30. September 2015
19 Jahre mußte Deutschland warten. Nun haben wir wieder einen Jugend-Europameister in unserem Land: Leonid Sawlin aus Berlin! Er ist der zweite deutsche Titelträger nach Fabian Döttling (U16, 1996).
Leonid's letzte Partie war eine Gratwanderung. In keiner Phase kam er mit Weiß in Vorteil, geriet später sogar in eine sehr heikle Lage. Währenddessen einigte sich am Nebenbrett der schärfste Kontrahent von Leonid, IM Andreas Kelires (Zypern), auf Remis. Doch auch Leonid's Gegner konnte seine gute Stellung nicht verwerten, tauschte stattdessen die Damen, womit die Punkteteilung und der Titel für Leonid perfekt waren.
Nach dem Titel stellte er sich Bundesnachwuchstrainer Bernd Vökler einem kleinen Interview.
Herzlichen Glückwunsch zu Deiner Goldmedaille. Der erste deutsche Goldmedaille seit vielen Jahren. Wie schätzt Du das Turnier ein?
Nachdem ich die erste Runde verloren hatte(!), war es eigentlich vorbei! Schon wieder ein Fehlschlag, dachte ich. Mir war alles egal und ich spielte danach „Alles oder Nichts!“ Mit Erfolg. (7,5 aus 8)
Du warst 2009 Deutscher Meister U10 mit 10,5 aus 11 möglichen Punkten und viele dachten an eine große Karriere. Leider lief es in den nächsten Jahren nicht, wie gewünscht. Was war los?
Wenn ich das wüsste! Tatsächlich bekam ich in den nächsten Jahren nicht mehr viel auf die Reihe. Die Erfolge blieben aus und dementsprechend sank auch die Motivation.
Welchen Anteil am Gold kommt Deinem Vorbereitungstrainer IM Alexander Lagunow zu?
Das hat gut funktioniert, sehr gut. Alexander ist ein guter Spieler und ich konnte von seiner Praxis profitieren. Er ist auch ein sehr guter Trainer und die Einstellung auf die Partien war optimal - ab Runde 2 (lacht). So bekam ich den Tomczak-Punkt praktisch geschenkt.
(Eine fast identische Position ergab Tischbierek,R.-Lagunow,A vor ein paar Jahren.)
Die achte Runde hatten wir auch fast komplett auf dem Vorbereitungsbrett.
Jetzt mal Butter bei die Fische! Woher kommt der Leistungssprung?
Ich gehe zur Zeit in die elfte Klasse des Max-Planck-Gymnasiums in Berlin und seit ich dort mehr gefordert werde, läuft es auch im Schach besser! Ich musste scheinbar erst Lernen lernen. Deutsche Meisterschaft Platz 3, Makkabiade 2x Platz 2 und jetzt die Europameisterschaft mit Platz 1; 2015 läuft einfach gut!
Einige deutsche Jugendspieler haben nach dem Abitur ein Schachjahr eingelegt bzw. praktizieren ein solches. Ist das auch ein Modell für Dich?
Zweifellos kann man darüber nachdenken. Im Moment steht erst einmal das Abitur im Vordergrund.
Bernd Vökler
Einleitungstext: Frank Hoppe
Redaktioneller Hinweis: Im Einleitungstext war ursprünglich vom dritten EM-Titel für Deutschland die Rede. Arkadij Naiditsch gewann seinen Titel 1995 allerdings für Lettland.
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 20293