GM Marcin Tazbir gewinnt klar die 15. IBCA-Einzelweltmeisterschaft

Archiv Gerhard Dyballa

René Adiyaman aus Deutschland belegt den hervorragenden 8. Rang

Auf der griechischen Insel Rhodos fand vom 9. bis 18. Oktober die 14. Weltmeisterschaft des Weltschachbundes der Blinden und Sehbehinderten IBCA (International Braille Chess Association) statt. Deutschland war mit einer Delegation von sieben Spielern samt DBSB-Trainer Wilfried Bode und drei Begleiterinnen und einem Betreuer angereist.

Der polnische Großmeister Marcin Tazbir gewann die Weltmeisterschaft in überzeugender Manier. Vom Start an gab er sich keine Blöße und konnte die ersten fünf Partien gewinnen. In der sechsten Runde teilte er sich den Punkt gegen den Ukrainer Wladislaw Kolpakow. Danach gewann er in der siebten und in der achten Runde. Nach dem Unentschieden gegen den Serben Damjan Jandric in seiner letzten Partie stand er mit den phantastischen acht Punkten als Weltmeister fest.

Archiv Gerhard Dyballa

Zweiter wurde der Internationale Meister Predrag Nikac aus Montenegro mit 7,5 Punkten. Er verlor nur in der 4. Runde gegen den späteren Weltmeister Tazbir und remisierte in der 8. Runde gegen den Israeli Alexej Streltzow, der am Ende die Bronzemedaille mit 6,5 Punkten eroberte. Von den deutschen Spielern schnitt am besten René Adiyaman mit 6,5 Punkten als Achter ab. Ihn trennten am Ende nur 10,5 Buchholzpunkte vor der Bronzemedaille.

Für das Erreichen der Ränge 3 bis 8 musste die Buchholzwertung entscheiden. Hinter Streltzow musste sogar um den 4. Platz die bessere Drittwertung entscheiden. Diesen belegte der Usbeke Kuralbay Djakaschow vor Wladislaw Kolpakow, der durch die schlechtere Wertung auf den 5. Platz kam. Die Plätze 6 und 7 belegten ebenfalls mit 6,5 Punkten Damjan Jandric vor Juri Bibikow aus Kasachstan.

Es folgen die Rundenberichte aus Rhodos mit den Einzelergebnissen der deutschen Spieler. Nur von der 3. Runde ist ein Nachtrag von mir, dem Berichterstatter Gerhard Dyballa, da dieser Bericht nicht auf Rhodos abgefasst worden ist. Am Ende des Turniers bat ich jeden deutschen Teilnehmer mir von einer Partie zu berichten. Ihre Aussagen flocht ich in den jeweiligen Rundenbericht ein.

8. Oktober: DBSB-Team bei der IBCA-Einzelweltmeisterschaft

Von Anton Lindenmair

Morgen beginnt auf Rhodos (Griechenland) die Einzelweltmeisterschaft der IBCA (International Braille Chess Association). Das Team des DBSB hat heute die Reise dorthin angetreten. Der DBSB wird durch folgende Spieler vertreten sein:

• IM Oliver Müller, Elo 2275
• René Adiyaman, Elo 2122
• Thorsten Mueller, Elo 2046
• Olaf Dobierzin, Elo 2006
• CM Frank Schellmann, Elo 1944
• Gerhard Dyballa, Elo 1919
• Dieter Riegler, Elo 1844

Mit Oliver (Nr. 4) und René (Nr. 10) hat der DBSB zwei Vertreter unter den Top-Ten der vorläufigen Startliste. Diese umfasst im Moment 82 Spieler aus 31 Nationen. Alle deutschen Spieler sind in der oberen Hälfte der Setzliste platziert. Auffällig ist, dass diesmal kein Spieler aus Indien dabei ist. Die Inder haben in den letzten Jahren durch starke Leistungen auf sich aufmerksam gemacht. Als klarer Elo-Favorit geht der einzige Großmeister im Feld, der Pole Marcin Tazbir (Elo 2499), ins Rennen.

9. Oktober: Erwartete Ergebnisse in der 1. Runde

Von Gerhard Dyballa

Zum Auftakt gab es für die Vertreter des DBSB sechs Siege und eine Punkteteilung. Nachdem alle Spieler des DBSB in der vorderen Tabellenhälfte gesetzt waren ein erwartetes Ergebnis für Oliver Müller, René Adiyaman, Thorsten Mueller, Frank Schellmann, Gerhard Dyballa und Dieter Riegler. Lediglich Olaf Dobierzin konnte nicht den vollen Punkt einfahren.

