3. Dezember 2013
Hoppla, was war das? Am Sonntag noch der Ruhetag bei der Mannschafts-WM, und ein wenig Wunden lecken bei der deutschen Auswahl nach einer recht deutlichen 0,5:3,5-Packung gegen Russland. Es war die dritte Niederlage in Folge, und eine davon schlimmer als die andere – erst knapp gegen Holland, danach schon etwas weniger knapp gegen die Ukraine, und dann das herbe Ergebnis im Spiel mit den Russen. Dunkle Wolken über der Nationalmannschaft? Ein Ruhetag ist das, was man dann gut gebrauchen kann, auch um das alles ein wenig zu verarbeiten. Die kleine Pause am Adventssonntag kam somit bestimmt auch aus Sicht von Coach Konstantin Sakajew und Eröffnungstrainer Liviu-Dieter Nisipeanu ganz gelegen.
Gestern ging es weiter, und in der 6. Runde saß Team Germania mit Armenien am Brett. Was würde das wohl werden? Die Armenier sind ja hauptamtlicher Olympiasieger und amtierender Weltmeister in Personalunion, und hatten immerhin an drei der vier Bretter ansehnliche Elo-Vorteile. Weil Igor Khenkin diesmal aus der Mannschaft rotierte, war Georg Meier an Brett eins aufgerückt. Dort begegnete er mit Levon Aronjan einer Spitzenkraft des Weltschachs – und einer um beinahe 200 Punkte höheren Elo-Zahl.
Was allerdings folgte, war eine mehr als beeindruckende Vorstellung - davon kann man als Nationalspieler später mal seinen Enkeln erzählen. Es begann mit Georg Meier, der seine Partie dominierte, entschlossen Linien am Königsflügel öffnete und den verblüfften Aronjan an den Rand einer Niederlage brachte – am Ende aber endete es mit einem für Armenien glücklichen Remis.
Daniel Fridman hatte sich bei dieser WM mit drei feinen Unentschieden bereits als echter Manndecker empfohlen – keinem seiner Gegner war es bisher gelungen, auch nur irgendwie ins Spiel zu finden. Gestern nun legte Fridman mit Sergei Movsesjan ein veritables Elo-Schwergewicht auf den Rücken – im Mittelspiel gewann er mehr und mehr die Kontrolle über die Partie und eroberte sehr cool zwei Bauern, die bald unaufhaltsam zur Dame rennen sollten – Goal for Germany, das war die Führung!
David Baramidze behielt bei allerlei taktischen Tricks von Gabriel Sargissjan einen guten Überblick und neutralisierte schließlich souverän alle weiteren Anläufe des Armeniers auf den vollen Punkt.
Somit stand es 2:1, der Ex-Europameister zeigte, was er kann, und noch waren ja gar nicht alle Partien beendet! Arkadij Naiditsch hatte aber bereits eine sehr aussichtsreiche Position gegen Wladimir Akopjan, dessen König draußen im Freien umherlief und kaum noch Bauern hatte, um dahinter Schutz zu finden. Andererseits drohte Akopjan auch einzügig Matt, und da passt man lieber nochmal auf, gerade in Zeitnot. Doch kein Problem für Naiditsch, dessen Schwerfiguren sich mehr und mehr harmonisierten und am Ende den verzweifelt flüchtenden schwarzen König umzingeln konnten – Matt, Punkt, und 3:1 gegen Armenien. Klasse gemacht!
Und sonst? Hier sind die weiteren Ergebnisse des Spieltages:
Die Ukraine ist trotz der Niederlage nach wie vor boven, doch die Verfolger (die Russen schon wieder!) sind bis auf einen Punkt herangekommen. Heute geht es weiter, um 15 Uhr türkischer Ortszeit. Grüße nach Antalya!
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Olaf Steffens
Olaf Steffens ist FIDE-Meister, wohnt in Bremen und spielt dort für den SV Werder in der Zweiten Bundesliga. Obwohl das Schachspiel eigentlich viel zu schwierig für ihn ist, versucht er es immer wieder und schreibt darüber zusammen mit anderen auf www.schach-welt.de.
Während der Weltmeisterschaft in Antalya schreibt er für den Deutschen Schachbund.
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