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Verheizen am Spitzenbrett?

13. November 2014

IM Alexander Donchenko muß gegen die Weltelite spielen

"Wir sind der erste Verein, der den Mut hat, mit dem 'Schachprinzen' Alexander Donchenko einen 16-jährigen am 1. Brett das Vertrauen gegen die Weltspitze zu schenken." sagte der Vorsitzende des SC Hansa Dortmund, Andreas Warsitz, nachzulesen auf der Vereinshomepage vor Beginn der Saison. "Jugend forscht" nennen die Dortmunder ihr Projekt und gingen die erste Saison in der höchsten deutschen Spielklasse mit wenig Hoffnungen auf Klassenerhalt an. Erschwerend kam hinzu, daß sich im April überraschend der Hauptsponsor des Vereins verabschiedete. Glücklicherweise fand sich Ersatz und seitdem treten die Westfalen mit schwarzen Trikots und dem Aufdruck zweier neuer Geldgeber an.

Mit gerade einmal Elo 2523 muß der 16-jährige Internationale Meister Alexander Donchenko den Ansturm der teilweise über 200 Elo-Punkte besseren Gegner über sich ergehen lassen. Von Verheizen kann aber wohl keine Rede sein. Alexander hat schon oft bewiesen, daß er gegen deutlich stärkere Gegner mithalten kann. Zuletzt war er Ende September bei einem Open in Baku sehr erfolgreich, wo er als 13. in die Phalanx der Super-Großmeister einbrach und als Einziger den späteren Turniersieger Ernesto Inarkjew in die Knie zwingen konnte.
Bereits im Juni hatte er ein GM-Turnier in Ungarn siegreich beendet, wobei die Gegnerschaft allerdings bei Weitem nicht die Klasse von Baku hatte.
Seinen schachspielenden Vater Anatoli, ebenfalls ein Internationaler Meister, hat Alexander an Spielstärke bereits klar überrundet. Auch wenn dieser zuletzt beim Schlossgarten-Cup in Gladenbach, einem Schnellturnier, vor ihm landete.

Alexander scheint auch ohne die ausschließliche Konzentration auf den Schachsport gut vorwärts zu kommen. Während sich seine beiden ein Jahr älteren Prinzen-Kollegen Matthias Blübaum und Dennis Wagner ein sogenanntes Schachjahr absolvieren, wo sie sich ausschließlich unserem schönen Sport widmen können, muß der in Moskau geborene und jetzt in Gießen lebende Alexander weiterhin für die Schule büffeln. Trotzdem läuft es beim Schach sehr gut. In den ersten vier Bundesligarunden erreichte er bei zwei knappen Niederlagen auch zwei sehr respektable Punkteteilungen.

Rd.	Datum	Ergebnis	Gegner	Verein	Elo
1	18.10.2014	0:1	GM Richard Rapport	SV 1930 Hockenheim	2720
2	19.10.2014	½:½	GM Viktor Erdös	SG Trier	2621
3	08.11.2014	½:½	GM Pawel Eljanow	USV TU Dresden	2719
4	09.11.2014	0:1	GM Chrant Melkumjan	Sfr. Berlin	2678

Donchenko - Eljanow

Beim Gastspiel in Berlin saß Alexander der Weltranglisten-31. Pawel Eljanow (Ukraine) gegenüber. Die Zuschauer an den heimischen Monitoren rieben sich ab der nebenstehenden Stellung ungläubig die Augen. Der schwarz-weiße Button in der Ergebnisübersicht hatte den Nullmeridian verlassen und der weiße Farbanteil wurde immer größer. Die Engine Houdini sah Alexander plötzlich mit 0,57 Bauerneinheiten im Vorteil. Nach 17. f3 Lb7 18. Sf5 Se8 19. b3 g6 stieg die Stellungsbewertung gar auf 1,16 mit Sh6+ nebst Lxe6 als Fortsetzung und Druck gegen die schwache schwarze Bauernstruktur. Weiß entschied sich aber für 20. Se3 und die Partie verflachte schnell. Nach 20. ... f5 21. Sd5 Tcf7 22. e3 Sf6 23. Sxf6+ Txf6 24. Lg2 Dc7 25. Lb2 Sg5 26. b4 Sf7 einigten sich beide Spieler auf Remis. Angeboten hat dem letzten Zug zufolge wohl Eljanow und Alexander nahm sicher gern an. Sein Vorteil ist nur noch minimal, trotz des weißen Läuferpaares und des rückständigen schwarzen Bauern d6.

