24. Oktober 2011
Der 82. FIDE-Kongress fand am 20. und 21. Oktober in Krakow (Polen) statt und wurde satzungsgemäß in der Form des "Executive Boards" ausgerichtet, etwa einer Form eines erweiterten Präsidiums.
Im Vorfeld der diesjährigen Tagung hatte es vorrangig durch Anträge zur Lizenzierung von Spielern und zu einer erheblichen Erhöhung der Wertungsgebühren Irritationen gegeben. Diese Anträge waren jedoch schon in den Fachkommissionen nicht mehrheitsfähig. Hinzu kam, dass sich zahlreiche Föderationen (einschließlich des DSB und der ECU) bereits vorher gegen das Verfahren und gegen die damit verbundene geplante Gebührenerhöhung von 1 € auf 7 € pro Spieler ausgesprochen hatten.
Mittelfristig muss sich der DSB aber auf höhere Gebühren bei der Turnierauswertung einstellen. Zwar ist es gelungen, eine Entscheidung über den Wegfall einer Höchstgrenze (derzeit 15.000 €) zu vertagen, doch soll diese Thematik in einer kleinen Arbeitsgruppe beraten werden. Das FIDE-Präsidium wird dann aber auf der Grundlage ihres Berichtes einen endgültigen Beschluss fassen. Dieser Arbeitsgruppe gehören der FIDE-Schatzmeister Nigel Freeman sowie die Herren Herman Hamers (Niederlande), Javier Ochoa (Spanien) und Horst Metzing (DSB) an.
Ab 1. Januar 2012 werden für Schnellschach und Blitz eigene Elo-Wertungen eingeführt und erstmals ab 1. Juli 2012 veröffentlicht.
Die Israelische Schachföderation hat vorgeschlagen, das derzeitige Elo-Wertungssystem auf alle Spieler auszuweiten und sogar die Voraussetzungen dafür zu schaffen, Partien zwischen Spielern ohne Wertungszahl zu erfassen. Ziel ist es, die noch existierenden nationalen Wertungssysteme durch das FIDE-System zu ersetzen (und damit erhebliche Mehreinnahmen zu erzielen, da es keine Obergrenzen geben soll). Bereits jetzt werden etwa 8.000 Turniere jährlich ausgewertet. Mit einer konkreten Vorlage ist voraussichtlich im nächsten Jahr zu rechnen.
Die Honorare für die Schiedsrichter bei offiziellen FIDE-Turnieren wurden erheblich erhöht. Die FIDE hat auch zu Elo gewerteten Turnieren Richtlinien für die Honorierung von Schiedsrichtern vorgesehen, zugleich auch vorgeschlagen, dass davon 10 Prozent an die FIDE abzuführen sind. Eine endgültige Entscheidung darüber wird wohl beim nächstjährigen Kongress getroffen.
Das vorgelegte Budget 2012 beläuft sich auf ca. 2.250.000 € und sieht einen Überschuss von ca. 250.000 € vor. Erhebliche Rechtsanwaltskosten von ca. 700.000 € für den vor dem CAS in Lausanne gewonnenen Prozess gegen die Karpow-Kampagne und angeblich schon jetzt etwa 300.000 € für die noch anhängige Klage der Schachföderationen von England und Georgien gegen die Nominierung von fünf Vizepräsidenten (anstelle der satzungsgemäß möglichen zwei) führten zu erheblicher Kritik. Die FIDE wird möglicherweise eine Statutenänderung einbringen, wonach bei Streitfällen der Sportgerichtshof CAS nur noch bedingt angerufen werden kann.
Im Schulschachbereich ist die FIDE sehr aktiv geworden und hat auch Sponsoren gewinnen können. Michael Gorbatschow ist bereit, die Schirmherrschaft zu übernehmen. Da die ECU zusammen mit Garri Kasparow in Europa ähnliche Aktivitäten plant und schon erste Initiativen mit der EU-Kommission in Brüssel ergriffen hat, gibt es eventuell Überschneidungen. Die FIDE lehnt es jedoch ab, mit dem früheren Weltmeister zusammenzuarbeiten.
Folgende Titel wurden an DSB-Mitglieder verliehen:
Patrick Zeibel Internationaler Meister
Aljoscha Feuerstack Internationaler Meister
Julian Jorczik Internationaler Meister
Jürgen Wempe Internationaler Organisator
Peter Faiss FIDE-Schiedsrichter
Dr. Uwe Müller FIDE-Schiedsrichter
Andreas Warsitz FIDE-Schiedsrichter
Jörg Witthaus FIDE-Schiedsrichter
Im nächsten Jahr soll endgültig entschieden werden, ob die Jugend-Weltmeisterschaften wegen der hohen Teilnehmerzahlen künftig getrennt ausgerichtet werden, und zwar eine Gruppe U 8, U1 0, U 12 und eine weitere für U 14, U 16 und U 18. Der Vorschlag, die Altersgruppen grundsätzlich für einen Jahrgang zu bilden, also eine Verdopplung der Zahl der Altersgrenzen vorzunehmen, wurde abgelehnt.
Die Jugend-Weltmeisterschaften 2013 wurden nach Al Ain (Vereinigte Arabische Emirate) vergeben, im darauf folgenden Jahr werden sie in Durban (Südafrika) stattfinden.
Der Weltcup wird 2013 in Tromsö (Norwegen) ausgerichtet. Der Vertrag über die am selben Ort stattfindende Schacholympiade 2014 wurde in Krakow unterzeichnet. Für die Schacholympiade 2016 wird sich Toronto (Kanada) bewerben.
Bei der Senioren-Weltmeisterschaft soll es künftig zwei Altersgruppen geben. Es gab unterschiedliche Vorstellungen, anscheinend sind es jetzt die Gruppen ab 50 Jahre und ab 65 Jahre, unabhängig vom Geschlecht. Die Weltmeisterschaften 2013 finden in Riva del Garda (Italien) statt.
Ab 2012 wird es für die nächsten fünf Jahre eine "World Cities Chess Team Championship" mit einem Preisfonds von 130.000 $ in Al Ain (Vereinigte Arabische Emirat) geben.
Iasi (Rumänien) ist Ausrichter der Amateur-Weltmeisterschaft 2013.
Überraschend wurde bekannt gegeben, dass der bisherige FIDE-Exekutivdirektor David Jarrett ausscheidet und durch den Schatzmeister Nigel Freeman ersetzt wird. Hintergründe wurden nicht genannt.
Es gab ein erstes Treffen der Schachföderationen von Frankreich, Spanien, den Niederlanden und Deutschland über eine engere Koordinierung. Zielsetzung ist eine Zusammenarbeit der größten Föderationen, um gemeinsame Interessen gegenüber der FIDE durchzusetzen. Serbien hat ebenfalls Interesse daran bekundet. Weitere Gespräche im Rahmen der offiziellen Sitzungen sind geplant.
Zu den technischen Einzelheiten der Kommissionssitzungen hat DSB-Bundesturnierdirektor Ralph Alt einen Bericht verfasst, der in seinem Spielleiter-Rundschreiben 2011/12 veröffentlicht ist.
Horst Metzing, DSB-Sportdirektor
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 8451