte jedoch an zu vielen Ängsten. Schulen und Vereine müssen miteinander vernetzt werden, dann können auch die Vereine AG-Mitglieder für sich gewinnen. Die Schwachstelle sind häufig die Vereine.

Dr. H.-J. Weyer: Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip ist Schulschach Aufgabe der DSJ. Einen Bedarf für Unterstützung durch den DSB gibt es nicht, zumal Kultuspolitik Sache der Länder und nicht des Bundes ist. Der DSB kann da nichts machen, aber er ist natürlich bereit zur Hilfe, wenn sie angefragt wird. Modellen, wie man Schulschachgruppen als Verbandsmitglieder gewinnen kann, steht Dr. Weyer offen gegenüber, auch hier gibt es keine Denkverbote.

Aus dem Kreis der Delegierten wird die Einschätzung nicht geteilt, dass in den zuständigen Ministerien aller Bundesländer eine einhellig positive Meinung zu Schach in der Schule besteht. Daher wird mehrfach die Erwartung formuliert, dass der DSB in der Kultusministerkonferenz Initiativen startet, Schach überall in den Schulen abzusichern und zu verankern.

Aus dem Kreis der Delegierten wird weiterhin angemerkt, dass es teilweise im Schulbereich Hemmschwellen beim Übergang von der Schule zum Verein durch die Beitragspflicht in den Vereinen und Verbänden gibt. Beide DSB-Vertreter legen sich zwar fest, dass das Geld nicht die entscheidende Hemmschwelle sei, gleichzeitig sprechen sich aber beide auch dafür aus, sich für mögliche Beitragsfreiheiten einzusetzen.

6) Schlussstatements der DSB-Vertreter und Landespräsidenten

Links Dr. Hans-Jürgen Weyer

Dr. H.-J. Weyer: Wichtig für ihn war, die Schachjugend einmal hautnah erlebt zu haben. Er erkennt die Bereitschaft bei der DSJ, mit den Ländern und dem DSB konstruktiv und enger vernetzt zusammen zu arbeiten.

Herbert Bastian: Er nimmt vor allem mit, dass er sich dringend mit dem für ihn neuen Thema belohnende Unterstützung des Ehrenamtes auseinandersetzen wird, da dies und die Hilfe für das Ehrenamt zentrale Themen für die Zukunft des DSB sein werden. Er spricht sich noch einmal eindringlich dafür aus, dass der DSB die Jugend in seine Gremien holt und die Zusammenarbeit sucht.

Dr. Günter Reinemann

Dr. Günter Reinemann: Er erhofft sich eine bessere Außendarstellung des organisierten Schachs durch das neu zu wählende Präsidium, eine bessere Zusammenarbeit des Präsidiums mit der DSJ, aber auch mit den Referenten im DSB. Die Referenten werden in ihrer Arbeit zu wenig geschätzt und erfahren kaum Anerkennung. Die DSJ hat tolle Ideen und Programme, und es ist selbstverständlich, dass sie in die Präsidialausschüsse des DSB gehört. Kommunikation per Mail und Newsletter sind wichtig, das direkte Gespräch kann die elektronische Kommunikation aber nicht ersetzen.

Michael S. Langer: Er nimmt mit, dass hier auf der Jugendversammlung mehr als zwei Stunden konstruktiv über Inhalte geredet wurde, was ein Vorbild für den DSB sein sollte. Er beglückwünscht die DSJ zu ihrem hohen weiblichen Anteil bei den Ehrenamtlichen - und das ganz ohne Quote. Er freut sich auf die weitere Zusammenarbeit mit der DSJ und ist guten Mutes, dass die Zuschusshöhe des DSB an die DSJ einvernehmlich festgelegt werden kann.

Dr. Harald Balló

Harald Ballo: Die dominante Strukturdiskussion beim DSB ist weltfremd. Kommunikation ist mit das Wichtigste in einem Verband, sie muss aber in beide Richtungen gehen. Er weist die Delegierten darauf hin, dass die beiden DSB-Vertreter "Kreide gefressen" haben und daher manches netter formuliert haben, als sie es meinen. Fakt ist, die DSJ erhält als Teil des DSB für ihre Aufgabenbewältigung zu wenige Mittelzuwendungen durch den DSB. Zur Eigenständigkeit der DSJ gehört es, die Aufgabenfelder zu bestimmen, auf denen sie aktiv ist, für die sie die notwendigen Mittel erhalten muss, zum Beispiel die Schulschachorganisation. Der Ruf geht an die Jugendvertreter: Kandidiert beim Kongress, wenn man euch nicht einbinden will! Ein zentrales Event, das mit Hilfe der DSJ organisiert wird, benötigt der DSB dringend. Anreize für das Ehrenamt zu schaffen bedeutet so viel Transparenz wie möglich, zuhören können, die Leute ernst nehmen.

