24. November 2014
Noch ist eine Runde zu spielen, doch die Siegerin des German Masters der Frauen steht bereits fest. In der achten und damit vorletzten Runde konnte Elisabeth Pähtz ihren Vorsprung auf die immer noch zweitplatzierte Marta Michna auf 1,5 Punkte ausbauen. Obwohl Marta ein sehr starkes Turnier spielt, wird sie so einen Vorsprung in einer Runde nicht mehr aufholen können.
Viele werden nun sagen „es lief also alles wie erwartet!“ Die korrekte Antwort auf diese Aussage wäre „ja und nein“. Denn ja, Elisabeth war vor dem Turnier die Favoritin, aber bei so einem starken Feld ist es eine unglaubliche Leistung mit dieser souveränen Vorstellung zu gewinnen. Somit geht ein herzlicher Glückwunsch an die Turniersiegerin!
Morgen wird es dann vor allem im Duell zwischen Zoya Schleining und Marta Michna spannend, wenn es um den zweiten Platz und damit um insgesamt 2000 Euro gehen wird.
Zu den Partien:
Leider konnte ich die Spielerinnen heute nicht zum Interview in der „Kommentatoren-Box“ (die eher ein Kommentatoren-Saal ist) begrüßen, denn die drei Unentschieden ergaben sich ungefähr zur gleichen Zeit und so hätten die Beiden sehr lange warten müssen.
Tatjana überraschte im Sizilianer mit 2. ... a6. Hanna Marie wusste korrekt darauf zu reagieren und antwortete mit dem bekannten 3. c3. Hanna Marie schaffte es einen kleinen Vorteil zu erspielen, wobei die Stellung so unübersichtlich war, dass es nicht auszuschließen ist, dass der Kommentator die ein oder andere Änderung in der Stellungsbewertung verpasst hat. Als der Pulverdampf verzog stand ein Turmendspiel mit Mehrbauer für Hanna Marie zur Diskussion. Es war jedoch eins von der sehr remisen Sorte, sodass Weiß es nicht mehr lange versuchte, sondern in die Punkteteilung einwilligte.
Zumindest mich überraschte Elisabeth mit dem Zug 3. c3 im Sizilianer mit 2. ... e6. Auch Sarah schien mit diesem Zug nicht gerechnet zu haben und ging mit 3. ... Sf6 zunächst in einen normalen Alapin über, nur um wenige Züge später mit dem Damenausflug Da5+ die bekannten Theoriepfade zu verlassen. Kurz darauf wurden die schwarzfeldrigen Läufer getauscht und das schwache Feld d6 im schwarzen Lager schrie danach von einem Springer besetzt zu werden. Elisabeth erhörte die Rufe und marschierte mit beiden Springern Richtung d6. Trotzdem fühlte sich Sarah wohl und auch Elisabeth hatte das Gefühl, dass Schwarz einiges erreicht hatte, trotz der optischen weißen Überlegenheit. Elisabeth steckte wenig später einen Bauern ins Geschäft, der ihr noch mehr Dominanz auf den schwarzen Felder garantierte. Trotzdem hatte Sarah, so erzählte mir Elisabeth soeben, einen klaren Weg zum Remis, nachdem Schwarz es endlich schaffte den schlechten Läufer auf e4 zu tauschen. Diese Chance wurde nicht genutzt und somit marschierte Elisabeth zum nächsten vollen Punkt und zum Turniersieg.
Marta war vor der Runde die einzige, die noch einigermaßen realistische Chancen hatte Elisabeth einzuholen. Wieder wurde das Londoner System diskutiert. Ketino wählte ein Fianchetto-System und ging in einen Katalanen mit vertauschen Farben. Nachdem die Damen getauscht wurden, schien die Stellung schnell zu verflachen, als es Marta mit Gewalt schaffte das Zentrum zu öffnen. Das erlaubte zwar mehr Spiel, schien zwischenzeitlich aber sogar zu ihrem Nachteil zu sein. An einem Punkt war das Manöver Sg7-Sf5 sehr verlockend, wurde von Ketino aber verschmäht. Kurz darauf wiederholten die beiden die Züge und einigten sich auf Remis. Somit steht morgen für Marta ein wichtiges Spiel gegen Zoya auf dem Programm.
