10. Dezember 2013
Eine paar Monate lang bekam man von dem im Jahre 2000 gegründeten interkulturellen Kölner Schachverein Satranç Club vielleicht etwas weniger in den Medien mit. Dennoch hatte sich einiges getan: Zwischenzeitlich stiegen die beiden ersten Mannschaften auf, und es gab natürlich noch weitere wichtige Veränderungen wie z.B. die Umwandlung in einen eingetragenen Verein die auch Veränderungen mit sich brachten. Obendrein beherbergte man auch Lehrgänge der Schachschule Rheinland.
Nun folgten im Abstand von wenigen Wochen zwei weitere Ereignisse: Zum einen das Freundschaftsspiel in Istanbul, das sogar während der vielbeachteten Schachweltmeisterschaft noch einen würdigen Platz in diversen Turnierkalendern und Medien fand. Und nun sollte die langersehnte siebte Auflage des Interkulturellen Schnellschachturnieres folgen.
Es gab diesmal ein paar zusätzliche Hürden, die es zu überwinden galt. Zum einen wurde seitens der Stadt Köln beschlossen, die Interkulturelle Woche in eine ganzjährige ‚Veranstaltung‘ umzuwandeln. Wenn man ehrlich ist, war dies eigentlich auch schon längst überfällig. Wir sind in einer Welt, in der immer mehr Menschen in andere Länder ziehen, sei es um dort ihren Lebensunterhalt zu bestreiten oder aus anderen Gründen. Allein in Europa gibt es zum Beispiel weit über 1 Million Deutsche mit Wohnsitz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Was liegt da näher, als das Miteinander der Kulturen allerorten noch stärker anzustreben? Der Wechsel in einen ganzjährigen Betrieb der Interkulturellen Woche fand jedoch in diesem Jahr nicht statt. De facto war die IKW also ‚abgeblasen‘. Und es blieben kaum mehr freie Termine übrig. So nahm der Satranç Club kurzfristig das Heft selbst in die Hand und entschied sich, das Turnier dennoch zu organisieren – aufgrund der o. a. Thematik diesmal erstmalig etwas später also sonst, im Monat Dezember, am zweiten Advent.
Nach regelmäßigen Rekord-Teilnehmerzahlen in den vergangenen Jahren überlegte man sich, die maximale Teilnehmeranzahl noch stärker als bislang zu reglementieren um es etwas ruhiger angehen zu lassen. Auch entschied man sich, diesmal das Startgeld zu verdoppeln. Allerdings nicht, um die eigenen Einnahmen zu erhöhen, sondern um zu beweisen, dass man gelegentlich an mehr als Schachfiguren schieben denkt: Die Hälfte der Startgelder soll an den Istanbuler Verein ‚Umut Cocuklari‘ (Hoffnung für Kinder) gehen. Auch wenn die Stadtverwaltung von Istanbul seit einiger Zeit an diese Kinder denkt und auch wenn die türkische Wirtschaft seit Jahren boomt, besteht weiterhin ein Bedarf daran, dort Kinder in schwierigen Lebenssituationen zu betreuen.
Sehr gut kam an, dass der seit drei Monaten im Amt befindliche neue Kölner Konsul der Republik Türkei, Herr Hüseyin Emre Engin, seinen Einstand im Verein gab und eine Eröffnungsrede hielt. Er betonte seinen positiven ersten Eindruck von einer warmherzigen und offenen Stadt Köln. Während des Turnieres spielte er zahlreiche Schachpartien mit Gästen. Nach Ergänzungen seiner Rede von Oswald Gutt im Namen des Kölner Schachverbandes und Güven Manay für den Satranç Club, konnte es losgehen mir der siebten Auflage.
Turnierleiter war Dirk Langen. Er bestand vor wenigen Monaten zusammen mit seinen Vereinskameraden vom Satranç Club, Izzet Yilmaz und Martin Figge, die Prüfung zum Turnierleiter beim Schachbund NRW und ist nun also frisch zertifiziert. Das sollte sich im Turnierverlauf einmal auszahlen, aber dazu gleich mehr.
