29. Juli 2021
Bei den German Masters 2021 in Magdeburg scheint den Favoriten kurz vor Schluss die Puste auszugehen. Bei den Männern verlor Rasmus Svane, bei den Frauen Melanie Lubbe. Beide sind damit ihre Führungen los und die Turniere so spannend wie nie zuvor.
Wie die Feuerwehr legte Luis Engel mit den schwarzen Steinen los. Gegen Arik Braun, der am Vortag noch mit einer Glanzpartie aus dem Lehrbuch für Furore sorgte, kam Luis glänzend aus der Eröffnung. Nach einem Turmschwenk auf der sechsten Reihe schepperte es bald in Ariks Königsstellung. Eine Kaskade taktischer Schläge folgte und nach bereits 22 Zügen blieb Arik nichts anderes übrig, als die Segel zu streichen. Manchmal läuft halt alles gegen einen – so einen gebrauchten Tag erwischt jeder Mal, auch Arik.
Luis, als Nummer 9 der Setzliste gestartet, übernimmt damit nach sieben Runde mit bärenstarken fünf Punkten die Führung im Turnier. Das kommt auch für ihn überraschend, wie er nach der Partie im Interview kundtat:
Die Partie hat sich selbstverständlich auch A-Trainer Kevin Högy für uns angeschaut:
Luis Engel bekam dabei Schützenhilfe vom bisher etwas vom Pech verfolgten Alexander Graf. Der spielte nämlich in seiner Schwarzpartie gegen den bis dato Führenden Rasmus Svane groß auf. Im Keres-Angriff der Scheveninger Variante schien es zuerst so, dass Alexander derjenige ist, der die Schleusen zu seinem König nicht geschlossen halten kann. Doch dann installierte Alexander unter Figurenopfer eine bösartige Krake im weißen Lager, die Rasmus‘ König auf Wandertour durchs offene Zentrum zwang. In den Verwicklungen fand sich Alexander besser zurecht als sein Kontrahent. Nach und nach gewann Alexander Material, wickelte ins Endspiel ab und brachte seinen Vorteil schlussendlich nach Hause. Dabei hatte er sogar noch ein wenig Dusel, da Rasmus eine wundersame Rettung kurz vor Toreschluss in horrender Zeitnot übersah.
In den anderen drei Partien war derweil weniger Chaos und Spannung angesagt. Georg Meier und Daniel Fridman trennten sich ebenso friedvoll unentschieden voneinander wie Ashot Parvanyan und Andreas Heimann. Dmitrij Kollars war gegen Matthias Blübaum am Drücker, aber wie auch schon gegen Daniel Fridman verteidigte sich Matthias zäh und geschickt. Die Belohnung war die gerechte Punkteteilung für den Lemgoer.
Damit führt nach sieben Runden Luis Engel mit 5/7. Mit Rasmus Svane und Georg Meier (beide 4,5/7) hat der Hamburger aber zwei gefährliche Verfolger im Rücken. Besonders pikant: Morgen steht die Begegnung Engel – Svane auf dem Programm!
Br. | Weiß | Elo | - | Schwarz | Elo |
---|---|---|---|---|---|
1 | GM Dmitrij Kollars | 2607 | ½:½ | GM Matthias Blübaum | 2669 |
2 | GM Georg Meier | 2628 | ½:½ | GM Daniel Fridman | 2608 |
3 | IM Ashot Parvanyan | 2451 | ½:½ | GM Andreas Heimann | 2599 |
4 | GM Arik Braun | 2609 | 0:1 | GM Luis Engel | 2543 |
5 | GM Rasmus Svane | 2615 | 0:1 | GM Alexander Graf | 2569 |
Pl. | Titel | Name | Land | Elo | DWZ | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | Pkt. |
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1. | GM | Luis Engel | 2543 | 2540 | x | 1 | ½ | 0 | 1 | + | ½ | 1 | 5,0 | |||
2. | GM | Rasmus Svane | 2615 | 2620 | x | ½ | ½ | ½ | 1 | 0 | 1 | 1 | 4,5 | |||
3. | GM | Georg Meier | 2628 | 2641 | 0 | ½ | x | ½ | ½ | 1 | 1 | 1 | 4,5 | |||
4. | GM | Andreas Heimann | 2599 | 2582 | ½ | ½ | x | ½ | ½ | ½ | 1 | ½ | 4,0 | |||
5. | GM | Daniel Fridman | 2608 | 2599 | 1 | ½ | ½ | ½ | x | ½ | ½ | 0 | 3,5 | |||
6. | GM | Matthias Blübaum | 2669 | 2676 | 0 | ½ | ½ | ½ | x | ½ | 1 | ½ | 3,5 | |||
7. | GM | Dmitrij Kollars | 2607 | 2624 | - | 0 | ½ | ½ | ½ | x | 1 | ½ | 3,0 | |||
8. | GM | Alexander Graf | 2569 | 2548 | 1 | 0 | 0 | 1 | 0 | x | ½ | 0 | 2,5 | |||
9. | IM | Ashot Parvanyan | 2451 | 2460 | ½ | 0 | 0 | ½ | 0 | ½ | x | 1 | 2,5 | |||
10. | GM | Arik Braun | 2609 | 2600 | 0 | 0 | 0 | ½ | ½ | 1 | 0 | x | 2,0 |
Das German Masters der Frauen 2021 wartete ebenfalls mit einigen Überraschungen auf. Während Hanna Marie Klek dem Ansturm von Lara Schulze standhielt und einen halben Punkt ergatterte, geriet die Co-Führende Melanie Lubbe ausgangs der Eröffnung gegen die Deutsche Meisterin Carmen Voicu-Jagodzinsky auf die schiefe Bahn. Nach Öffnung des Zentrums erspähte Carmen einige hübsche, taktisch begründete Züge, die schlussendlich Melanie die Dame kostete. Mit Turm und Springer war dann kein Widerstand mehr zu leisten.
