10. März 2020
Vor knapp zwei Jahren erschien eine wunderbare Chronik zur Geschichte des SC Bamberg unter dem Titel: „Das Haar muss ziehen! 150 Jahre Schachclub 1868 Bamberg“. Als Autoren zeichneten Günter Lossa und Bernhard Schmid. Die Chronik erschien im Karl May Verlag, was kein Zufall ist. Bernhard Schmid hat als Inhaber und Geschäftsführer des Karl-May-Verlages die Nachfolge seine 2013 verstorbenen Vaters Lothar Schmid angetreten. Die sportlichen Glanzzeiten des SC Bamberg sind eng mit dem Namen von Lothar Schmid verbunden, aber nicht nur mit seinem.
Die etwa 260 Seiten starke Chronik folgt einem großen Entwurf und beginnt mit der Erfindung des Schachs. Entgegen der weit verbreiteten Theorie, die den Ursprung des Spiels in Indien sieht, folgen die Autoren einer Hypothese des spanischen Schachhistorikers und Internationalen Meisters Ricardo Calvo (1943-2002), wonach das Spiel in Persien von Pythagoräern erfunden worden sei, die ursprünglich aus Byzanz stammten. Ob aus Indien oder Byzanz kommend - in jedem Fall breitete sich das Schach in den folgenden Jahrhunderten über ganz Europa aus, war erst im Adel und dann auch im Bürgertum beliebt. Schon lange vor der Erfindung der „Clubs“ wurde Schach gespielt, auch in Bamberg. Lossa und Schmid zitieren den mittelalterlichen Bamberger Gelehrten Hugo von Trimberg, der in einem langen Epos das Glücksspiel verdammt, das Schachspiel aber als Allegorie auf die göttliche Weltordnung lobt. Man sieht: Auch die Pädagogen des Mittelalters waren schon vom erzieherischen Wert des Schachspiels überzeugt. Der kurze Rückblick auf das mittelalterliche Schachleben ist durchaus spannend. Der Leser erfährt von Schachturnieren im 15. Jahrhundert in Heidelberg oder Nürnberg, durch Urkunden belegt.
Nachdem in Berlin zu Anfang des 19. Jahrhunderts die ersten ausschließlich dem Schach gewidmeten Clubs gegründet worden waren, erlebte auch der Schachclub Bamberg im Jahr 1868 seine Geburtsstunde. In der chronologischen Liste der heute noch existierenden alten deutschen Schachvereine nimmt er Platz 13 ein. Zwölf Bamberger Schachfreunde, alle namentlich bekannt, beschlossen am 12. Februar 1868 im Wirtshaus „Wilde Rose“ die Gründung des Schachclubs Bambergs, legten die Statuten fest und wählten ihren ersten Vorsitzenden, den Kaufmann Josef Lippmann. Zur Aufnahme in den Club wurden 30 Kreuzer erhoben. Der Monatsbeitrag betrug sechs Kreuzer. Sollte die Anzahl der Mitglieder unter vier sinken - so wurde es in den Statuten festgeschrieben - war die Selbstauflösung vorgesehen. Das ist aber die folgenden 150 Jahre glücklicherweise nicht passiert. Seine Spielabende hielt der SC Bamberg zunächst in der „Wilden Rose“ ab, wechselte aber in den folgenden Jahrzehnten häufiger seinen Treffpunkt. Da der SC Bamberg mangels ausreichender Mitgliederzahl anfangs nicht über genügend finanzielle Mittel zur Anschaffung von Spielmaterial verfügte, gab er Aktien heraus, um sich auf diese Weise zusätzliche Mittel zu beschaffen - Deutschlands erste Schach-AG!
Die Geschichte des SC Bamberg ist in der 150-Jahres-Chronik selbst in seiner Anfangszeit mit bemerkenswerter Detailtreue nachgezeichnet. Natürlich wurden Turniere durchgeführt und 1893 gab es schon das erste Jubiläum. Anlässlich der 25-Jahr-Feier kam der Wiener Meisterspieler Carl Schlechter nach Bamberg und gab eine Simultanvorstellung an 20 Brettern. Dies blieb nicht Schlechters einziger Besuch in Bamberg. Fünf Jahre später war der leider dann so früh an Tuberkulose verstorbene Berliner Meister Carl August Walbrodt (1871-1902) ebenfalls mit einem Simultan zu Gast. Viele weitere große Spieler machten in der frühen Geschichte des Clubs ihre Aufwartung, darunter Daniel Harrwitz (1880), Siegbert Tarrasch (1887, 1884, 1903), Jefim Bogoljubow (1925 und 1931) oder Friedrich Sämisch (1947). Der SC Bamberg war zudem häufiger Ausrichter von Schachevents des Fränkischen Schachbundes von 1888, der sich aber irgendwann aufgelöst hat.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der SC Bamberg neu gegründet und musste bei der Militärregierung eine Zulassung beantragen. Erster Vorsitzender nach dem Krieg wurde Hanno Röschlaub, der nicht erst in der Nachkriegsgeschichte des Clubs über viele Jahre eine große Rolle spielte. Er hatte schon 1936 als Turnierleiter die Schacholympiade in München geleitet. Das Schachleben in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg pulsierte mit großer Intensität. Wo es nichts oder wenig gab, konnte man immerhin Schach spielen. Davon profitierte auch der SC Bamberg.