Zu Beginn des Turnieres entstand eine größere Führungsgruppe, bei der jedoch meist das Quartett Martin Schmidt, Alexander Ljuboschiz, Dr. Thomas Schunk und der FIDE-Meister Arnold Huhndorf mit enthalten war. So überrascht es auch nicht, dass diese vier Spieler zur Pause zur Führungsgruppe gehörten.
In der Pause gab es für alle Teilnehmer Pogaca. Das sind runde Gebäckstücke, die auf dem Balkan und in der Türkei zur typischen Küche gehören und hierzulande auch als Pogatschen bezeichnet werden.
Wie so oft, entschied sich das Turnier nach der Pause. Zum zweiten Mal überhaupt in der Geschichte des Turnieres wurde der Turnierleiter in der sechsten Runde an eines der Spitzenbretter gerufen. Er war nun gefordert, in einer Situation, in der es unterschiedliche Aussagen hinsichtlich Zeitüberschreitung versus regelwidrigem Zug auf beiden Seiten gab, zu entscheiden. Dies gelang ihm auch, nach Anhörung diverser Aussagen von Zuschauern.
Vor der letzten Runde führten dann zwei Spieler punktgleich, mit je einem Punkt vor dem Rest des Feldes: Alexander Ljuboschiz vom SK Altenkirchen und der Lokalmatador Martin Schmidt. Schachfreund Ljuboschiz gewann gegen den Verfasser dieses Artikels, der es vor dieser Runde noch auf den vierten Platz schaffte. Trotz der ausgefallenen Schützenhilfe hatte Martin eventuell noch die Möglichkeit, das Turnier aus eigener Kraft zu gewinnen. Bei einer beiderseitigen „Zeitnotschlacht“ am Spitzenbrett gegen Dr. Thomas Schunk war das Ergebnis jedoch ein remis.
Somit gewann Alexander Ljuboschiz mit einem halben Punkt vor Martin Schmidt. Dritter wurde Arno Huhndorf vom SV Erftstadt.
Pl. | Name | TWZ | Pkt. | S | R | N | Buch | SoBe |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | Alexander Ljuboschiz | 2161 | 6,0 | 5 | 2 | 0 | 30,5 | 25,25 |
2 | Martin Schmidt | 2208 | 5,5 | 4 | 3 | 0 | 32,0 | 24,75 |
3 | Arnold Huhndorf | 2304 | 5,0 | 4 | 2 | 1 | 31,5 | 20,75 |
4 | Dr Thomas Schunk | 2238 | 4,5 | 3 | 3 | 1 | 30,5 | 17,50 |
5 | Oswald Gutt | 1889 | 4,5 | 3 | 3 | 1 | 28,5 | 16,00 |
6 | David Ramien | 1820 | 4,5 | 3 | 3 | 1 | 27,0 | 15,50 |
7 | Helmut Kuhn | 1550 | 4,5 | 4 | 1 | 2 | 26,0 | 13,75 |
8 | Güven Manay | 1916 | 4,0 | 3 | 2 | 2 | 30,0 | 14,25 |
9 | Martin Bergemann | 1916 | 4,0 | 2 | 4 | 1 | 28,5 | 14,50 |
10 | Burim Selimi | 1551 | 4,0 | 3 | 2 | 2 | 28,5 | 14,00 |
11 | Jürgen Quabach | 2026 | 4,0 | 3 | 2 | 2 | 24,5 | 12,25 |
12 | Michael Kronseder | 1788 | 4,0 | 4 | 0 | 3 | 24,5 | 11,50 |
13 | Abuzer Akpinar | 1363 | 4,0 | 4 | 0 | 3 | 19,5 | 8,00 |
14 | Ulrich Reinartz | 1662 | 3,5 | 3 | 1 | 3 | 25,5 | 10,00 |
15 | Nesimi Aslan | 1573 | 3,0 | 3 | 0 | 4 | 27,5 | 10,00 |
16 | Hans-Joachim Berger | 3,0 | 3 | 0 | 4 | 24,5 | 9,50 | |
17 | Dirk Langen | 1784 | 3,0 | 3 | 0 | 4 | 23,0 | 6,00 |