10. Oktober: Die Ausbeute des DBSB in Runde 2 war eher bescheiden

Archiv Gerhard Dyballa

Von Frank Schellmann

Es ging nicht so weiter wie in der Runde 1. Die heutige Ausbeute des DBSB war eher bescheiden. Nur Oliver Müller konnte einen Sieg gegen Gerhard Dyballa mit den weißen Steinen einfahren. Dieter Riegler überraschte mit Remis gegen den um 150 Punkte stärkeren Ukrainer Igor Schepeljew. Der Berichterstatter Frank Schellmann mühte sich bis ins Endspiel gegen den an Nummer 2 gesetzten Israeli Streltsov mit guten Chancen auf Remis ab, verlor aber bei knapper Bedenkzeit. Olaf Dobierzin musste erneut gegen einen litauischen Schachfreund spielen und kam über ein Remis nicht hinaus. Thorsten Mueller misslang die Eröffnung, er verlor einen Bauern, konnte ihn zwar wieder zurückgewinnen, einigte sich aber auf Remis mit dem Finnen Ari Tonderi. Unser jüngster Spieler René Adiyaman, der in der ersten Runde durch eine schöne Angriffspartie glänzte, konnte leider nicht an seine Leistung anknüpfen und verlor gegen den Spanier Oscar Saez unglücklich.

11. Oktober: Nach dem ersten Zug in Runde 3 entstand an den Brettern eine abweichende Stellung!

Von Gerhard Dyballa

Drei Siege, drei Unentschieden und eine Niederlage waren die Ergebnisse der deutschen Spieler in der 3. Runde. Sehr kurios begann die Partie unseres Spitzenspielers Oliver Müller gegen den erfahrenen Ukraine Iwan Jatsischin. Schon nach den ersten Zug entstand an den Blindenschachbrettern eine verschiedene Stellung. Nach dem Anfangszug des Ukrainers mit „e4“ zog Oliver mit seinem Bauern auf „c6“ und sagte den Zug mit „Cäsar sechs“ an. Der Ukrainer antwortete mit „Cäsar fünf“ und „Springer Felix drei“. Obwohl Oliver seinen Gegner darauf aufmerksam machte, dass sein Bauer auf die sechste Reihe gespielt wurde, blieb der schwarze Bauer noch einige Züge auf dem Blindenschachbrett des Ukrainers auf der fünften Reihe stehen. Nach einer viertelstündigen Unterbrechung der Partie konnte sie nach dem 1. Zug fortgesetzt werden. Oliver meinte dazu nach der Partie: „So was ist nur beim Blindenschach möglich.“ Die umkämpfte Partie, in der nach Olivers Meinung sein Gegner „das Turmendspiel nicht genau gespielt hat“, endete mit einer Punkteteilung.

Ein schöner Erfolg gelang Olaf Dobierzin, der gegen den Kroaten Milan Prpic den ganzen Punkt einfahren konnte. Für Olaf war es seine beste Partie bei der Weltmeisterschaft: „Ich überraschte meinen Gegner mit der Eröffnungswahl. Mein Gegner baute sich passiv auf und ich schaffte gewissen Druck mit meinen Läufern auszuüben. Die Türme drangen auf seine zweite Reihe. Danach war für ihn Materialverlust nicht zu vermeiden und er kapitulierte.“

Auch der Berichterstatter Gerhard Dyballa war mit seinem Spiel gegen den Tschechen Josef Polnar sehr zufrieden. Ich gab meinem Gegner keine Luft zum Atmen und verbesserte ständig meine Stellung. Seine Figuren blieben in den letzten Reihen stehen. Nach dem erzwungenen Figurenabtausch baute ich mit einem Turm und einem Springer ein Mattnetz auf. Einen Zug vor dem Mattsetzen gab mein Gegner die Partie auf.

12. Oktober: Oliver Müller gewann in Runde 4 seine Partie und konnte in die Spitzengruppe aufschließen

Von Frank Schellmann

Am Geburtstag unseres Bundestrainers Wilfried Bode wollte die DBSB-Auswahl nicht ins Hintertreffen geraten. Trotz bekannter Klassiker, wie Frank Schellmann gegen Dieter Riegler, Oliver Müller gegen den Polen Piotr Dukaczewski und den französisch-deutschen Eric Meyer gegen Gerhard Dyballa, wurde auf den Brettern bis zum letzten Moment gefightet. Fünf Partien wurden bis kurz vor Blättchenfall ausgespielt und endeten nach langem Kampf leider nur remis. Nur Oliver gewann seine Partie und konnte in die Spitzengruppe aufschließen. Da wir nicht abergläubig sind, hoffen wir auf bessere Ergebnisse morgen, Freitag den 13.

