18. Januar 2019
Die letzten beiden Runden vor dem gestrigen Ruhetag beim Tata-Steel-Schachturnier endeten für Elisabeth Pähtz und Vincent Keymer jeweils mit Punkteteilungen. Während sich Vincent nach ausgeglichenen Partien von R Praggnanandhaa und Maxim Tschigajew remis trennte, erreichte Elisabeth die halben Punkte gegen Stefan Kuipers und Andrej Jesipenko. Auch in diesen beiden Partien konnte niemand einen nennenswerten Vorteil erlangen. Der Kurs auf die letzte Großmeisternorm bleibt für beide intakt, wobei Elisabeth dafür bereits mindestens zwei Siege in den restlichen acht Partien benötigt. Bei diesem starkbesetzten Teilnehmerfeld hängen die Trauben dafür allerdings sehr hoch.
Nachfolgend die Ergebnisse der letzten beiden Runden:
Br. | Weiß | Elo | - | Schwarz | Elo |
---|---|---|---|---|---|
1 | IM Elisabeth Pähtz | 2477 | ½:½ | GM Anton Korobow | 2699 |
2 | IM Stefan Kuipers | 2470 | 0:1 | GM Parham Maghsoodloo | 2679 |
3 | GM Andrej Jesipenko | 2584 | 1:0 | IM Vincent Keymer | 2500 |
4 | GM R Praggnanandhaa | 2539 | ½:½ | GM Erwin L'Ami | 2643 |
5 | GM Maxim Tschigajew | 2604 | ½:½ | GM Wladislaw Kowaljow | 2687 |
6 | GM Lucas van Foreest | 2502 | 1:0 | GM Jewgenij Barejew | 2650 |
7 | GM Benjamin Gledura | 2615 | ½:½ | IM Dinara Saduakassowa | 2472 |
Br. | Weiß | Elo | - | Schwarz | Elo |
---|---|---|---|---|---|
1 | IM Stefan Kuipers | 2470 | 0:1 | GM Anton Korobow | 2699 |
2 | GM Andrej Jesipenko | 2584 | ½:½ | IM Elisabeth Pähtz | 2477 |
3 | GM R Praggnanandhaa | 2539 | ½:½ | GM Parham Maghsoodloo | 2679 |
4 | GM Maxim Tschigajew | 2604 | ½:½ | IM Vincent Keymer | 2500 |
5 | GM Lucas van Foreest | 2502 | ½:½ | GM Erwin L'Ami | 2643 |
6 | GM Benjamin Gledura | 2615 | 0:1 | GM Wladislaw Kowaljow | 2687 |
7 | IM Dinara Saduakassowa | 2472 | 0:1 | GM Jewgenij Barejew | 2650 |
Beim Tata-Steel-Schachturnier wird nach den erzielten Brettpunkten als Zweitwertung die Turnierleistung herangezogen. Diese basiert auf dem Elo-Durchschnitt der und der erzielten Punktzahl in Prozent. So hat Vincent Keymer bisher genau 50% erreicht. Seine fünf Gegner hatten 2584, 2604, 2539, 2477 und 2470 Elo-Punkte, was einem Durchschnitt von 2534,8, gerundet 2535 entspricht. Laut der Wahrscheinlichkeitstabelle im FIDE-Handbuch werden bei 50% 0 Punkte zum Durchschnitt hinzuaddiert, um die Leistungszahl zu erhalten. Vincent's Turnierleistung entspricht damit genau 2535. 2600 wären für eine GM-Norm nötig.
Bei genauerem Blick auf die Zweitwertung Turnierleistung fallen zwei Aspekte ins Auge:
Bei Punkt 1 haben praktisch alle Turnierteilnehmer dieselben Gegner - mit einer Ausnahme: sich selbst. Sind z.B. Vincent mit Elo 2500 und Korobow mit Elo 2699 am Ende punktgleich, ist Vincent vor dem Kanadier plaziert. Logisch, denn Vincent muß ja nicht gegen sich selbst spielen, während Korobow's Elo-Durchschnitt durch Vincent sinkt.
