23. November 2014
Die sechste Runde der German Masters im Wyndham Garden Hotel Dresden ist Geschichte. Gestern sahen die Zuschauer die kürzesten Unentschieden des bisherigen Turniers und drei hochspannende entschiedene Partien. Ein Kurzremis musste Elisabeth hinnehmen, was Marta durch einen Sieg die Chance gab aufzuschließen, zusammen bilden sie das Spitzenduo mit jeweils 4,5 aus 6.
Eine besondere Freude war der Besuch des Bundestrainers GM Dorian Rogozenco. Er unterstützte nicht nur den Kommentator, sondern führte diverse Gespräch und verfolgte intensiv die gespielten Partien.
Zu den einzelnen Partien:
Mutig wie sie ist, wiederholte Hanna Marie die Df3-Idee, die bereits gegen Zoya erfolgreich war. Sarah zeigte sich jedoch gut vorbereitet und wich früh von bisher gespielten Partien ab und beging neue, eigens analysierte Pfade. Nachdem Sarah früh den b-Bauern hatte marschieren lassen, fand sich Hanna Marie in einer kniffeligen Situation wieder. Als sich die Partie weiter verschärfte stand der weiße König nach der langen Rochade auf a1 verdächtigt eingeengt. Zuvor hatten einige taktische Schläge den König dort hingetrieben.
Hanna Marie musste schnell Spiel organisieren, da der Vormarsch des a-Bauern eine gefährliche Waffe zu werden drohte. Dieses Spiel kostete Hanna Marie jedoch eine Qualität. Dafür bekam sie einen Bauern, ihre Probleme waren dadurch nur teilweise gelöst. Nach und nach verstärkte Sarah ihre Stellung, ohne diese dabei zu sehr zu strapazieren.
Nachdem Hanna Marie wohl an einer Stelle etwas zäher hätte verteidigen können, spielte Sarah die Partie souverän nach Hause.
Nach der bitteren Niederlage gestern, wird dieser Sieg Sarah sehr gut getan haben.
Diese Partie war die zweite beendete Partie des Tages und garantierte beiden Spielerinnen eine längere Ruhephase.
In einem theoretischen Schlagabtausch, in dem Tatjana zwischendurch die Hauptvariante vergaß und deshalb eine Nebenvariante spielte, war sie frühzeitig gezwungen eine Qualität zu opfern, damit sie Remis durch Dauerschach erzwingen konnte.
Das Remis brachte beide nicht viel weiter, machte aber auch nichts kaputt. Wie stellte Tatjana richtig fest: “Ich muss eine Partie gewinnen!“
Das kürzeste Kurzremis, auch wenn die Partie eine Menge interessanter Momente bot. Der lustigste Moment war auf jeden Fall der nach der Partie, als die beiden gut gelaunten Spielerinnen dem zahlreich erschienenen Publikum on- und offline ihre Partie erklärten. Dabei war auch Zeit die Gedanken etwas schweifen zu lassen und andere Themen zu streifen, die zur großen Erheiterung des Publikum beitrug. Da geht erst Mal ein Dank an die Spielerinnen, die sich bei diesem Turnier auch auf die Zuschauer einlassen. Eine weitere Säule des großartigen Erfolges des Turniers.
Wer in der Partie genau welche Variante vermieden hat, durch die gewählte Zugfolge, war am Ende wohl niemanden klar. Nur dass eine Art Grünfeld-Inder entstand, in dem Weiß einen leichten aber stabilen Vorteil hat. Ketino kannte sich jedoch hervorragend aus, tauschte die richtigen Figuren und auf ein Mal hatte sich der Vorteil in Luft aufgelöst. Das veranlasste beide Spielerinnen in ein totremises Endspiel abzuwickeln. Das sah auch der Schiedsrichter ein, der aufgrund der 40-Züge-Regel das Unentschieden absegnen musste.
Elisabeth führt damit zusammen mit Marta und hat morgen eine wichtige Partie gegen Zoya zu bestreiten.