Melkumjan - Donchenko

Eher langweilig bezeichnete der Ersatzkommentator die bisherigen Partien von Chrant Melkumjan. Am Sonntag, in der vierten Bundesligarunde, war er allerdings gefesselt von der Diagrammstellung die sich ihm da gegen den Schachprinzen Alexander Donchenko offenbarte. Das vermeintliche Bauernopfer c4 ist der quasi Standardzug in dieser Variante. In meiner Datenbank war die Stellung vor c4 60 Mal auf dem Brett - und c4 kam 57 Mal! Weiß kann sich an dem Bauern wegen S5b6 mit Figurenverlust nicht vergreifen.

Melkumjan spielte 12. Lc2 und Alexander vergriff sich jetzt am Bauern auf c3: 12. ... Sxc3?. Der Hauptzug ist 0-0. Der Textzug gewinnt zwar letztendlich einen Bauern, Schwarz muß vorerst aber auf die Rochade verzichten und bekommt seine Figuren nicht so richtig flott.

13. Sxc3 Dxc3 14. Dxd6 De5 15. Lf4 Dxd6 16. Lxd6 Sf6 17. e4 Ld7 18. Tfd1 Lc6 19. Td4 b5 20. a4 a6 21. e5 Sd7 22. Tad1 Sf8 23. axb5 axb5 24. Lb4 Se6 25. Td6 Tc8 26. Lf5

Endlich kann Alexander mit 26. ... 0-0 seinen Königsturm flottmachen. Sein Mehrbauer geht dabei allerdings auch verloren. Doch noch kann er alle seine Hoffnungen auf die beiden verbundenen Bauern setzen. Die sind allerdings zuverlässig vom weißen Läufer blockiert. Und Melkumjan bekommt nun seinerseits einen Freibauern.

27. Txe6 fxe6 28. Lxe6+ Kh8 29. Lxc8 Txc8 30. e6 Le8 31. f4 Kg8 32. Lc3 Tb8? Besser ist das Bauernopfer b4 und der c-Bauer kann bis c2 vormarschieren. 33. Ta1 b4?

Die beiden Bauern sehen bedrohlich aus. Doch das war's auch mit dem Vormarsch. Weiter geht's erstaunlicherweise nicht mehr.

34. Le5 Tb6? Man mag es kaum glauben. Aber danach steht Weiß praktisch schon auf Gewinn. Die Rückkehr nach c8 mit dem Vormarsch des c-Bauern war vorzuziehen. 35. f5 Lc6 36. Td1 Plötzlich droht Matt. Viel besser war aber noch Ld4, was den Finger tief in die Wunde des Schwarzen drückt. Die Grundreihe ist schwach und das schwarze Turm-Läufer-Pärchen hat kaum noch Felder. 36. ... Kf8 37. Td7!?

Den frechen Turm jetzt einfach zu nehmen war besser als 37. ... Tb7, macht aber auch keinen Spaß: 37. ... Lxd7 38. exd7 Ke7 39. Lc7 Kxd7 40. Lxb6.

38. Lxg7+ Ke8 39. Txb7 Lxb7 40. f6 1-0

Wieder eine tolle Partie von Alexander, auch wenn sie diesmal verloren ging. Längere Zeit stand sogar eine Punkteteilung auf dem Liveportal der Bundesliga! Der Schachprinz hat seine Fans.