22. Mai 2024
Der außerordentliche Bundeskongress des Deutschen Schachbundes fand am Samstag, dem 11. Mai 2024, in Neuwied am Rhein statt. Organisiert wurde er vom Hessischen Schachverband, auch wenn Neuwied in Rheinland-Pfalz liegt. Präsidentin Ingrid Lauterbach konnte rund 70 Delegierte, unter ihnen die Ehrenpräsidenten Alfred Schlya und Herbert Bastian, sowie zahlreiche Ehrenmitglieder begrüßen.
Für ihre Verdienste um das deutsche Schach wurden ausgezeichnet:
Der Journalist Ulrich Stock wurde mit dem Deutschen Schachpreis 2023 ausgezeichnet, der höchsten Auszeichnung des DSB für herausragende Verdienste um die überregionale Förderung des Schachs. Er ist seit 40 Jahren Redakteur bei der ZEIT und hat zahlreiche vielbeachtete Artikel aus der Welt des Schachs veröffentlicht, die sich durch besondere sprachliche Gewandtheit und stilistische Prägnanz auszeichnen.
2010 berichtete er für die ZEIT über den WM-Kampf Anand-Topalow, seitdem regelmäßig über internationale schachliche Großereignisse wie Weltmeisterschaften und Kandidatenturniere, zuletzt auch aus Toronto bei Gukeshs Sieg im Kandidatenturnier. Stock ist selbst seit seiner Schulzeit aktiver Schachspieler im DSB, derzeit Mitglied beim Hamburger Bundesligaaufsteiger FC St. Pauli. Mit Altkanzler und ZEIT-Herausgeber Helmut Schmidt hat Stock noch vor dessen Tod im Jahre 2015 Schach in Schmidts Haus gespielt. Als besonderes Bonbon gab der Journalist dem Kongress eine Lesung mit Kostproben aus seinem vielfältigen Schaffen.
Die deutsche Herrennationalmannschaft mit ihren Trainern erhielt die Ehrenplakette des DSB in Gold für den Gewinn der Silbermedaille bei der Schacheuropameisterschaft 2023 in Budva (Montenegro). Das Team, bestehend aus den Großmeistern Vincent Keymer, Rasmus Svane, Matthias Blübaum, Alexander Donchenko und Dmitrij Kollars sowie Bundestrainer GM Jan Gustafsson und Co-Trainer GM Fredrik Svane wurde geehrt.
Leistungssportreferent GM Gerald Hertneck hob in seiner Laudatio hervor, dass unsere Nationalmannschaft mit einem Durchschnittsalter von nur 23,5 Jahren wohl die jüngste Nationalmannschaft aller Zeiten ist und alle Chancen für die Zukunft bietet.
Peter Eberl, Achim Schmitt und Professor Uwe Pfenning wurden mit der Goldenen Ehrennadel des DSB für erfolgreiche langjährige organisatorische Tätigkeit für den Schachsport ausgezeichnet:
Peter Eberl ist seit 2014 Präsident des Bayerischen Schachbundes. Davor war er zwei Jahre lang Vizepräsident. Kürzlich fand in Rosenheim ein Anticheating-Lehrgang für Schiedsrichter statt, 2023 organisierte Eberl beide German Masters in Rosenheim. Seit 1977 ist Peter Eberl in verschiedenen Funktionen auf Vereins-, Kreis- und Bezirksebene erfolgreich tätig. 2002 erhielt Eberl eine Ehrenurkunde zum 125-jährigen Jubiläum des DSB.
Achim Schmitt ist Präsident des Schachbundes Rheinland Pfalz (SBRP), 2014 hatte Schmitt bereits die Silberne Ehrennadel des DSB erhalten. Von 1997 bis 2004 war er Geschäftsführer im SBRP. Seit fast 20 Jahren leitet Schmitt als Präsident den siebtgrößten Landesverband mit rund 5000 Aktiven. Von 2011 bis 2017 war er Sprecher des Arbeitskreises der Landesverbände (AKLV). Sieben Deutsche Meisterschaften in Bad Neuenahr und drei in Altenkirchen fanden unter seiner Präsidentschaft statt.