Melanie ist die tragische Heldin des Turniers. Zu Beginn lief es für sie noch ziemlich gut, dann jedoch folgte eine Niederlage der anderen. Das hielt sie jedoch nicht davon ab (und das ist äußerst bemerkenswert) an ihrer kämpferischen Einstellung festzuhalten. So lehnte sie heute gegen Zoya sogar eine dreifache Stellungswiederholung ab.
Die Partie startete wie die Begegnung zwischen Tatjana und Zoya, nur dass Melanie die Eröffnung etwas genauer spielte als Tatjana. In einem typischen Angriff schien zwischendurch etwas nicht ganz optimal für Melanie gelaufen zu sein. Trotzdem setzte sie die Partie an besagter Stelle fort. Zoya konnte daraufhin ihren Vorteil weiter verdichten und am Ende den vollen Punkt einstreichen.
Filiz und Melanie lieferten sich die Schlacht des Tages, in einem Najdorf-Sizilianer ging es gewohnt taktisch zu. Gelegentlich hatte Judith einen Bauer mehr, aber auch mit dem anfälligen eigenen König und schlechter Entwicklung zu kämpfen. Eine gut gelaunte Judith gab nach der Partie bereitwillig Auskunft. So hatte sie gelegentlich das Gefühl sogar besser zu stehen, wurde aber ein ums andere Mal von Filiz starker Spielweise überrascht. Am Ende stand ein gerechtes Remis durch Zugwiederholung. Damit befindet sich auch Judith zumindest noch im Rennen um den dritten Platz.
Morgen ist die letzte Runde, Start bereits um 10 Uhr, und die Abreise. Es geht um viel Geld, so dass noch eine Runde voller Spannung zu erwarten ist.
Pl. | Spielerin | DWZ | Elo | Verein | Pkt. | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 0 |
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1. | IM Elisabeth Pähtz | 2470 | 2480 | SV Hockenheim | 6,5 | x | ½ | 1 | ½ | 1 | 1 | 1 | 1 | ½ | |
2. | WGM Marta Michna | 2287 | 2343 | SK Norderstedt | 5,0 | ½ | x | ½ | 0 | 1 | ½ | 1 | 1 | ½ | |
3. | WGM Zoya Schleining | 2318 | 2351 | SV Letmathe | 4,5 | 0 | x | 0 | 1 | 0 | 1 | ½ | 1 | 1 | |
4. | IM Ketino Kachiani-Gersinska | 2282 | 2343 | OSG Baden-Baden | 4,0 | ½ | ½ | 1 | x | ½ | 0 | 0 | ½ | 1 | |
5. | WIM Judith Fuchs | 2271 | 2289 | Hamburger SK | 4,0 | 0 | 1 | 0 | ½ | x | ½ | ½ | ½ | 1 | |
6. | Hanna Marie Klek | 2223 | 2219 | SC Erlangen | 3,5 | 0 | 0 | 1 | 1 | x | 0 | ½ | 1 | 0 | |
7. | WGM Sarah Hoolt | 2312 | 2334 | Spfrd. Katernberg | 3,5 | 0 | ½ | 0 | 1 | ½ | 1 | x | ½ | 0 | |
8. | WGM Tatjana Melamed | 2315 | 2323 | AE Magdeburg | 3,5 | 0 | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | x | ½ | ½ | |
9. | WIM Filiz Osmanodja | 2297 | 2322 | USV TU Dresden | 3,0 | 0 | 0 | 0 | ½ | 0 | 1 | ½ | x | 1 | |
10. | WGM Melanie Ohme | 2322 | 2322 | SF Neuberg | 2,5 | ½ | ½ | 0 | 0 | 0 | 1 | ½ | 0 | x |
Jonathan Carlstedt
Anm. Redaktion: Die vom Autor analysierten Partien dieser Runde werden voraussichtlich morgen durch den frühen Rundenbeginn nicht zur Verfügung stehen.
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 19168