1948 übersiedelte Lothar Schmid von seinem Geburtsort Radebeul nach Bamberg. Er brachte seinen Schulfreund Rolf Roennefahrt mit, der ebenfalls ein großes Talent war und später auch einmal Bayerischer Meister wurde.
Als besonders kuriose Partie aus dem frühen Werk von Lothar Schmid ist die folgende in die Geschichte des Schachs eingegangen:
Der SC Bamberg hatte also schon in den 1950er Jahren eine sehr spielstarke Mannschaft. In den folgenden Jahren oder Jahrzehnten kamen noch Spieler wie Hans-Günter Kestler und Helmut Pfleger, später Bernd Feustel und Gerd Treppner hinzu, um nur die bekanntesten zu nennen. Die sportlichen Glanzzeiten des SC Bamberg begannen.
Die Familie Pfleger war zum Ende des Zweiten Weltkrieges von Berlin nach Bamberg geflüchtet. Professor Dr. Robert Pfleger gründete nach dem Krieg hier eine Arzneimittelfabrik und war zudem Dozent an der Universität Erlangen. Als leidenschaftlicher Schachspieler ließ er sich trotz starker beruflicher Inanspruchnahme die regelmäßigen Besuche im Bamberger Schachclub nicht nehmen. Er unterstützte den Verein zudem als großzügiger Sponsor und übernahm zeitweise sogar den Vorsitz. Auch seinen Söhnen hatte er das Schachspiel beigebracht. Helmut Pfleger (Jahrgang 1943) begann als Zehnjähriger mit dem Turnierschach und entwickelte sich nach dem Urteil von Paul Tröger zum „größten Schachtalent in Deutschland nach dem Krieg“.
Zu Beginn der 1960er Jahre machte der SC Bamberg dann dem Münchener SC von 1836 die Rolle als führender Verein in Bayern streitig. Der SC München, mit Wolfgang Unzicker am 1. Brett, war mit acht deutschen Meistertiteln zwischen 1951 und 1965 sogar die beste Mannschaft in Deutschland überhaupt. 1965 wurde aber Bamberg erstmals Bayerischer Meister. Bei der Endrunde der Deutschen Meisterschaft belegte Bamberg noch den zweiten Platz hinter dem Münchener SC, vor Palamedes Hamburg und der SG Porz. Im folgenden Jahr gewannen die Bamberger dann aber auch den deutschen Meistertitel und setzten sich dabei in der Endrunde gegen die SG Porz, Königsspringer Frankfurt und den SV Wilmersdorf durch. Zwei weitere deutsche Meistertitel sollten noch folgen. 1976 gewann Bamberg in der Viererendrunde vor der Solinger SG 1868, dem Delmenhorster SK und dem Heidelberger SK. 1977 hatten Königsspringer Frankfurt, noch einmal der Delmenhorster SK und der SC Kettig das Nachsehen. Die Stärke der Bamberger Schachspieler schlug sich auch in der Nationalmannschaft nieder. Die Bamberger Lothar Schmid, Helmut Pfleger und Hans-Günter Kestler spielten bei Schacholympiaden und anderen Gelegenheiten viele Male für Deutschland.
Aber auch anderweitig spielte der SC Bamberg eine große Rolle im deutschen Schachleben. 1965 durfte man Tigran Petrosjan im Club begrüßen. Der Weltmeister kam zusammen mit Fernschachweltmeister Jakow Estrin. Die Gäste aus der Sowjetunion wurden selbstverständlich auch von Oberbürgermeister Dr. Theodor Mathieu im Rathaus festlich empfangen und zeigten den Bamberger Schachfreunden im Clublokal beim Blitzturnier, was eine Harke ist.