Melanie wurde durch die Najdorf-Variante überrascht und wich mit Lg5 von ihren bisherigen Partien ab. Judith wusste das auszunutzen und fand sich kurz danach in einer besseren Stellung mit Schwarz wieder. Die richtigen Pläne zu finden war jedoch alles andere als einfach. Zumindest im Vergleich zu den weißen Plänen. Melanie machte ihrem f-Bauern Beine und erzeugte Schwächen. Irgendwann war die Situation so unübersichtlich, dass wohl niemand mehr wusste wer eigentlich besser stand. Diese Spannung fand ihren Höhepunkt, als sich alle Leichtfiguren im Zentrum versammelten, weiße und schwarze, um eine kleine Party zu feiern. Diese Party ließ Melanie mit einer schlechteren, vermutlich kaum zu verteidigenden Stellung zurück. Im nächsten Zug gewann Judith dank einer Kreuzfesselung, der gemeinsten aller Fesselungen, eine Figur und wenig später die Partie. Eine große Erleichterung für Judith, die sich so in das große Hauptgeld mit 2,5 Punkten zurückgespielt hat.
„Ich spiel auch immer die längsten Partien“ war Filiz Kommentar beim Abendessen. Die junge Dresdenerin kämpfte auch heute wie eine Löwin gegen eine Marta Michna, die im Moment nicht zu stoppen ist. Marta testete mal wieder ein neues Eröffnungssystem. Kurz gesagt, wieder was mit 1.d4 und dann mal wieder anders als sonst. Filiz baute sich normal auf und sollte objektiv nach der Eröffnung keine Probleme gehabt haben. Als Marta aber drohte nach e3-e4 mit e4-e5 weitere Unruhe zu bereiten, versuchte Filiz dies mit e6-e5 ein für alle Mal zu unterbinden. Das klappte zwar, ließ Schwarz jedoch mit einigen Felderschwächen zurück.
Diese Schwächen wusste Marta auszunutzen, mit ausdauernden und genauem Spiel verdichtete sie ihren Vorteil bis der Kommentator schon den einen oder anderen Gewinn sah. Marta stellte beim Abendessen jedoch klar, so einfach ist die Welt nicht! Schwarz hatte mehr Verteidigungsressourcen, als ich zunächst für möglich gehalten hatte. So war es genau richtig, wie Marta den Todesstoß ansetzte. Langsam aber zielsicher manövrierte sie ihre Dame vom Damenflügel zum Königsflügel. Kurz danach gab Filiz auf.
Wie bereits erwähnt führen Elisabeth und Marta mit 4,5 Punkten vor Zoya mit 3,5 und Sarah mit 3 Punkten. Außer Hanna Marie (2 Punkte) haben alle anderen Spielerinnen 2,5 Zähler auf dem Tacho. Es ist also nichts entschieden und es bleibt weiter unheimlich spannend.
Die Übertragung funktionierte einwandfrei und so ist heute um 14 Uhr auf schach.de wieder German Masters-Zeit!
Pl. | Spielerin | DWZ | Elo | Verein | Pkt. | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 0 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1. | ![]() |
2287 | 2343 | SK Norderstedt | 4,5 | x | ½ | ½ | 1 | ½ | 1 | 1 | |||
2. | ![]() |
2470 | 2480 | SV Hockenheim | 4,5 | ½ | x | 1 | ½ | ½ | 1 | 1 | |||
3. | ![]() |
2318 | 2351 | SV Letmathe | 3,5 | x | 1 | 1 | 0 | 1 | ½ | 0 | |||
4. | WGM Sarah Hoolt | 2312 | 2334 | Spfrd. Katernberg | 3,0 | ½ | 0 | x | 0 | 1 | ½ | 1 | |||
5. | ![]() |
2297 | 2322 | USV TU Dresden | 2,5 | 0 | 0 | 0 | 1 | x | 1 | ½ | |||
6. | ![]() |
2282 | 2343 | OSG Baden-Baden | 2,5 | ½ | 1 | 0 | x | ½ | ½ | 0 | |||
7. | ![]() |
2322 | 2322 | SF Neuberg | 2,5 | ½ | ½ | 0 | x | 0 | ½ | 1 | |||
8. | ![]() |
2271 | 2289 | Hamburger SK | 2,5 | 0 | 0 | ½ | ½ | 1 | x | ½ | |||
9. | ![]() |
2315 | 2323 | AE Magdeburg | 2,5 | 0 | ½ | ½ | ½ | ½ | ½ | x | |||
10. | ![]() |
2223 | 2219 | SC Erlangen | 2,0 | 0 | 0 | 1 | 0 | 1 | 0 | x |
Jonathan Carlstedt
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 19155