Fazit der Deutschen Schachjugend

Schon mit der Einladung der Teilnehmer zu dieser Frage- und Diskussionsrunde war uns klar, dass alle Redner die Bedeutung der Deutschen Schachjugend herausstreichen, oder wie Harald Ballo sagte, "Kreide fressen" würden. Dennoch haben wir uns über das ausdrückliche Lob an der einen oder anderen Stelle sehr gefreut. Die knapp eineinhalbstündige Frage- und Diskussionsrunde bot jedoch auch einen intensiven Einblick in die inhaltlichen Positionen von Dr. Hans-Jürgen Weyer und Herbert Bastian, die diese mitunter einhellig, aber in einigen Punkten durchaus auch kontrovers formuliert haben. Die inhaltliche Bewertung durch die DSJ fällt entsprechend differenziert aus.

Insbesondere tun wir uns mit dem häufigen Verweis auf das "Subsidiaritätsprinzip" schwer. Denn es ist auch für uns selbstverständlich, dass jede Ebene - Bund, Länder und Vereine - sich darum kümmern soll, was sie am besten kann. Es bleibt jedoch die Frage: Welche Aufgaben ergeben sich aus diesem Prinzip für die Bundesebene?

Die Deutsche Schachjugend hat sich in den vergangenen Jahren stets in einer aktiven, gestaltenden Rolle gesehen. Unser Ziel ist es, durch neue Initiativen und Pilotprojekte die Rahmenbedingungen für Vereine und Schulen gezielt zu verbessern. Das ist uns immer dann gut gelungen, wenn wir gemeinsam und in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit den Landesschachjugenden und interessierten Vereinsvertretern an neuen Ideen gearbeitet haben, so zum Beispiel bei den Vereinskonferenzen. Ein anderes Beispiel ist der Bereich der Ausbildung mit dem Kinder- und Mädchenschachpatent oder der DSJ-Akademie. Was gute Zusammenarbeit auch zwischen Jugend- und Erwachsenenverband bewirken kann, zeigt sich derzeit in unserem Pilotprojekt im Bereich Integration (Schach in der Alevitischen Gemeinde in Hamburg), das wir gemeinsam mit dem Hamburger Schachverband durchführen. Indem wir Kompetenzen und Engagement von Bundes-, Landes- und Vereinsebene zusammenbringen, entstehen immer wieder neue und spannende Projekte, mit denen wir versuchen, einen Beitrag für die Zukunft des organisierten Schachs in Deutschland zu leisten.

Die Deutsche Schachjugend möchte Impulsgeber für die Entwicklung der Schachorganisation sein - und genau dies erhoffen wir uns auch vom Deutschen Schachbund. Das Subsidiaritätsprinzip kann dann zum Problem werden - wenn es nämlich zu Abschottung führt anstatt zu zielorientierter und konstruktiver Kooperation zwischen den Engagierten. Gerade auch beim so wichtigen Thema "Stärkung des Ehrenamtes", auf das die Delegierten die beiden Erwachsenenvertreter hinwiesen, wird das deutlich. Wenige Themen brennen den Vereinsvertretern bei den Vereinskonferenzen so "unter den Nägeln" wie die Frage, was dort getan werden könne. Wir glauben, hier sind wir auch als Bundesverband gefragt, gemeinsam mit den Ländern an Ideen zu arbeiten - und diese Herausforderung nicht als Aufgabe der Länder oder gar der Vereine abzutun.

Die Deutsche Schachjugend möchte gerne ihren Beitrag leisten, um gemeinsam mit dem DSB an Lösungen für die Anforderungen zu arbeiten, vor denen das organisierte Schach in Deutschland steht. Heute erleben wir jedoch leider viel zu häufig, dass im Erwachsenenverband darauf kaum Wert gelegt wird. Umso mehr freut es uns, dass es in der Diskussionsrunde einige positive Signale in Richtung einer Öffnung des DSB zur Jugend gab. Wir würden diese Herausforderung gerne annehmen, denn wir sind uns unserer Verantwortung für die große Schachfamilie bewusst.

Michael Klein,
Stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Schachjugend

Michael Meier,
Vorsitzender der Württembergischen Schachjugend