Anlässlich des 100sten Geburtstages des Vereins wurde 1968 ein bedeutendes Großmeisterturnier auf die Beine gestellt (sh. nachfolgende Tabelle). Lothar Schmid hatte bei der Planung und Organisation die Fäden in der Hand. Austragungsort war das „Bootshaus im Hain“ an der Regnitz. Tigran Petrosjan kam zwecks Teilnahme gerne noch einmal ins pittoreske Bamberg. Diesmal brachte er Paul Keres als zweiten sowjetischen Weltklassespieler mit. Keres gewann das Turnier mit zwei Punkten Vorsprung vor Petrosjan und Lothar Schmid. Im internationalen 16er Feld spielten neben Lothar Schmid noch die Bamberger Helmut Pfleger, Hans-Günter Kestler und Jürgen Teufel mit. Mit Rudolf Teschner und Wolfgang Unzicker teilten zwei deutsche Spieler auf beachtliche Weise den vierten und fünften Platz. Petrosjan und Keres zeigten sich auch abends am Kicker als exzellente Sportsmänner.
Der 100ste Geburtstag des SC Bamberg wurde als bedeutendes Ereignis der Stadt Bamberg wahrgenommen. Die Stadt Bamberg würdigte den Geburtstag seines erfolgreichen Schachvereins mit einem Festakt im Alten Rathaus. Eine Gedenkmedaille wurde herausgegeben und die Deutsche Post veranlasste ein Sonderblatt mit Sonderstempel. Bundespostminister Werner Dollinger war im Übrigen Schirmherr des Turniers. Es wurde eine Schachausstellung zusammengestellt und zum Jubiläumsturnier erschien auch ein schönes Turnierbuch. Der SC Bamberg befand sich im Zenit, zählte schon vor dem Jubiläum etwa 200 Mitglieder und durfte sich danach über einen Zuwachs von weiteren 80 Mitgliedern freuen.
Pl. | Name | Land | Pkt. | SoBe | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 0 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1. | Paul Keres | 12,0 | x | ½ | 1 | ½ | ½ | 1 | 1 | ½ | 1 | ½ | 1 | ½ | 1 | 1 | 1 | 1 | ||
2. | Tigran Petrosjan | 10,0 | 69,50 | ½ | x | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | 1 | 1 | ½ | 1 | 1 | ½ | ½ | 1 | |
3. | Lothar Schmid | 10,0 | 65,75 | 0 | ½ | x | ½ | ½ | ½ | 1 | ½ | ½ | 1 | 1 | ½ | ½ | 1 | 1 | 1 | |
4. | Rudolf Teschner | 9,5 | 68,25 | ½ | ½ | ½ | x | ½ | 1 | 1 | ½ | ½ | 0 | ½ | 1 | 1 | 1 | ½ | ½ | |
5. | Wolfgang Unzicker | 9,5 | 65,25 | ½ | ½ | ½ | ½ | x | ½ | ½ | ½ | ½ | 1 | ½ | 1 | ½ | ½ | 1 | 1 | |
6. | Borislav Ivkov | 9,0 | 0 | ½ | ½ | 0 | ½ | x | 0 | 1 | 1 | ½ | 1 | ½ | 1 | 1 | 1 | ½ | ||
7. | Heikki Westerinen | 8,5 | 0 | ½ | 0 | 0 | ½ | 1 | x | 0 | ½ | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | ½ | ½ | ||
8. | Jan Hein Donner | 8,0 | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | 0 | 1 | x | 0 | 0 | ½ | 1 | ½ | 1 | ½ | 1 | ||
9. | Helmut Pfleger | 7,5 | 0 | 0 | ½ | ½ | ½ | 0 | ½ | 1 | x | 1 | 0 | ½ | ½ | 1 | ½ | 1 | ||
10. | Milko Georgiev Bobotsov | 7,0 | ½ | 0 | 0 | 1 | 0 | ½ | 0 | 1 | 0 | x | 1 | 1 | 0 | 1 | ½ | ½ | ||
11. | Hans Günther Kestler | 6,0 | 0 | ½ | 0 | ½ | ½ | 0 | 0 | ½ | 1 | 0 | x | ½ | ½ | ½ | 1 | ½ | ||
12. | Laszlo Szabo | 5,5 | 35,75 | ½ | 0 | ½ | 0 | 0 | ½ | 0 | 0 | ½ | 0 | ½ | x | 1 | ½ | 1 | ½ | |
13. | Andreas Dückstein | 5,5 | 35,25 | 0 | 0 | ½ | 0 | ½ | 0 | 0 | ½ | ½ | 1 | ½ | 0 | x | ½ | ½ | 1 | |
14. | Jürgen Teufel | 4,5 | 0 | ½ | 0 | 0 | ½ | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | ½ | ½ | ½ | x | 1 | 1 | ||
15. | Klaus Klundt | 4,0 | 0 | ½ | 0 | ½ | 0 | 0 | ½ | ½ | ½ | ½ | 0 | 0 | ½ | 0 | x | ½ | ||
16. | Roman Toran Albero | 3,5 | 0 | 0 | 0 | ½ | 0 | ½ | ½ | 0 | 0 | ½ | ½ | ½ | 0 | 0 | ½ | x |