Würden übrigens alle 14 Spieler am Ende punktgleich sein, was natürlich möglich wäre (allerdings höchstwahrscheinlich nicht zu erwarten), würde der eloschwächste Teilnehmer Stefan Kuipers das Turnier gewinnen!
Kommen wir zu Punkt 2.
Der Sinn eines Schachturniers ist es, den stärksten Spieler in diesem Turnier zu ermitteln und am Ende die Spieler in eine vernünftige Reihenfolge zu bringen. Das gewährleistet außerordentlich gut die Erstwertung. Bei der Zweitwertung spielt allerdings nicht mehr das Ergebnis im aktuellen Turnier eine Rolle, sondern die früheren Ergebnisse der Teilnehmer. Korobow mit Elo 2699 hat danach früher bessere Ergebnisse erzielt als Vincent mit Elo 2500. Gefühlt müßte doch danach Korobow ein wenig besser sein, wenn er am Ende punktgleich mit Vincent ist?! Ist er aber nicht, weil Vincent auf jedem Fall vor ihm landen wird. Das wäre so wie in einem WM-Kampf, der 6:6 ausgeht und der eloschwächere Herausforderer den Titel gewinnt, weil er die höhere Turnierleistung erbracht hat!
Zum Glück gibt es überhaupt Wertungszahlen, um sich auf solche Wertungsmodi wie die Turnierleistung einzulassen. Vor 100 Jahren gab es noch keine Wertungszahlen. Die Schachfunktionäre und Schachspieler mußten sich Gedanken machen, wie die Tabelle eines Rundenturniers noch besser sortiert werden kann. Sie konnten sich dabei allein auf das Turnier selbst konzentrieren und keine früheren Meriten hinzuziehen. Daraus entstand die Sonneborn-Berger-Wertung, die im Zeitalter der Computer und Wertungszahlen leider viel von ihrem Glanz eingebüßt hat. Zu unrecht?!
Pl. | Name | Elo | Land | Pkt. | Lstg. | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 0 | 1 | 2 | 3 | 4 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1. | GM Wladislaw Kowaljow | 2687 | 3,5 | 2718 | x | ½ | ½ | 1 | ½ | 1 | |||||||||
2. | GM Anton Korobow | 2699 | 3,5 | 2692 | x | 1 | ½ | ½ | ½ | 1 | |||||||||
3. | GM Andrej Jesipenko | 2584 | 3,0 | 2669 | ½ | x | ½ | ½ | 1 | ½ | |||||||||
4. | GM Maxim Tschigajew | 2604 | 3,0 | 2662 | ½ | x | ½ | ½ | ½ | 1 | |||||||||
5. | GM Jewgenij Barejew | 2650 | 3,0 | 2618 | ½ | x | 0 | 1 | ½ | 1 | |||||||||
6. | GM Erwin L'Ami | 2643 | 3,0 | 2612 | ½ | ½ | x | ½ | ½ | 1 | |||||||||
7. | GM Parham Maghsoodloo | 2679 | 3,0 | 2626 | 0 | ½ | x | ½ | 1 | 1 | |||||||||
8. | GM Lucas van Foreest | 2502 | 2,5 | 2613 | 0 | 1 | ½ | x | ½ | ½ | |||||||||
9. | IM Vincent Keymer | 2500 | 2,5 | 2535 | 0 | ½ | x | ½ | ½ | 1 | |||||||||
10. | GM R Praggnanandhaa | 2539 | 2,0 | 2560 | ½ | 0 | ½ | ½ | ½ | x | |||||||||
11. | GM Benjamin Gledura | 2615 | 2,0 | 2530 | 0 | ½ | ½ | ½ | x | ½ | |||||||||
12. | IM Elisabeth Pähtz | 2477 | 2,0 | 2514 | ½ | ½ | 0 | ½ | x | ½ | |||||||||
13. | IM Dinara Saduakassowa | 2472 | 1,5 | 2465 | ½ | 0 | 0 | ½ | ½ | x | |||||||||
14. | IM Stefan Kuipers | 2470 | 0,5 | 2234 | 0 | 0 | 0 | 0 | ½ | x |
Mehr Informationen zum Turnier | www.tatasteelchess.com | Challengers live bei ChessBase (ab 13:30 Uhr)
Frank Hoppe
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 9357