Das Schachdorf Ströbeck begrüßt seine Gäste
Auf der Internetseite der Braunschweiger Zeitung fand sich eine erfreuliche Mitteilung.
Vorausgegangen waren zahlreiche Initiativen der Schachfreunde aus ganz Deutschland. Einen Teil der Chronologie der Ereignisse finden Sie im nachfolgenden Textteil.
Norbert Heymann, Ref. ÖA DSB
Information über die Beratung des Hauptausschusses des Landesschachverbandes Sachsen-Anhalt vom 28.06.03 im Schachdorf Ströbeck
Der Hauptausschuss des Landesschachverbandes Sachsen-Anhalt tagte am 28. Juni 2003 im Rathaus des Schachdorfes Ströbeck. Neben der Auswertung des Schachkongresses vom 31.05.03 in Cottbus und der Vorbereitung des Landesschachtages am 31.08.03 in Halle war wichtigster Tagesordnungspunkt die drohende Schließung der Sekundarschule in Ströbeck (s. auch die Informationen auf der Homepage des DSB vom 10. und 26. Juni 2003). Frau Dittmann aus Ströbeck informierte den Hauptausschuss über den letzten Stand der eingeleiteten Initiativen zum Erhalt der Sekundarschule. U. a. informierte Frau Dittmann, darüber, dass am 03. Juli 03 eine Delegation der betroffenen Eltern und Lehrer sowie der "Lebend-Schachgruppe" zum Landtag nach Magdeburg fahren wird und dort den Protest den Landtagsabgeordneten übermitteln wird.
Seitens des Präsidenten des Landesschachverbandes, Dr. Günter Reinemann, wurden Vorschläge unterbreitet, den Protest und die Bemühungen der Eltern und Bürger von Ströbeck sowie die der Schule und des Landrates von Halberstadt zu unterstützen.
Vom Hauptausschuss wurden dazu folgende Festlegungen getroffen:
1. Sofortige Information der Presse in Magdeburg und Halle sowie des DSB über die Ergebnisse der Hauptausschusssitzung des LSV Schach im Schachdorf Ströbeck.
V: Geschäftsführer, Anton Csulits
2. Teilnahme von Vertretern des Präsidiums des LSV Schach an der Protestaktion am 03.07.03 im Landtag in Magdeburg.
V: Präsident des LSV, Günter Reinemann
3. Briefe des Präsidenten des Deutschen Schachbundes an den Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt sowie des Präsidenten des LSV an den Kultus- und Finanzminister von Sachsen-Anhalt schreiben.
V: Präsident des LSV, Günter Reinemann
4. Die vom LSV Schach zum Tag des Schachs am 31.08.03 vorgesehenen Aktivitäten (u. a. schachspielende Politiker spielen gegen den Nachwuchs von Sachsen-Anhalt) werden unter das Motto "Pro Erhalt der Sekundarschule im Schachdorf Ströbeck" gestellt.
V: Präsident des LSV, Günter Reinemann
Dr. Günter Reinemann
Präsident des Landesschachverbandes Sachsen-Anhalt
Schachdorf Ströbeck, 26.06.2003
Wie in unserer letzten Presseinfo vom 10.06. bekannt gemacht, hat der Halberstädter Kreistag in seiner Sitzung vom 18.06. über die Zukunft der Sekundarschule "Dr. Emanuel Lasker" im Schachdorf Ströbeck beraten. Es wurde beschlossen, dass der Halberstädter Landrat, Henning Rühe, beim Ministerpräsidenten Sachsen-Anhalts vorstellig werden und um eine Ausnahmegenehmigung für den Fortbestand der Traditionsschule trotz sinkender Schülerzahlen nachsuchen soll.