Lothar Schmid war mit seinen internationalen Kontakten auf vielerlei Weise dem Bamberger SC hilfreich. Schon vor den Besuchen von Petrosjan, Estrin und Keres hatte er Spitzenspieler nach Bamberg gelockt und so in den Clubräumen oftmals für internationalen Glanz gesorgt. Paul Keres war schon 1958 in Bamberg zu Besuch, ebenso Bent Larsen. Beide gaben zusammen eine Simultanveranstaltung. Der 17-jährige Bobby Fischer reiste nach der Schacholympiade in Leipzig nach Bamberg weiter. Im Clublokal „Café Müller“ wurde gerade das Clubturnier gespielt, als Lothar Schmid und Helmut Pfleger in Begleitung von Bobby Fischer durch die Tür spazierten. Die Turnierpartien wurden unterbrochen und Fischer zeigte ein paar Meisterpartien. 1972 gewann Fischer gegen Spasski den Weltmeistertitel. Lothar Schmid war Schiedsrichter des Wettkampfes und hatte sicher großen Anteil, dass das Match unter dem Eindruck von Fischers Eskapaden nicht vorzeitig abgebrochen wurde. 1990 tauchte der inzwischen aus der Öffentlichkeit verschwundene Fischer erneut in Bamberg auf, diesmal anonym, und wohnte im Café am Dom. Nachdem er dort erkannt worden war, wurde er in die Pulvermühle in Waischenfeld verfrachtet und vertrieb sich dort die Zeit mit Partien gegen den späteren Großmeister Michael Bezold.
Zu den prominenten Besuchern des SC Bamberg gehörten weiterhin Spieler wie Erich Eliskases (1961), William Lombardy (1963), Laszlo Szabo (1966), Boris Spasski (erstmals 1973 zu einem Simultan, gemeinsam mit Paul Keres). Auch Michail Botwinnik folgte mehrmals den Einladungen von Lothar Schmid. Zwischen 1974 und 1993 war er sechsmal in Bamberg. Der Patriarch der sowjetischen Schachschule kam auch in den Genuss eines Empfangs im Rathaus der Stadt.
Alexander Matanovic kam 1974 und der frühere Weltmeister und spätere FIDE-Präsident Max Euwe 1978. Im folgenden Jahr gab Viktor Kortschnoi in einem Geschäft am Marktplatz ein Simultan an 30 Brettern. 2010 kam Kortschnoj noch einmal nach Bamberg, inzwischen fast 80 Jahre alt, und gab erneut ein Simultan. Auch Kortschnois siegreicher Gegenspieler im Kampf um die Weltmeisterschaft Anatoli Karpow folgte einer Einladung von Lothar Schmid, besuchte 1985 die Stadt und trat sogar ehrenhalber in den Club ein. 1987 nutzte Zsuzsa Polgar einen Auftritt bei der WDR-Sendung „Schach der Großmeister“ zu einem Abstecher nach Bamberg, wobei die Ungarin am meisten am Besuch der riesigen Schachbibliothek von Lothar Schmid interessiert war. Die damals 18-jährige weltbeste Schachspielerin wurde vom Bürgermeister empfangen und trug sich ins Goldene Buch der Stadt Bamberg ein. Schon 1979 hatte Michail Tal sich zu einer Tasse Kaffee ins Haus von Lothar Schmid eingeladen, als er mit seinem Verein SK Zehlendorf in der Bundesliga gegen Bamberg spielen musste. Seine Partie gegen Wolfgang Unzicker hatte Tal zuvor verloren.
1976 und 1977 hatte Bamberg noch zweimal hintereinander den Meistertitel gewonnen und einen dritten Titelgewinn 1978 nur knapp verpasst. 1979 wurde dann die Einführung einer einteiligen Bundesliga beschlossen. Bis zu dieser Zeit bestanden die Mannschaften fast ausschließlich aus einheimischen Spielern, zumeist Amateure. Selbst die Bamberger Großmeister Lothar Schmid oder Helmut Pfleger waren keine Profis. Wegen der längeren Anreisen und der Übernachtungskosten erhöhte sich nun der finanzielle Aufwand der Vereine. Es kam mehr Geld ins Spiel. Die Mäzene spielten eine größere Rolle. Die Mannschaften nahmen mehr und mehr den Charakter von Profimannschaften an. Ausländische Spitzenspieler wurden engagiert. Aber auch die einheimischen Top-Spieler wollten nun Geld verdienen und gingen dahin, wo es ihnen angeboten wurde.
