15. August 2018
Beim am vergangenen Sonntag in Dresden beendeten German Masters überraschte eine 18-Jährige die Konkurrenz der besten schachspielenden Frauen Deutschlands. Fiona Sieber gehört als Zehnte der deutschen FIDE-Eloliste zwar selbst zu ihnen, war aber für das Turnier in der Elbmetropole für Marta Michna nachgerückt.
Fiona startete mit Siegen gegen Hanna Marie Klek und Melanie Lubbe spektakulär, verlor in Runde drei gegen Josefine Heinemann kurz die Spitze, legte aber mit einem Sieg gegen Filiz Osmanodja gleich wieder nach.
Nach ihrem Triumph in Dresden führten wir mit Fiona Sieber ein Interview.
Fiona, Herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des German Masters 2018 und zur WGM-Norm! Ich glaube so richtig hatte Dich niemand auf der Rechnung vor Turnierbeginn. Hast Du selbst damit gerechnet, vorn mitspielen und gar gewinnen zu können?
Vielen Dank für die Glückwünsche. Das German Masters ist eines der wenigen Top-Turniere für Frauen in Deutschland. Dort überhaupt mitspielen zu dürfen ist eine Ehre. Über die Nachnominierung habe ich mich daher sehr gefreut. Bei jedem Turnier habe ich die Hoffnung, ganz vorne mitzuspielen und auch wenn die Chance meist sehr klein ist, so ist sie doch immer da. Das sollte man als Schachspieler nie vergessen. In Dresden wollte ich in erster Linie in einem starken Teilnehmerinnenfeld gutes Schach zeigen.
Wie hat Dir das Turnier an sich gefallen?
Es hat mir sehr großen Spaß gemacht, das German Masters zu spielen! An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Organisatoren und Helfern für die erstklassige Durchführung und das tolle Ambiente bedanken!
Wir hatten vor wenigen Tagen auf unserer Website darüber spekuliert, welcher Erfolg Deiner noch jungen Schachkarriere höher von Dir bewertet wird. Ist Dir nun die U16-Europameisterschaft 2016 mehr wert oder der Sieg jetzt in Dresden?
Das ist eine sehr schwere Abwägung. Über beide Erfolge, und noch einige andere, freute ich mich sehr und freue ich mich noch heute. Seitdem ich 2016 Europameisterin wurde, war und ist eines meiner großen Ziele, zu den besten Frauen in Deutschland zu zählen. Dieses Ziel überraschend schnell erreicht zu haben, ist für mich ein toller Erfolg.
Für einen Treppchenplatz bei EM oder WM musste ich 6 Jahre kämpfen. Dass mir dies nach einigen Top-Ten-Platzierungen und viel Training 2016 schließlich gelungen ist, war für mich damals sensationell. Der Traum jedes Jugendspielers!
Wenn man den „Wert“ rein materiell als Höhe des Preisgeldes betrachtet, dann rangiert natürlich das German Masters durch die großzügige Unterstützung des Windparkentwicklers UKA Meißen höher. Das Preisgeld ermöglicht es mir, in nächster Zeit auch einige internationale Turniere mitzuspielen, die sonst nicht möglich gewesen wären.
In der letzten Runde gegen Sarah Hoolt hast Du verloren und wahrscheinlich Platz 1 schon abgeschrieben. Oder stand Melanie zu diesem Zeitpunkt auch schon schlechter und Du hast Deine Hoffnung noch nicht ganz begraben?! Josefine müßte ja schon fertig gewesen sein.
Natürlich habe ich während meiner Partie gesehen, dass Melanies König einige Probleme bekam. Andererseits hatte sie sich schon eine Zeit lang zäh verteidigt, weshalb ich ihr zutraute, die Partie noch zu drehen. Auf Filiz' Angriffskünste war jedoch Verlass!
Da Josefine relativ schnell ihre WGM-Norm abgesichert hatte, war mir an dieser Stelle aufgrund der Siegwertung (als erste Feinwertung) der 2. Platz bereits sicher. Auch mit der Silber- oder Bronzemedaille wäre ich sehr glücklich gewesen.
Vor dem Masters galten Zoya Schleining und Ketino Kachiani-Gersinska, neben insbesondere Sarah Hoolt, die im letzten Jahr schon mal weit über Elo 2400 war, als Favoritinnen. Als junge Spielerin hat man sicher sehr viel Respekt vor der Erfahrung von Zoya und Keti und geht mit Ehrfurcht in die Partien. Oder war das bei Dir anders, insbesondere weil Zoya und Keti weit unter Normalform spielten?
Ich hatte und habe vor allen Teilnehmerinnen großen Respekt. Zoya und Keti sind sehr erfahrene Spielerinnen und kennen sich in vielen Stellungstypen aus, denen vor allem mit Schwarz eröffnungstechnisch schwer zu begegnen war. Dass es bei beiden vorher nicht so gut gelaufen ist, kann sie eventuell selbst psychologisch unter Druck bringen, aber es kann sie auch zu stärkerer Konzentration und Höchstleistungen anspornen.
An Sarah bewundere ich ihren extremen Kampfgeist und ihre Fähigkeit fast jede Stellung noch drehen zu können, daher gehörte auch sie für mich zu den Topfavoritinnen.
Am 23. September beginnt in Batumi die Schacholympiade - und Du bist nicht dabei. Nachdem Du drei Olympionikinnen mit Filiz Osmanodja, Judith Fuchs und Zoya Schleining gerade hinter Dir gelassen hast - wird man da eher wehmütig nicht nominiert worden zu sein. Oder wünscht man den dreien alles Gute für Olympia?
An Olympiaden teilnehmen zu dürfen, ist natürlich für alle Sportlerinnen und Sportler ein Highlight ihrer Karriere. Da bin ich keine Ausnahme. Leider besteht eine Mannschaft im Schach nur aus fünf Spielerinnen und zum Zeitpunkt der Nominierung hatte ich mich noch auf mein Abitur konzentriert, was man dann leider auch an meiner ELO-Zahl merken konnte. Deutschland schickt eine sehr starke Frauenmannschaft nach Batumi. Selbstverständlich drücke ich allen Spielerinnen ganz fest die Daumen und hoffe sehr, dass sie dort alle ihre Bestform abrufen können.
Keinesfalls bin ich wehmütig oder traurig, da ich bis zu meinem Studienbeginn im Oktober selbst einen vollen Turnierplan habe.
Was sind Deine nächsten Turnier- oder Veranstaltungspläne?
Bereits am 20. August startet die Europameisterschaft U18w in Riga. Das wird wahrscheinlich mein letztes Jugendturnier sein. Am 4. September fliege ich dann zur Junioren-WM in die Türkei.
Direkt nach der Rückkehr unterstütze ich vom 17. - 22. September GM Sebastian Siebrecht bei seiner Aktion „Faszination Schach“ in Stuttgart. Darauf freue ich mich schon lange und ich hoffe, dass es mir gelingt, noch mehr Kindern und Jugendlichen Freude am Schach zu vermitteln.
Vielen Dank für das Gespräch, Fiona!
Sie hat für uns eine ihrer Gewinnpartien kommentiert:
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