13. Oktober: Thorsten Mueller hatte Glück in Runde 5

Von Frank Schellmann

Freitag der 13. wurde Oliver Müller zum Verhängnis, er unterschätzte eine Theorievariante und verlor leider schlussendlich gegen den starken Ukrainer Wladislaw Kolpakow. Wieder gab es eine deutsch-deutsche Paarung Gerhard Dyballa - Olaf Dobierzin, die mit Remis endete. René Adiyaman gewann seine dritte Weißpartie gegen den italienischen Abwehrspezialisten Bersan Vrioni, kommt damit auf 3,5 Punkte und schließt auf Oliver Müller auf, sodass sich morgen eine weitere deutsch-deutsche Paarung ergeben hat. René teilte mir nach dem Turnier mit, dass er in der 5. Runde seine beste Partie auf Rhodos gespielt hatte. „Ich habe die Rochade lange verzögert und Läufer für drei Bauern geopfert. Damit ist Bersans Stellung auseinander gefallen.“

Thorsten Mueller hatte im Gegensatz zu Oliver heute Glück, da sein Gegner Eric Meyer eine dreimalige Zugwiederholung zuließ, obwohl dieser einen materiellen Vorteil besaß. Eric Meyer ist morgen der Gegner von Frank Schellmann.

Dieter Riegler und Frank Schellmann gewannen heute, sodass 5 Spieler des deutschen Teams 3 Punkte aus 5 Runden erreicht haben, während sich Oliver und René mit 3,5 Punkten im erweiterten Spitzenfeld befinden. Die morgige Runde verspricht aus deutscher Sicht einige interessante Partien. Derweil zieht der Turnierfavorit GM Tazbir aus Polen einsam seine Kreise und führt das Feld nach seinem fünften Sieg in Folge nun allein an.

14. Oktober: Nicht Freitag der 13., sondern erst der 14. war das Problem in Runde 6

Von Frank Schellmann

Unser Spitzenspieler Oliver Müller ist stark erkältet und konnte die Partie gegen Teamkollegen René Adiyaman nicht antreten, sodass René mit 4,5 Punkten morgen einen starken Gegner bekommen könnte. Gerhard Dyballa und Dieter Riegler verloren gegen etwas stärkere Gegner. Frank Schellmann fiel dem französischen Ausputzer Eric Meyer zum Opfer. Olaf Dobierzin spielte eigentlich eine gute Partie gegen den Spanier David Zanoletty, belohnte sich aber nur halb (remis). Verbleiben wir mit dem Positiven. Der bisher unter Form spielende Thorsten Mueller fuhr heute einen überzeugenden Sieg gegen den Spanier Oscar Saez ein.

15. Oktober: Olaf Dobierzin gewann als Einziger der DBSB-Mannschaft in Runde 7

Von Frank Schellmann

Fangen wir mit den positiven Nachrichten an. Thorsten Mueller können wir zu zwei Ereignissen gratulieren. Erstens zu seinem heutigen Geburtstag und zweitens zum Wahlergebnis beim IBCA-Kongress [Red.: Er wurde zum Schatzmeister gewählt]. Jedoch konnte er sich leider kein Geschenk bei seiner Partie machen. Auch der heutige Tag war insgesamt enttäuschend für unser Team. Als Einziger erreichte Olaf Dobierzin einen Pflichtsieg gegen den Niederländer Lucas de Jong. Gerhard Dyballa und Frank Schellmann kamen über ein Unentschieden mit den schwarzen Steinen nicht hinaus. Neben Thorsten mussten auch René Adiyaman und Dieter Riegler gegen stärkere Gegner Niederlagen einstecken. Bei den vorderen Plätzen bleibt es weiter spannend. In Führung liegt weiterhin GM Tazbir. Er hat einen halben Punkt Vorsprung vor dem Titelverteidiger Nikac. Verfolger mit einem weiteren halben Punkt Rückstand sind der Israeli Streltzow und der Kasache Bibikow.

16. Oktober: Heute war Großkampftag in Runde 8. Remis entfällt!

Mehrere Autoren

Heute war Großkampftag. Aus den sechs Partien der deutschen Spieler war kein Remis zu verzeichnen. Als erster gewann René Adiyaman gegen Suleyman Saltik aus der Türkei eine schneidige Angriffspartie. Dieter Riegler und Frank Schellmann gewannen beide überzeugend, wobei Dieter seinem niederländischen Gegner Jan Spoelstra nicht die kleinste Chance ließ. Für Frank war der Sieg gegen den Franzosen Olivier Deville seine schönste Partie auf Rhodos: „Olivier Deville wurde von meiner Eröffnungswahl überrascht und er hatte eine nicht korrekte Neuerung gespielt, aufgrund der er unter großen Figurendruck geriet. Um sich zu entlasten, opferte er einen Springer für zwei Bauern. Er bekam dadurch einen Freibauern. Aus der sich ergebenden Stellung entwickelte sich ein Kampf, in dem ich mich durchsetzte.“

