1. Dezember 2016
Geschenke die man sich selbst macht, sind eh die besten. Das dachte sich auch Magnus Carlsen und setzte sich in der Schnellschachphase der Schachweltmeisterschaft in New York gestern gegen Sergej Karjakin mit 3:1 durch. Damit hatte er nicht nur seinen Weltmeistertitel verteidigt, sondern sich gleichzeitig zum 26. Geburtstag reichlich belohnt.
Der gestrige Stichkampf mit vier Schnellschach-, zehn Blitzschach- und einer Armageddonpartie ließ bei zahlreichen Vereinen im Bundesgebiet das sogenannte Public Viewing im Schach Wirklichkeit werden. In Berlin wissen wir von mindestens drei Klubs, die Schachfreunde und WM-Fans zum gemeinsamen Zuschauen einluden. Ich hatte mir die Schachfreunde Berlin ausgesucht. Hier eine kleine Zusammenfassung dieses WM-Abends.
"Boah ... der hat Nerven" staunte GM Rainer Polzin von den Schachfreunde Berlin, als Magnus Carlsen in der vierten Schnellschachpartie gestern abend mit der Dame auf f4 schlug und Sergej Karjakin erlaubte, daß dieser sich zum Mattangriff auf der zweiten Reihe in Stellung bringen konnte. "Ach, der Magnus ... der will halt die Partie noch gewinnen" meinte Polzin zu Co-Kommentator IM Marco Baldauf gewandt. "Es kam Turm c8 Schach, die letzte Verteidigungsfigur wird abgezogen." sagte der die zweite Saison für die Schachfreunde spielende 26-Jährige zu Polzin. Der sah auf sein Smartphone und rief mit ausgestreckter Faust in das Auditorium: "Oh, Dame h6 ... wow!" - "König h7, Dame h6 - das ist weltmeisterlich, oder?!" - und dabei beide Arme ausstreckend. "Er hat es noch nicht gespielt - aber jetzt hat er es gespielt. Das ist weltmeisterlich!" Die noch verbliebenen etwa 30 Zuschauer klatschten wie schon nach den vorhergehenden Partien dieses langen Abends und bedankten sich damit für die Kommentierung vor Ort und die beiden Protagonisten im rund 6.400 Kilometer entfernten New York. Der Großmeister erklärte danach noch einmal die zwei Matts die nach dem grandiosen Damenopfer möglich sind.
Ihr Public Viewing hatten die Schachfreunde Berlin auf der Website des Berliner Schachverbandes angekündigt und auf die Vereinswebsite verlinkt. Zudem erschien am Finaltag ein Hinweis in der Berliner Tageszeitung Tagesspiegel, welcher schachinteressierte Leser in den Nachbarschaftstreffpunkt in der Bülowstr. 94 locken sollte. Wie erfolgreich solch eine Einladung in der Tagespresse ist, kam darin zum Ausdruck, das auch nicht im Schachverein organisierte Leser den Weg zu den Schachfreunden Berlin gefunden hatten.
Entgegen einiger Prognosen die von 15 bis 20+ Zuschauern ausgingen, erschienen dann sogar mehr als 50 Gäste, weswegen der Saal noch einmal aufgestuhlt werden mußte. Und Marcus Gretzer hatte in der Küche alle Hände voll zu tun, die Anwesenden mit Getränken, Snacks und belegten Brötchen zu versorgen.
Unter den zahlreichen Zuschauern waren auch Rundfunk und Fernsehen zu finden. Radio Berlin Brandenburg (RBB) war zu zweit fast die ganze Zeit anwesend und ein Mitarbeiter ging in den Pausen zwischen den Partien einige Leute befragen. Das Fernsehteam von N24 war sogar die ganzen fünf Stunden vor Ort und erkundigte sich regelmäßig auch während der Partien bei Lars Thiede nach seinen Eindrücken von den Partien. Thiede war am Tag zuvor bereits im Sendestudio von N24 zu Gast (Video).