18 | Jörg Brausewetter | 1570 | 3,0 | 3 | 0 | 4 | 21,0 | 6,00 |
19 | Christian Wilde | 1206 | 3,0 | 2 | 2 | 3 | 19,5 | 6,25 |
20 | Seyda Can | 3,0 | 3 | 0 | 4 | 17,0 | 4,50 | |
21 | Jakob Schmidt | 774 | 2,5 | 2 | 1 | 4 | 21,5 | 6,25 |
22 | Yunus Can | 750 | 2,5 | 2 | 1 | 4 | 19,5 | 3,00 |
23 | Martina Mag | 850 | 2,5 | 2 | 1 | 4 | 18,0 | 2,50 |
24 | Dieter Hingst | 2,0 | 1 | 2 | 4 | 22,5 | 4,25 | |
25 | Yekdal Aslan | 1,5 | 1 | 1 | 5 | 16,5 | 1,25 | |
26 | Ümit Cicek | 0,0 | 0 | 0 | 7 | 19,5 | 0,00 |
Man sieht in Ergänzung zur ursprünglichen Ankündigung, diesmal gleich drei Sieger (statt bisher einen), neben dem Gesamtsieger, waren die Sieger der Senioren- und Jugendwertung zu küren. Erster Senior wurde Dr. Thomas Schunk von den Ford Schachfreunden, zweiter Senior nach Feinwertung Oswald Gutt aus Bergisch Gladbach und den dritten Platz holte Jürgen Quabach vom SV Grünfeld.
Die Jugendwertung gewann ziemlich klar mit dem Porzer David Ramien der Enkel des Turniersiegers. Ihm folgten die deutlich jüngeren Jakob Schmidt und Yunus Can, beide Mitglieder des U12-Jugendteams beim Satranç Club und untereinander getrennt durch die Feinwertung.
Einer der Sieger stand wie beschrieben jedoch schon zu Turnierbeginn fest: Der Verein ‚Hoffnung für Kinder‘. Zwecks Übermittlung der Spende an diesen Verein war der Städtepartnerschaftsverein Köln-Istanbul mit seinen Vorstandsmitgliedern Walter Kluth und Monika Bongartz zugegen. Diese nahmen einen symbolischen Scheck an und bedankten sich.
Es gab teils interessante Sachpreise. Hierunter das im August 2013 erschienene Buch: „Das Mädchen, das barfuß Schach spielte. Aus den Slums von Uganda zur internationalen Schachmeisterin.“ Ein Buch über die Macht der Hoffnung, die Träume wahr werden lässt von Tim Crothers, über die Schachspielerin Phiona Mutesi.
Erwähnenswert ist auch das vom ebenfalls anwesenden Autor und Schachfreund Ali Zeki Kocaslan handsignierte Buch “Hüseyin, der Deutschländer“.
Schachbücher, Schachkalender 2014 und elektronische Medien über Schach rundeten das Ganze dann ab.
Das Gesamtvorstandsmitglied des Satranç Club, Edgar Hennig, ließ sich von dem Turnier in Istanbul inspirieren und brachte die Idee ein, zusätzlich Dankeschön-Medaillen an alle Teilnehmer zu vergeben. So wurde dann auch verfahren – niemand ging leer aus, alle erhielten mindestens eine Medaille und waren hocherfreut!
Diverse türkischsprachige Medien berichteten auch wieder.. hier zum Beispiel das Video einer türkischen Nachrichtenagentur: istanbul-daki-sokak-cocuklari-icin-koln-de-satranc-5401627-haberi
In diesem Sinne wünschen wir allen Leserinnen und Lesern alles Gute für die Zukunft – vielleicht bis zum nächsten Mal!
Güven Manay
Satranç Club 2000 e.V.
www.satranc2000.de
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 9312