Gerhard Dyballa spielte zunächst sehr überzeugend, verpasste aber unter dem Druck der Uhr den Gewinn und verlor nach einem Fingerfehler sogar noch die Partie – schade. Ebenfalls schade war es, dass Olaf Dobierzin nach guter Eröffnungsbehandlung dennoch unter Druck geriet und schließlich mit beiderseitig geringer Bedenkzeit ein zu verteidigendes Turmendspiel verlor.
Lange Zeit sah es für Thorsten Mueller nach einer dritten Niederlage aus, denn er hatte zwischenzeitlich nur einen Bauern für den verloren gegangenen Läufer. Er schaffte es aber, gegen den Polen Dawid Falkowski nicht nur nicht zu verlieren, sondern sogar im Endspiel zu gewinnen - normal ist das nicht, aber erfreulich. Auch für Thorsten selbst blieb die Partie gegen Falkowski in bester Erinnerung: „Durch eine Ungenauigkeit in der Eröffnung musste ich einen Bauern opfern, um ins aktive Spiel zurück zu kommen. Dies gelang mir nur für kurze Zeit. Wegen eines Grundreihenmatts musste ich einen Läufer opfern. Dafür bekam ich auch den Bauern zurück und versuchte mit der Dame und dem Turm den gegnerischen König über das Brett zu jagen. Dabei gewann ich zwei Bauern, tauschte die Damen und ging mit meinem Randbauern zur Umwandlung, Nach einem Fehler meines Gegners in beiderseitiger Zeitnot gewann ich die längste Partie des Tages.“

17. Oktober: Das Spiel ist aus - GM Tazbir ist Weltmeister!

Von Luise Schellmann nach Angaben von Wilfried Bode

Mit einem Kurzremis sicherte sich der Pole GM Tazbir den Titel. Silber ging an IM Nikac aus Montenegro, der mit einem halben Punkt Rückstand ins Ziel kam. Bronze errang FM Streltzow aus Israel mit einem weiteren Punkt Rückstand aufgrund der besseren Wertung in einer punktgleichen Gruppe, die von Platz 3 bis 8 reicht.

Für die DBSB-Spieler ging es in der letzten Runde darum, eine gute Platzierung zu verteidigen bzw. zu erreichen . Bestplatzierter Deutscher wurde René Adiyaman, der den achten Platz mit 6,5 Punkten erspielte. Mit den schwarzen Steinen entfachte er einen Kombinationswirbel, dem sein Gegner Spiridon Kofidis aus Griechenland nicht gewachsen war.
Zweitbester DBSB-Spieler wurde nach wechselvollem Turnierverlauf unser 1. Vorsitzender Thorsten Mueller mit 5,5 Punkten. Im Verlauf der Partie gegen den Usbeken Ilchom Gulamow schien er sogar Chancen für eine noch bessere Platzierung zu haben, weil er über einen Mehrbauern verfügte.
Frank Schellmann erreichte nach einem umkämpften Remis gegen den Niederländer Sergio Harnandan 5 Punkte und Platz 29.
50 Prozent der möglichen Punkte erspielten die Altmeister Olaf Dobierzin und Dieter Riegler, die einträchtig auf den Plätzen 40 und 41 im Ziel ankamen. Dieter beendete die heutige Partie gegen den für die DBSB-Spieler wohl unbezwingbaren Eric Meyer. Trotzdem spielte Dieter ein starkes Turnier und wird mit seinem Turnierverlauf zufrieden sein. Olaf Dobierzin spielte ebenfalls lange Zeit ein gutes Turnier und wurde erst durch die abschließenden beiden Niederlagen zurückgeworfen. Sein kasachischer Gegner Serik Makluschow spielte auch heute wirklich erfindungsreich.
Gerhard Dyballa kam mit einem abschließenden Remis gegen Ümit Selcuk aus der Türkei auf 4 Punkte. Ein solides Ergebnis für seine erste WM-Teilnahme und es wäre sogar noch mehr drin gewesen.
Oliver Müller erspielte 3,5 Punkte aus fünf Partien, bevor er von oben genanntem nicht schachlichen Gegner gestoppt wurde.

Die Siegerehrung wurde umrahmt von traditioneller Musik und einer Tanzgruppe. Der neue IBCA-Präsident Jorgen Magnusson überreichte den Siegerpokal.

Offizielle Turnierseite | Ergebnisse bei ChessResults

Gerhard Dyballa
Pressewart Deutscher Blinden- und Sehbinderten-Schachbund