Professor Uwe Pfenning war 12 Jahre bis 2024 Präsident des Badischen Schachverbandes, jetzt Ehrenpräsident. Die Gespräche zur Zusammenführung des badischen und des württembergischen Verbandes hat er maßgeblich vorangebracht. Von 2015 bis 2017 war er Vizepräsident Verbandsentwicklung des DSB und hat zusammen mit dem württembergischen Verband die Leistungskommission Schach gegründet. Die Ehrenordnung des DSB wurde von ihm gemeinsam mit Herbert Bastian geschaffen.
Sandra Schmidt wurde mit der Silbernen Ehrennadel des DSB für ihre besonderen Verdienste um die Organisation und Durchführung der Deutschen Schach-Amateurmeisterschaft (DSAM) ausgezeichnet.
Die Internationale Schiedsrichterin war Breitenschachreferentin des DSB von 2021 bis 2023. Zusammen mit Gregor Johann ist Sandra seit rund zwei Jahren für die DSAM verantwortlich und in dieser relativ kurzen Zeit wurde die beliebte Turnierserie als erfolgreichstes Breitenschachevent des DSB weiter ausgebaut, was durch immer neue Rekordteilnehmerzahlen bestätigt wird.
Holger Schröck wurde für sein Lebenswerk geehrt. Der IT-Spezialist Schröck war seit 2005 viele Jahre verantwortlicher Entwickler des alten Mitgliedersystems MIVIS und des DWZ-Systems DeWIS. Schröck war seit 2007 auch IT-Beauftragter des Schachverbandes Württemberg.
Dennis Bastian würdigte Schröcks Arbeit in seiner Laudatio wie folgt:
Holgers Entwicklung und seine Software hat uns über zwei Jahrzehnte gute Dienste erwiesen. Dabei hat er erhebliche Leistungen erbracht, viele Maßnahmen auf dem „kleinen Dienstweg“ professionell, unbürokratisch und auch unentgeltlich umgesetzt. Er hat die Systeme für den DSB sicher und zuverlässig geführt und ist dabei zuweilen auch an seine persönlichen Grenzen gegangen.
Folgende Anträge wurden vom Kongress angenommen:
Vizepräsident Verbandsentwicklung Guido Springer beantragte die Aufnahme der Mitgliederverwaltungsordnung in die Satzung. Dieser Antrag erhielt die erforderliche Zweidrittelmehrheit.
Anschließend wurde die neue Mitgliederverwaltungsordnung vorgestellt.
Die MVO sei als Grundlage für die Zusammenarbeit mit der Firma „nu Datenautomaten GmbH“ essentiell notwendig, die die neue Mitgliederverwaltung MIVIS entwickelt und hierfür klare Definitionen und Regeln benötigt. Den vorgelegten Entwurf einer MVO entwickelte Springer gemeinsam mit dem Datenschutzbeauftragten Dr. Dieter Braun. Der Entwurf wurde vom Kongress diskutiert, wobei vier inhaltliche Änderungen eingeführt wurden. Die geänderte Version der neuen MVO wurde dann mit großer Mehrheit der Delegierten angenommen. Die verabschiedete Version der MVO kann hier eingesehen werden:
DSB-Vizepräsident Finanzen Axel Viereck beantragte eine Anhebung der Beiträge auf 14,- Euro ab dem 01.01.2025. Er begründete dies mit der Notwendigkeit, das mehrjährige strukturelle Defizit auszugleichen und um den laufenden Betrieb aufrecht erhalten zu können, wie es im Bericht des Finanzuntersuchungsausschusses von Alexander von Gleich und Dr. Matthias Kierzek bereits vorgestellt wurde. Der Kongress stimmte der Beitragserhöhung nach kontroverser Debatte mit knapper Mehrheit zu.