Ein weiterer Sieg gelang Annmarie Mütsch mit den schwarzen Steinen gegen Ketino Kachiani-Gersinska. Ketino übersah einen clever vorgetragenen, versteckten taktischen Schlag Annmaries, wonach die Stellung sofort aufgabereif reif. Das sah auch Annmarie in der nachträglichen Analyse bei Klaus Bischoff auf SchachdeutschlandTV so:
Anmmarie: Also ich denke, sie (Ketino) hat hier …Ld4 einfach übersehen.
Klaus: Abgesehen davon, dass der Bauer sich später noch in eine Dame verwandelt hat, hätte sie den einfach wegnehmen sollen. Jetzt droht Matt und der Lf1…
Annmarie: Das ist erzwungen, aber das Problem ist einfach, dass Weiß jetzt alle Bauern mit Schach verliert.
Die ganze Partieanalyse mit Klaus Bischoff und Annmarie Mütsch kann man sich auch hier noch einmal in ganzer Länge anschauen:
In den anderen, teils sehr unterhaltsamen Partien fanden sich keine Siegerinnen. Fiona Sieber hatte sich lange Zeit ihrer Haut gegen Antonia Ziegenfuß zu erwehren, was ihr auch schlussendlich gelang. Antonia spielt bislang ein richtig starkes Turnier und steht derzeit bei 3,5/7 – und hätte durchaus auch auf „+1“ stellen können, wenn ihr nicht die Zeitnot im falschen Moment in die Quere gekommen wäre.
Zwischen Jana Schneider und Marta Michna war das Gleichgewicht der Partie nie wirklich gestört. Im Endspiel war für Jana trotz Mehrqualität kein Gewinn möglich, weil es Marta rechtzeitig gelang, alle weißen Bauern einzusacken.
Damit ist der Tabellenstand bei den German Masters der Frauen nun so spannend wie im ganzen Turnier nicht: Hanna Marie Klek führt zwar weiterhin mit 5/7, aber neben Melanie Lubbe hat sich nun auch Carmen Voicu-Jagodzinsky in Stellung gebracht und kämpft nun um den Turniersieg! Während Carmen es morgen mit Jana Schneider zu tun bekommt, steigt parallel am Nebenbrett das absolute Spitzenduell zwischen Hanna Marie und Melanie. Für Spannung ist also mehr als gesorgt.
Br. | Weiß | Elo | - | Schwarz | Elo |
---|---|---|---|---|---|
1 | WIM Fiona Sieber | 2261 | ½:½ | WFM Antonia Ziegenfuß | 2157 |
2 | IM Ketino Kachiani-Gersinska | 2318 | 0:1 | WIM Annmarie Mütsch | 2297 |
3 | FM Lara Schulze | 2269 | ½:½ | WGM Hanna Marie Klek | 2265 |
4 | WGM Melanie Lubbe | 2281 | 0:1 | WGM Carmen Voicu-Jagodzinsky | 2247 |
5 | FM Jana Schneider | 2353 | ½:½ | WGM Marta Michna | 2341 |
Pl. | Titel | Name | Land | Elo | DWZ | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | Pkt. |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1. | WGM | Hanna Marie Klek | 2265 | 2272 | x | ½ | ½ | ½ | 1 | 1 | 1 | ½ | 5,0 | |||
2. | WGM | Carmen Voicu-Jagodzinsky | 2247 | 2225 | ½ | x | 1 | 0 | 1 | ½ | ½ | 1 | 4,5 | |||
3. | WGM | Melanie Lubbe | 2281 | 2281 | 0 | x | ½ | 1 | 1 | ½ | ½ | 1 | 4,5 | |||
4. | IM | Ketino Kachiani-Gersinska | 2318 | 2319 | ½ | 1 | ½ | x | 0 | 0 | 1 | ½ | 3,5 | |||
5. | WIM | Annmarie Mütsch | 2297 | 2297 | ½ | 0 | 1 | x | 0 | 1 | ½ | ½ | 3,5 | |||
6. | WFM | Antonia Ziegenfuß | 2157 | 2125 | 0 | ½ | 0 | 1 | x | ½ | ½ | 1 | 3,5 | |||
7. | WIM | Fiona Sieber | 2261 | 2268 | 0 | ½ | 0 | 0 | ½ | x | 1 | 1 | 3,0 | |||
8. | WGM | Marta Michna | 2341 | 2315 | 0 | ½ | 1 | ½ | 0 | x | ½ | ½ | 3,0 | |||
9. | FM | Jana Schneider | 2353 | 2355 | ½ | 0 | ½ | ½ | 0 | ½ | x | ½ | 2,5 | |||
10. | FM | Lara Schulze | 2269 | 2268 | ½ | 0 | 0 | ½ | 0 | ½ | ½ | x | 2,0 |
Die Partien morgen beginnen wie immer um 14 Uhr. Großmeister Klaus Bischoff kommentiert wie immer auf unserem Twitch-Kanal SchachdeutschlandTV.
Alle Bilder aus Magdeburg findet man auf unserem Flickr-Account.
Der Meisterschaftsgipfel findet statt mit freundlicher Unterstützung von UKA Meißen, dem innovativen Energieparkentwickler.
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 10711