Hintergrund: Nach einem neuen Erlass des Landes Sachsen-Anhalt müssen neu zu bildende 5. Klassen in diesem Schuljahr 2003/2004 mindestens 20 und alle Klassen im nächsten Jahr mindestens 40 Schüler (Zweizügigkeit) stark sein. Auf dieser Grundlage verwehrte das Staatliche Schulamt in Halberstadt der Ströbecker Schule die Bildung einer 5. Klasse, da hier und aus den umliegenden Dörfern zum Stichtag nur 13 Schüler zusammen kamen. Der Grund hierfür ist - außer beim Geburtenknick - vor allem in der massiven Abwanderung von Fünftklässlern an die Gymnasien zu sehen, deren Eltern nicht zuletzt wegen der bekannten Unsicherheit der Ströbecker Schule eben diesen Schritt wählten. Die 13 Schüler sollen nun andere Sekundarschulen des Landkreises besuchen. Die Kritik unter den Eltern und Bürgern von Ströbeck und den umliegenden Dörfern entzündet sich nicht zuletzt an der allzu knappen Festlegung des Stichtags für die Anmeldung der Schüler - nur wenige Tage nach Inkrafttreten des neuen Erlasses. "Wie sollten die betroffenen Eltern da noch über Alternativen nachdenken können? Um neue Wege zu beschreiten, Schüler für unsere Schachschule zu gewinnen, hatten wir praktisch keine Zeit", ärgert sich Sybille Wiedenbein, Elternsprecherin der Ströbecker Sekundarschule. Dabei gibt es viel versprechende Möglichkeiten. In der Stadt Derenburg im Landkreis Wernigerode sind etliche Eltern an einer Beschulung ihrer Kinder in Ströbeck interessiert. Dass die beiden Dörfer in verschiedenen Landkreisen liegen, halten sie nicht für ein Hindernis: "Unsere Bürgermeister und die Zuständigen in den Landkreisen sind keineswegs abgeneigt und haben bereits Verhandlungen mit dem Ziel einer Zweckvereinbarung aufgenommen", weiß Wiedenbein. Auch Landrat Henning Rühe kann bei seiner Aufgabe fest mit Unterstützung der Ströbecker Bürger rechnen: "Wir werden unsere Landtagsabgeordneten brieflich und persönlich auffordern, alles zu tun, damit unsere uralte Tradition fortbestehen kann", sagt Erika Baum, Mitglied der Initiativgruppe und ehemalige Bürgermeisterin eines Nachbardorfes. "Wir werden nicht ruhen, ehe wir im Sinne des Schachunterrichts einen Erfolg erzielt haben."
Das Schachdorf Ströbeck bei Halberstadt in Sachsen-Anhalt kann diesen Namen, der sogar offiziell auf den Ortseingangsschildern steht, vielleicht bald nicht mehr führen. Wenn es nach dem Willen der Schulbehörden geht, soll die einzige Sekundarschule Deutschlands, in der Schach als Pflichtfach gelehrt wird, mangels Einhaltung neu festgelegter Schülerzahlen geschlossen werden.
Die Einwohner des Dorfes und umliegender Dörfer, deren Kinder diese Schule besuchen oder bald besuchen möchten, haben Widerstand gegen diese Maßnahme angekündigt. Eine Initiativgruppe versucht die zuständigen Regional- und Landespolitiker davon zu überzeugen, dass es sich bei dieser Lehranstalt nicht um eine x-beliebige Schule handelt. "Seit 180 Jahren lehren wir nun Schach an dieser Schule. Dies basiert auf einer vielhundertjährigen Schachtradition. Die feudalen Fürsten, den Kaiser, das Dritte Reich und die DDR haben wir überlebt. Soll das jetzt alles vorbei sein?" wundert sich Erika Baum, Mitglied der Initiativgruppe und ehemalige Bürgermeisterin eines Nachbardorfes. "Es kann doch nicht sein, dass andere Schulen, die diesen inhaltlichen Schwerpunkt nicht haben, gegenüber dieser Schule den Vorzug erhalten sollen."
Ströbeck verfügt seit über 300 Jahren über die Tradition des so genannten "Lebendschachs", also der Aufstellung historischer und neuer Partien aus schachbegeisterten, menschlichen Figuren, die farbenfroh als Bauern, Springer, König etc. kostümiert sind. Seit es den Schachunterricht an der Schule gibt, rekrutiert sich das Lebendschachensemble aus deren Schülern. Auf zahlreichen Reisen und in Medienberichten hat sich diese Gruppe inzwischen einen überregionalen und internationalen Namen gemacht.
"Wenn diese Schule geschlossen wird, verödet ein weiterer Zweig unserer regionalen Kultur", weiß der Bürgermeister des Schachdorfes, Rudi Krosch. "Die Lebendschachgruppe repräsentiert diese uralte Kultur weit über die regionalen und nationalen Grenzen hinaus und zieht auch Besucher an. Das kommt nicht zuletzt dem Land Sachsen-Anhalt zu Gute."
Ein offener Brief an den Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer, wurde bereits verfasst. Als Nächstes plant die Initiativgruppe die Teilnahme an der öffentlichen Kreistagssitzung am 18.06. in Halberstadt, auf der die Schulschließungen beschlossen werden sollen. Dort sollen die gewählten Repräsentanten aufgefordert werden, Stellung zu beziehen und sich doch noch zu Gunsten der Schule zu entscheiden. Begleitend werden Protestveranstaltungen zur Information der Öffentlichkeit stattfinden.
Herausgeber/Weiteres Material/Bildmaterial bei: Initiativgruppe "Schachschule Ströbeck", c/o Susanne Heizmann, Hauptstr. 110 a, 38822 Schachdorf Ströbeck, Tel. 039427/99547 oder 039427/715, E-Mail susanne@heizmann-trans.de