Ein veränderter Haushaltsplan für 2025 unter Berücksichtigung des erhöhten Beitrages wurde von Vizepräsident Axel Viereck nach einer Verzögerung wegen einer technischen Panne dem Kongress vorgelegt. Der Haushaltsplan 2025 kann hier eingesehen werden. Die Delegierten stimmten dem Haushaltsplan mehrheitlich zu.
Folgende zwei Anträge wurden vom Kongress abgelehnt:
Schiedsrichter-Obmann Jürgen Kohlstädt beantragte die Änderung der Antrags- und Protestgebühr. Dies hätte eine Ergänzung des § 33 der DSB-Satzung bedeutet. Der Antrag erreichte nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit und wurde somit von den Delegierten abgelehnt.
Der Schachverband Württemberg beantragte gemäß § 51 der Satzung eine einmalige Umlage in Höhe von 1,- Euro pro Mitglied zum Aufbau einer Liquiditätsreserve des DSB in Verbindung mit einer Änderung der Finanzordnung. Der Antrag wurde mit einfacher Mehrheit abgelehnt.
Thomas Falk (Hessischer Schachverband) wurde zum neuen Vorsitzenden des Bundesturniergerichtes gewählt. Er wird damit Nachfolger von Hans-Heiko Voss, der 2024 von diesem Amt zurückgetreten war. Zuvor war Falk Stellvertreter von Voss. Ein neuer Stellvertreter für Falk konnte noch nicht gefunden werden, ebenso wird noch ein stellvertretender sachverständiger Beisitzer des Bundesschiedsgerichtes gesucht. Vorschläge dazu werden gerne entgegengenommen, genauso wie für den offenen Posten des Referenten für Öffentlichkeitsarbeit, der noch zu besetzen ist.
Der DSB-Vizepräsident Verbandsentwicklung Guido Springer stellte die Datenbasis für einen Gleichstellungsbericht vor. Schwerpunktmäßig bestand dieser aus einem Vergleich der Jahre 2023 und 2024 hinsichtlich des Anteils der weiblichen Spieler an der Gesamtmitgliederzahl: Nachdem der Anteil der weiblichen Spieler seit 2020 permanent gestiegen ist (bei gleichzeitig wachsenden Mitgliederzahlen), gab es im Vergleich von 2023 zu 2024 einen leichten Rückgang beim Anteil der weiblichen Spieler, was daran liegt, dass zeitgleich der Zuwachs bei den männlichen Spielern noch größer war.
Die vorgestellten Zahlen entsprechen von der Aussagefähigkeit her noch nicht einem gewünschten Gleichstellungsbericht. Darum muss der Gleichstellungsbericht noch erarbeitet werden, wobei Guido Springer hierbei mit Friederike Tampe (Hessischer Schachverband) zusammenarbeiten wird. Paul Meyer-Dunker, Präsident des Berliner Schachverbandes, bot seine Unterstützung an.
Die Arbeitsgruppe Ausbildungskostenerstattung um den leider zum Kongress verhinderten Carsten Karthaus, legte ein Konzeptpapier vor und wird das Thema weiter bearbeiten. Inhaltlich geht es darum, denjenigen Vereinen, die leistungsstarke, spielstarke Jugendliche schachlich ausgebildet haben, im Falle eines Vereinswechsel dieser Jugendlichen, durch den aufnehmenden Verein eine Kompensation für die geleistete Ausbildung zu zahlen. Anmerkungen zu dem veröffentlichten Papier werden von der Arbeitsgruppe gerne entgegengenommen.
Insgesamt wünschte sich der Kongress zukünftig eine bessere Vorbereitung durch rechtzeitig zur Verfügung gestellte Berichte in ausreichender Qualität von Referenten, Beauftragten und Präsidium und früherer Bereitstellung transparenter Haushaltszahlen.
Das Präsidium sicherte zu, diesem Wunsch Folge zu leisten.
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 11368