Der Bamberger SC gehörte beim Start der einteiligen Bundesliga mit der Saison 1980/81 dazu und konnte auch noch einige Zeit mithalten, meistens mit Plätzen im Mittelfeld. 1983/84 gelang mit dem überraschenden Sieg im Mannschaftspokal auch noch ein großer Erfolg. Im Finale gegen das Profiteam von Solingen war Reinhold Seppeur Matchwinner mit einem Sieg über Boris Spasski.
Im Jahr zuvor hatte der Bamberger Wolfram Hartmann bei den Offenen Deutschen Einzelmeisterschaften 1983 in Hannover keinen Geringeren als den amtierenden Weltmeister Anatoli Karpow besiegt. Karpow gewann das Turnier trotzdem.
Die Bundesligamannshaft des SC Bamberg hatte inzwischen ihr Gesicht verändert. Lothar Schmid war aus beruflichen Gründen nicht mehr dabei. Helmut Pfleger wohnte nach seinem Medizin-Studium nun in München und spielte zeitweise bei Bayern München. 1988 gelang es aber, Wolfgang Unzicker nach Bamberg zu lotsen und mit Michael Bezold gab es ein eigenes großes Talent. Nach der Saison 1991/1992 stieg die Mannschaft als 14te jedoch aus der ersten Bundesliga ab. In der folgenden Saison gelang zwar der direkte Wiederaufstieg, aber 1994 verabschiedete sich die Bamberger Mannschaft erneut aus der ersten Bundesliga. 1995 stieg Bamberg ein weiteres Mal auf und nach der Saison wieder ab, diesmal – bis heute– endgültig.
Mit dem Abstieg aus der Ersten Liga endete das Schachleben in Bamberg natürlich nicht. Auch in der Zweiten Liga Ost wird gutes Schach gespielt. Und Bamberg blieb das Ziel von vielen starken Spielern. Für die Zweitliga-Mannschaft wurde 1998 Nana Joseliani verpflichtet und ab 1999 spielte der 14-jährige David Navara für Bamberg, kam allerdings nicht oft zum Einsatz. 2003 stieg Bamberg dann sogar in die 3. Liga ab.
Der SC Bamberg hatte eine bewegte Zeit hinter sich, nicht nur in sportlicher Hinsicht. Die Clubführung wechselte einige Male und des Öfteren war man mit der Suche eines neuen Clubheims beschäftigt. Alle Clublokale in der Geschichte des SC Bamberg sind bekannt und in der Chronik aufgelistet. In 150 Jahren waren es 27 Vereinsheime. Über einige Jahre verzeichnete der Verein auch eine Durststrecke, was die Mitgliedszahlen angeht. Unter dem jetzigen Vorstand mit Professor Dr. Peter Krauseneck an der Spitze blüht der SC Bamberg auf jeden Fall wieder auf. Derzeit hat der SC Bamberg etwa 180 Mitglieder, was auf ein lebendiges Vereinsleben schließen lässt. Bei Mannschaftswettbewerben schickt der SC Bamberg fünf Erwachsenen-Mannschaften ins Rennen und verfügt außerdem über Jugendmannschaften. Mit dem neuen Bamberg-Open und einem zusätzlichen Spielabend, mittwochs ab 18 Uhr in der Bamberger Innenstadt (Gaststätte Tambosi, das eigentliche Vereinsheims ist am Klemens-Fink-Zentrum, der Clubabend freitags) erreicht man neue Schachfreunde.
Die schöne Chronik des SC Bamberg zum 150sten Geburtstag des Vereins kann jedem Schach- und Geschichtsfreund zur Lektüre nur empfohlen werden. Sie bietet nicht nur einen reich bebilderten Abriss der Vereinsgeschichte, sondern auch Einblicke in die Schachgeschichte in Deutschland. Das Buch schließt mit einigen hübschen Anekdoten, Problemaufgaben und Glanzpartien von Bamberger Spielern. Der Schachclub Bamberg ist ein wunderbares Beispiel, wie eine schöne Tradition sorgfältig und erfolgreich gepflegt wurde, und wie sie das gesellschaftliche Leben bereichert hat – und immer noch bereichert.
Webseite des SC Bamberg | Chronik beim Karl-May-Verlag
André Schulz
Beauftragter für Schachgeschichte und Schachkultur
// Archiv: DSB-Nachrichten - Schachgeschichte // ID 10356