24. August 2013
Gleich in Runde eins erwischte es Deutschlands beste Schachspielerin Elisabeth Pähtz. Mit Schwarz unterlag sie dazu noch einer ernsthaften Mitkonkurrentin, der Großmeisterkollegin Tatjana Melamed. Als sie dann noch in Runde 7 eine erschütternde Niederlage (Dameneinsteller nach furiosem Angriffsspiel) gegen Brigitte Große-Honebrink erwartete, schienen die Hoffnungen auf den zweiten Deutschen Frauen-Blitztitel seit 2001 schon etwas ramponiert zu sein.
Zum Ende des ersten Tages ist aber wieder alles im Lot. Glanzvolle 16:0 Punkte folgten dem verhaltenen Auftakt - und die Konkurrenz liegt jetzt schon zweieinhalb Punkte zurück. Im Gegensatz zu Pähtz schwächelten die Titelmitbewerberinnen nämlich weiter. Melamed verewigte sich gar mit einer "langen Rochade" (Schiedsrichter Andreas Rehfeldt kommentierte so die drei Nullen in Serie) in der Tabelle. WGM Marta Michna hielt etwas länger mit, fiel zum Abend aber zurück. Und von Filiz Osmanodja war in der Tabellenspitze die ganze Zeit nichts zu sehen.
Der Schachclub Schwarz-Weiß Lichtenrade aus dem Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg sieht die Deutsche Meisterschaft als ein Mosaiksteinchen auf dem Weg zum 25-jährigen Vereinsjubiläum im Sommer 2015.
In den ersten Jahren machte der Klub durch den Einsatz internationaler Titelträger in den Niederungen der Berliner Mannschaftsmeisterschaften von sich reden. Dem phänomenalen Durchmarsch bis in die 2. Bundesliga folgte aber Jahre später der langsame Abstieg zurück in die Klassen der Normalsterblichen.
Seit Jahren nun legt Lichtenrade sehr viel mehr Wert auf die Nachwuchsarbeit. Die erste Mannschaft wird dadurch zwar nicht so schnell konkurrenzfähig, aber die Bindung an den Verein durch die Eigengewächse wird gestärkt. Trotzdem scheint auch der Vereinsvorsitzende Fabian Gallien den alten Zeiten etwas nachzutrauern (für die er selbst allerdings zu jung war). Bei der Eröffnung des Turniers meinte er verschmitzt, daß jede der Teilnehmerinnen dieser Meisterschaft in der ersten Mannschaft Lichtenrades spielen könnte.
Das ist dann schon auch das Stichwort. So stark wie in diesem Jahr war die Deutsche Frauen-Blitzeinzel wohl schon seit Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten besetzt. Vielleicht liegt es am Austragungsort, denn nach Berlin kommt man mit öffentlichen Verkehrsmitteln einfacher, als in ein kleines Städtchen auf dem Lande. Obwohl ja Lichtenrade für einen Berliner auch nicht gerade um die Ecke liegt...
Zur Eröffnung war neben dem Präsidenten des Berliner Schachverbandes, Carsten Schmidt, auch die neue Geschäftsführerin des DSB, Heike Quellmalz erschienen. Schmidt, ein profunder Kenner der Berliner Schachszene und zudem ehemaliger DSB-Mitarbeiter, stellte der sich noch auf frischen Terrain bewegenden Potsdamerin, nicht nur alle Funktionäre und Helfer vor sondern auch viele der Spielerinnen. Mit Elisabeth Pähtz, die zusammen mit GM Raj Tischbierek gekommen war, führte er dabei ein längeres Gespräch.
Man mag es kaum glauben. In den ersten Runden habe ich außerordentlich selten gefilmt. Aber ausgerechnet am Brett von Elisabeth Pähtz gegen die Vorsitzende des Schach-Club Kreuzberg durfte ich eine Sensation live miterleben.
Elisabeth hatte einen Springer auf h5 hingepflanzt und Brigitte Große-Honebrink hatte sich bisher verkniffen den kecken Gaul vom Brett zu schubsen. Nach 1. g4 entschloß sie sich aber trotzdem, die Herausforderung anzunehmen: 1. ... gxh5 2. gxh5+ (g5!) Kh8 3. f5 Tg8 4. f6 Dc5 5. Txg8+ Txg8 6. Lxh6 Sg5
7. Lg7+ sieht nun selbstverständlich aus. Weiß braucht aber dem Damentausch nicht aus dem Weg zu gehen: 7. Dd3 De3 (Sf3 würde an Matt in 3 Zügen scheitern) 8. Dxe3 Sxe3 9. Tg1 und Vorteil Weiß. 7. ... Txg7 8. fxg7+ Kxg7 9. Dg2?? Elisabeth wird den möglichen Springerabzug gar nicht wahrgenommen haben.
9. ... De3+ 10. Kb1 Sxc3+ 11. bxc3 Lxg2 0-1 und Brigitte durfte sich über einen Sieg freuen, der ihr noch lange in Erinnerung bleiben wird.
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