Rainer Polzin und Marco Baldauf kommentierten derweil auf der Bühne das Geschehen in New York. Baldauf hatte vor sich ein Tablet zu stehen und verfolgte darauf die Originalübertragung, Polzin saß ein paar Meter weiter an Laptop/Beamer und gab die Züge in der ChessBase-Software ein. Mit zunehmender Spielzeit tauten auch die Zuschauer immer mehr auf und machten Zugvorschläge oder soufflierten die auf ihrem Smartphone erspähten Züge aus der Neuen Welt.
Die Großmeisterdichte war beim SC Kreuzberg etwas größer als beim weiter westlich gelegenen Lokalrivalen. Nicht nur der Deutsche Meister Sergej Kalinitschew war hier zu finden, sondern auch Raj Tischbierek und DSB-Sportdirektor Uwe Bönsch. Neben den drei verfolgten etwa 35-50 Gäste, darunter auch der Berliner Verbandspräsident Carsten Schmidt das Geschehen. Dazu wurde direkt auf die Live-Übertragung von Agon zugegriffen, wo Judit Polgar die Partien auf Englisch kommentierte.
Der Vollständigkeit halber möchte ich den dritten Berliner Verein noch erwähnen, der zum Public Viewing einlud. Auch beim TSV Mariendorf gab es eine "volle Hütte" laut Facebook-Meldung. Hier kommentierte FM Dirk Paulsen das Geschehen in Übersee.
Und wie sah es im großen Rest Deutschland's aus? Welcher Verein lud noch zum gemeinsamen WM-Gucken ein? Bitte senden Sie uns ihre Hinweise, am besten mit ein klein wenig Text und ein bis zwei Bildern. Bitte nutzen Sie dazu unser Kontaktformular oder die E-Mail-Adresse presse@schachbund.de. Wir wollen in den nächsten Tagen eine Zusammenfassung dieses unvergeßlichen Abends veröffentlichen.
Gleich zweimal war DSB-Präsident Herbert Bastian in den vergangenen Tagen beim ARD-Morgenmagazin in Köln zu Gast. Über mehrere Stunden hatte er am frühen Morgen mehrere Auftritte zu absolvieren, einmal am Dienstag vor den WM-Stichkämpfen und auch heute noch einmal nachdem die Entscheidung in New York gefallen war.
Mitschnitt vom 29.11.2016 | Mitschnitt vom 01.12.2016
Gerade in den letzten Tagen rückte die Schachweltmeisterschaft in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Nicht nur die Printmedien berichteten sehr viel über das Match, sondern auch die Onlinemedien der großen Zeitungen. So gehörten die WM-Berichte bei Zeit Online zu den meistgelesenen Artikeln insgesamt. Allein der Abschlußbericht über das gestrige Finale erreichte bislang fast 150.000 Leser und stand klar an der Spitze aller Artikel!
In der Geschäftsstelle des Deutschen Schachbundes stand das Telefon fast nicht mehr still vor den vielen Anfragen von Rundfunk und Fernsehen - und auch die E-Mailbox quoll über. Frank Neumann, als Öffentlichkeitsreferent von den Medien schon zum Pressesprecher umfunktioniert, mußte am Montag und Dienstag einen wahren Interviewmarathon verschiedener Radio- und Fernsehsender hinter sich bringen:
Hier das noch sehr frische Interview mit Frank Neumann bei der Tagesschau. Wenn das Abspielen nicht funktioniert, dann versuchen Sie es direkt über den Link oben:
Zur besten Sendezeit im Fernsehen war auch DSB-Sportdirektor Uwe Bönsch. RTL Aktuell befragte ihn am 29. November direkt in der DSB-Geschäftsstelle. Am Abend des des gleichen Tages wurde um 19 Uhr ein rund 90-sekündiger Beitrag über die Weltmeisterschaft auf RTL gesendet, in dem der Sportdirektor zu Wort kam.
Wenn Sie Kenntnis von noch mehr medialen Auftritten bekannter Schachpersönlichkeiten im deutschen Rundfunk und Fernsehen haben, dann senden Sie uns einen Link und evtl. ein paar Informationen dazu!
DSB-WM-Seite | Referat Öffentlichkeitsarbeit
Wikipedia: Schachweltmeisterschaft 2016 | Magnus Carlsen | Sergej Karjakin | Liste der Schachweltmeister
Frank Hoppe
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 21533