23. September 2020
Nach der Absage aller Live-Events hatte die Europäische Schach-Union (ECU) die Idee einer Online-Jugendveranstaltung ins Leben gerufen. Jedes Land durfte 24 SpielerInnen U12 bis U18 nominieren, an maximal drei Standorten versammeln und unter Schiedsrichteraufsicht sowie Kameraobservation spielen lassen. Durch die doppelte Beobachtung sollte Cheating erschwert oder gar unmöglich gemacht werden. Nach meiner Einschätzung ist dieser Ansatz gelungen.
Der Deutsche Schachbund wollte mit zwei Spielräumen ins Netz gehen. Dafür hatte ich Hamburg und meine Heimatstadt Apolda vorgesehen. Bei der Ausrichtung sollten sich zwei Schwerpunkte als gravierend erweisen. Zum einen brauchten wir stabiles Internet via LAN. Mehr als zehn Laptops mit Zoomkonferenz, Videoüberwachung durch den lokalen Schiedsrichter und der gesamte Datenverkehr brauchen jede Menge Bits und Bytes. Zum anderen mußten wir die örtlichen Corona-Bestimmungen strengstens einhalten. Jedwede behördliche Vorgabe musste umgesetzt werden. Ich habe sehr viel gelernt über Abstand, Quadratmeter, Lüften und Mundnasenschutz!
Nachdem sich in Hamburg leider keine Möglichkeit bot, leitete ich 18 Spielerinnen und Spieler nach Apolda, sechs durften mit Sondergenehmigung von zu Hause aus spielen.
Im Vorfeld fanden zwei Live-Trainingslager statt. Carmen Voicu-Jagodzinsky trainierte mit den NRW- Mädchen in Solingen und Jewgenij Romanow führte mit den Nordkadern ein Camp im Hamburger Schachklub durch. Beide Trainings sollten sich bezahlt machen!
Zu Wochenbeginn kamen dann alarmierende Nachrichten aus dem Landratsamt Apolda, Kreis Weimarer Land. Ein Bus mit Senioren war in Tschechien und kam mit 21 infizierten Personen zurück. Der lokale Lockdown drohte. Zum Glück sollten wir im Landratsamt selbst an einer 100-MBit-Glasfaserleitung andocken und waren sogar ein Tagesordnungspunkt der Sitzung des Pandemiestabes. Dort wurde unsere Meisterschaft explizit erlaubt.
Freitag ging es los. Der Start war etwas holprig, Probleme mit Tornelo, der Spielplattform, Schwierigkeiten mit Zoom und und und. Schiedsrichter Bernd Mißbach hatte alle Hände voll zu tun. Die Glasfaserleitung schaltet sich automatisch 14.59 Uhr für eine halbe Minute ab. Der Router war ja noch nie angeschlossen gewesen.
Nach ein zwei Runden hatte sich alles eingespielt. Unsere Cracks kamen immer besser in Fahrt und pünktlich mit dem MDR am Sonntag kamen die Medaillen in Reichweite.
Durch einen Schlussrundensieg kam Frederik Svane auf den geteilten ersten Platz. Die Niederlage gegen den späteren Goldmedaillengewinner bescherte ihm die Silbermedaille. In der Teamwertung wurden die jeweiligen vier Altersklassenbesten zusammengewertet. Am Montag wurde es dann amtlich, zwei weitere Medaillen für Deutschland!
Die Siegerehrung mit Statement des ECU-Präsidenten Surab Asmaiparaschwili fand stilgerecht per Zoomkonferenz am Abend statt. Russland holte 8 der 10 möglichen Goldmedaillen.
Gratulieren möchte ich den deutschen Medaillengewinnern:
Einzel: Frederik Svane U16
Team weiblich: Lara Schulze U18, Antonia Ziegenfuß U16, Yaroslava Sereda U14, Michelle Trunz U12
Team männlich: Jonas Roseneck U18, Frederik Svane U16, Dominik Laux U14, Johannes von Mettenheim U12
Bedanken möchte ich mich bei meinen Kollegen Tatjana Melamed (U16/18w), Jewgenij Romanow (U16/U18), Wolfgang Pajeken (U14/U12) und Ole Poeck (U14/U12w) für Vorbereitungstraining, Analysearbeit und psychologische Hilfestellung. Frank Hoppe hat viele Hundert Fotos geschossen, von denen die besten auf www.schachbund.de zu sehen sind (Links unten).
Mein Dank geht an das Landratsamt Apolda, namentlich Landrätin Christiane Schmidt-Rose, an die Stadt Apolda, namentlich amtierender Bürgermeister Volker Heerdegen und an das Hotel am Schloss.
Pl. | Mannschaft | Land | Pkt. |
---|---|---|---|
1. | Russland | 30,5 | |
2. | Aserbaidschan | 28,0 | |
3. | Armenien | 26,0 | |
Deutschland | 26,0 | ||
5. | Weißrussland | 24,5 | |
Niederlande | 24,5 | ||
Ukraine | 24,5 | ||
8. | Norwegen | 23,5 | |
9. | Georgien | 23,0 | |
Griechenland | 23,0 | ||
Rumänien | 23,0 | ||
Slowenien | 23,0 | ||
Türkei | 23,0 |
Pl. | Mannschaft | Land | Pkt. |
---|---|---|---|
1. | Russland | 29,0 | |
2. | Deutschland | 25,5 | |
3. | Niederlande | 24,5 | |
4. | Aserbaidschan | 24,0 | |
Weißrussland | 24,0 | ||
Polen | 24,0 | ||
Türkei | 24,0 | ||
Ukraine | 24,0 | ||
9. | Georgien | 23,5 | |
Slowenien | 23,5 |
U18
6,5 Punkte
U16
6,0 Punkte
U14
6,0 Punkte
U12
7,0 Punkte
U18
6,0 Punkte
U16
8,0 Punkte
U14
5,5 Punkte
U12
6,5 Punkte
Im Jugendhaus LOGO Apolda fand täglich vormittags das Training statt. Ole Poeck aus Hamburg hatte als Trainer der jüngeren Mädchen großen Anteil an der Silbermedaille. Magnus Ermitsch aus Berlin war als Teil der U12-Nationalmannschaft angereist. Auch wenn er selbst nicht online aktiv werden konnte, nutzte Magnus die Zeit und spielte onboard ein Schnellschachmatch gegen seinen Trainer Wolfgang Pajeken, welches 2:2 endete. Am Sonntagnachmittag besiegte er IM Joachim Brüggemann aus Erfurt in einer Langschachpartie! Joachim zeigte sich ob der Stärke des jungen Mannes sehr beeindruckt! Jonas Eilenberg trainierte mit mir im Garten, da er den Aufenthalt in geschlossenen Räumen auf das Nötigste reduzieren wollte.
Bernd Vökler
Bundesnachwuchtrainer
Tornelo - Spielserver der ECU | Turniere bei ChessResults
Fotos: Stadtrundgang | Aufbau | Vor der 1. Runde | Training | 1. Runde | 2. Runde | 3. Runde | 4. Runde | 5. Runde | 6. Runde | 7. Runde | 8. Runde | 9. Runde
Partien bei Chess24: U18 | U16 | U14 | U12 | U18w | U16w | U14w | U12w
Partien bei Tornelo: U18 | U16 | U14 | U12 | U18w | U16w | U14w | U12w
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