Europa wird für den Sport immer wichtiger. Spätestens seit dem Bosman-Urteil ist dem Deutschen Schachbund und seinen Vereinen klargeworden, dass die Europäische Union den Sport als Bestandteil des Wirtschaftlebens begreift und somit in die Belange des Sportes eingreifen kann. Doch bietet Europa auch Chancen, die bisher weitestgehend vom Sport nicht genutzt wurden.
Der Deutsche Sportbund hat ein Büro in Brüssel eingerichtet, das als Verbindungsbüro zur Europäischen Union fungiert. Dieses Büro ist auch für den Deutschen Schachbund Ansprechpartner und bietet vielfältige Unterstützung, um das Bewusstsein in den Sportverbänden zu entwickeln und die notwenigen Kompetenzen in den Verbandsstrukturen aufzubauen.
Europa hautnah zu erleben, das war das Ziel eines zweitägigen Workshops, den die Führungs-Akademie des Deutschen Sportbundes in Kooperation mit dem ECU-Büro des deutschen Sports in Köln und Brüssel veranstaltete. Fazit der Teilnehmer war, Europa nicht abzuwehren, sondern (mit)gestalten.
Horst Metzing
Europa hautnah zu erleben, das war Ziel des zweitägigen Workshop, den die Führungs-Akademie des DSB in Kooperation mit dem EU-Büro des deutschen Sports vom 2. - 3. Dezember für Führungskräfte von Fachverbänden in Köln und Brüssel veranstaltete. Mit einer gelungenen Mischung aus theoretischen Grundlagen und unmittelbarem Praxisbezug vor Ort in Brüssel präsentierte das Seminar, wie vielschichtig sich die Auswirkungen Europas auf den Sport gestalten und welche Möglichkeiten verbandlicher Interessensvertretung sich im europäischen Integrationsprozess bieten. Europa nicht abwehren, sondern (mit) gestalten- lautete denn auch das einhellige Fazit der Teilnehmer des ersten "Europa hautnah- Seminars.
Zum Auftakt der Veranstaltung in Köln vermittelten Britta Jahnke aus Sicht des EU-Büros und Prof. Walter Tokarski, Rektor der Deutschen Sporthochschule in Köln, grundlegendes Wissen zu den aktuellen sportpolitischen Themen Europas sowie den Sportstrukturen in ausgewählten Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft.
Frieder Wolf, Leiter des Europa-Büros der Stadt Köln und Harald Rösch vom Sportamt Köln zeigten vor dem Hintergrund ihrer Erfahrungen auf, dass sich ein Engagement für Europa nicht nur - aber auch in finanzieller Hinsicht - für die Kommunen bezahlt macht. Michael Stoldt, Abteilungsleiter Umwelt und Recht beim Deutschen Seglerverband, schilderte die im Ergebnis erfolgreichen Bemühungen, im Rahmen eines europäischen Gesetzgebungsverfahrens die Interessen seines Verbandes einzubringen. Angesichts der dabei gewonnenen Erkenntnisse plädierte Michael Stoldt aus Sicht des DSV nachdrücklich dafür, Europa als Kernaufgabe in die Strukturen der Fachverbände zu integrieren. Abschließendes Highlight des ersten Seminartages war dann für viele der Teilnehmer das Kamingespräch mit Dr. Walfried König, Leitender Ministerialrat a. D. im Ministerium für Stadtentwicklung, Kultur und Sport NRW. Unter der Überschrift "Lobbyarbeit in Europa - (k)ein Thema für den Sport- vermittelte Dr. König eine überaus packende Darstellung Europäischer Sportpolitik von ihren Ursprüngen bis hin zum heutigem Status Quo, die mit großer Aufmerksamkeit verfolgt und bis in den späten Abend intensiv diskutiert wurde. Der zweite Seminartag in Brüssel veranschaulichte vor Ort, wie Europa "funktioniert-, unter Beteiligung welcher Institutionen und Akteure die Grundzüge der Gemeinschaftspolitik entworfen und individuelle Interessen effizient vertreten werden. Experten gaben den Teilnehmern einen praxisnahen Einblick in ihre Arbeit, ermöglichten einen Blick hinter die Kulissen und zeigten auf, weshalb Interessenvertretung schon auf lokaler und regionaler Ebene beginnt.
Einer Führung durch das Europäische Parlaments schloss sich der Besuch der Sports Unit an, die als Schaltstelle des Sports innerhalb der Europäischen Kommission zu betrachten ist. Der Leiter der Sports Unit, Jaime Andreu, skizzierte aus erster Hand die Szenarien zukünftiger Initiativen der Kommission im Bereich des Sports und ermunterte die Fachverbandsvertreter, Kompetenzen und Ideen in diesen Prozess einzubringen. Diese Aufforderung unterstrich auch Tilo Friedmann, Leiter des EU-Büros, der die Seminarteilnehmer als perfekter Gastgeber durch den Tag in Brüssel führte. Im Rahmen des für den Nachmittag angesetzten Besuchs der Seminargruppe im EU-Büro berichtete Friedmann über die Interessenvertretung für den Sport auf europäischer Ebene und gab einen Überblick, wie das junge Team Sportorganisationen bei Ihrem Europa-Engagement vor Ort begleitet. Dabei brachte Friedmann mit Begriffen wie "Seismograph, Kompass und Roadmap- die Aufgabenstellung des EU - Büros als Dienstleister auf den Punkt: Sportrelevante Entwicklungen werden frühzeitig bewertet, individuelle Handlungsoptionen aufgezeigt und Aktionswege beschrieben. Für die Teilnehmer wurde so deutlich: Das EU-Büro ist auch für die Spitzenverbände Ansprechpartner und leistet vielfältige Unterstützung, um das Bewusstsein für Europa in den Verbänden zu entwickeln und die notwendigen Kompetenzen in den Verbandsstrukturen aufzubauen. Friedmann ermunterte abschließend dazu, diesen Service gezielt nachzufragen. Für die Bundesländer stellte Renate Völpel, stellvertretende Leiterin des Büros des Landes Berlin in Brüssel, die Mechanismen der Interessenvertretung gegenüber den EU-Institutionen dar. "Gemeinsam ist man stärker-, nach diesem Motto organisiert und bündelt das Büro des Landes Berlin seine Arbeit im Zusammenspiel mit den anderen Länderbüros, der ständigen Vertretung des Bundes sowie den europäischen Partnerregionen. Für die Teilnehmer des Seminars war nach den zwei Tagen klar: Europa ist schon da! Und: Der Sport tut gut daran, sich den daraus ergebenden Herausforderungen zu stellen und Europa als Kernaufgabe zu begreifen. Mit dieser Überzeugung im Gepäck war das Interesse der Teilnehmer an einem gemeinsamen Netzwerk der Spitzenverbände zum Thema Europa sehr groß. Darüber hinaus bestand vielfach der Wunsch, das Seminar mit einer Folgeveranstaltung fortzusetzen.
Diesem Wunsch entsprechen die Führungs-Akademie und das EU-Büro sehr gerne. Die Fortsetzung in Form von "Europa hautnah 2004- ist im Jahresprogramm der Führungs- Akademie fest eingeplant.
Simone Will, Führungs-Akademie