Kandidatenturnier in Berlin - Die letzte Runde

Frank Hoppe

Da Turnier ist vorbei und es hat einen mehr als verdienten Sieger: Fabiano "Fabulous" Caruana! Wer nach 14 Runden die letzte Partie spielt und weiß, dass er mit Schwarz gegen keinen Geringeren als Grischuk gewinnen muss und das auch schafft, muss der nächste Herausforderer von Magnus Carlsen sein. Gratulation!

Vor dieser Runde hatten noch mehrere Spieler unter verschiedensten Konstellation die Möglichkeit ganz nach oben zu kommen, sogar Ding hatte noch eine Chance. Einzig ein Stichkampf schien ausgeschlossen, da drei Wertungen bis hin zu Sonneborn-Berger, den Führenden eindeutig sortieren sollten. Aber der Reihe, sprich der zeitlichen Abfolge nach:

Die Partie endete mit Remis durch Zugwiederholung, bevor die meisten anderen überhaupt aus der Eröffnungsphase kamen. Für viele war Aronjan vor dem Turnier der erklärte Favorit, aber er konnte dem Druck nicht standhalten und in der zweiten Turnierhälfte lief zu wenig zusammen, um noch vom Tabellenende weg zu kommen. Er muss nun auf den nächsten WM-Zyklus hoffen. Auch So hätte sich sicherlich etwas mehr vorgestellt, aber nach schwachen Start fand er zu einer anständigen Leistung. In diesem Klassefeld ist diese Abschneiden keine Schande.

1.c4 c5 2.Sf3 Sc6 3.Sc3 g6 4.e3 Sf6 5.d4 cxd4 6.exd4 d5 7.cxd5 Sxd5 8.Db3 Sxc3 9.Lc4 e6 10.bxc3 Ld7 11.Le2 Sa5 12.Dc2 Lg7 13.La3 Lf8 14.Lb2 Lg7 15.La3 Lf8 16.Lb2 Lg7 17.La3 ½-½

Ein Duell das Höchstspannung versprach, denn beide Spieler hätten mit einem Sieg noch die Chance gehabt, ganz nach vorne zu kommen. Am meisten wollte es wohl Ding, denn er spielte die Partie sehr kämpferisch. Der Start war seitens Karjakin eher verhalten, denn er begann in einer Spanischen Partie mit 8. a3 und tauschte in der Folge rasch einige Lichtfiguren ab. Dennoch schien diese Strategie Früchte zu tragen, denn aus dieser Phase ging er mit strukturellen Vorteilen hervor. Der schwarzfeldrige Läufer wird durch seine eigenen Bauern etwas behindert und in einem möglichen Endspiel ist der Springer sicherlich besser. Schließlich provozierte Karjakin mit dem etwas seltsam anmutenden 18. Ta2 die Schließung des Damenflügels dokumentiert durch das schwarze b4. Ding beschloss hier nicht länger zuzusehen und wurde am Königsflügel aktiv. Die Vertrippelung der Schwerfiguren unterstützte er mit dem Vormarsch seines g- und h-Bauern. Karjakin spielt in dieser Phase zu sorglos und durch einen kleinen taktischen Trick verliert er seinen f-Bauern und nach Tausch aller Schwerfiguren auch noch seinen a-Bauern. Aber nun zeigen sich die strukturellen Nachteile der schwarzen Stellung: Der Läufer kommt an seinen eigenen Bauern nicht vorbei, der weiße Springer dominiert die Stellung und der schwarze König findet keine Einbruchsfelder. Damit hält die Festung und Ding kann nicht gewinnen. Trotzdem ein sehr gutes Turnier für ihn, der keine Partie verlor, aber auch nur eine gewann. Karjakin hat das Beste aus dem misslungenen Start gemacht, aber nach ganz vorne hat es nicht mehr gereicht.

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0-0 Le7 6.d3 b5 7.Lb3 d6 8.a3 0-0 9.Sc3 Lg4 10.Le3 Sd4 11.Lxd4 exd4 12.Sd5 c5 13.a4 Le6 14.Sxf6+ Lxf6

Am ehesten konnte Mamedjarow noch den Sieg von Caruana gefährden. Denn er wies sehr gute Wertungen auf, die ihn bei einem Punktegleichstand gegenüber Caruana nach vorne bringen würden. Aber der Gegner hieß Kramnik und dieser befand sich auch noch in ausgezeichneter Form. Und er fackelte auch nicht lange und nach offensivem Beginn im Katalanen opferte er im 10. Zug bereits den ersten Bauern. Aber diesen Bauern gab es natürlich nicht umsonst und so verfügte Kramnik in der Folge über eine lang anhaltende Initiative. Mit 31. Lg5 konnte er diese weiter bewahren und seinen Vorteil ausbauen. Das schwächere h3 erlaubte es Mamedjarow mit einer kleinen Kombination die Figuren und damit das Angriffspotential weiter zu reduzieren. Kramnik versuchte zwar noch ein bisschen in der Stellung zu stochern, aber Mamedjarow wehr souverän alles ab. Wenn Kramnik nicht in der ein oder anderen Partie überzogen und seinen Chancen noch etwas besser genutzt hätte, wäre er ein heißer Kandidat für den Turniersieg gewesen. Mamedjarow lieferte eine sehr gute Vorstellung ab, die ihm auch beinahe den Platz an der Sonne beschert hätte, aber einer war noch besser.

1.d4 Sf6 2.Sf3 e6 3.c4 d5 4.g3 Le7 5.Lg2 0-0 6.0-0 dxc4 7.Se5 Dd6 8.Sa3 Td8 9.Saxc4 Da6 10.Dc2 Txd4

Natürlich war dies die Partie des Tages. Die Ausgangsposition schien klar: Verlieren war keine Option, aber Remis würde auch nicht reichen, wenn tatsächlich Mamedjarow gegen Kramnik gewinnen würde. Caruana entschied sich daher keine Option auf Spanisch oder Italienisch zuzulassen, sondern startete Russisch. Grischuk brachte aber mit 3. d4 anstatt 3. Sxe5 ebenso eine kleine Abweichung, so dass sich die Partie eher in Richtung Schottisch entwickelte. In der Folge konnte Grischuk nicht wirklich etwas mit seiner Stellung anfangen, so dass Caruana Zug um Zug die Initiative übernahm. Nach 21.f3 hätte er schon eine erste Möglichkeit gehabt mit 21...Sxb4!? ein interessantes Figurenopfer zu bringen, um dann mit den starken Bauern das Zentrum aufzurollen. Aber dieses Risiko musste Caruana gar nicht eingehen, denn er konnte seinen Stellung weiter verstärken und schnürte Grischuk weiter ein. Den präzisen Zügen konnte Grischuk nichts mehr entgegensetzen und zudem unterliefen ihm bei knapp werdender Zeit weitere Ungenauigkeiten. Die Schlussstellung verdient ein Diagramm, denn es zeigt sehr schön die Folgen des aktiven und präzisen Spiels von Caruna bis zum Gewinn.

1.e4 e5 2.Sf3 Sf6 3.d4 Sxe4 4.dxe5 d5 5.Sbd2 Sxd2 6.Lxd2 Le7 7.Ld3 c5 8.c3 Sc6 9.0-0 Lg4 10.Te1 Dd7 11.h3 Lh5 12.Lf4 De6 13.a3 0-0 14.b4 h6 15.Lg3 b6 16.Sd4 Lxd1 17.Sxe6 fxe6 18.Taxd1 c4 19.Lc2 b5 20.a4 a6 21.f3

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Peter Baudrexel