27. Mai 2021
Matthias Blübaum und Rasmus Svane haben das Finalticket mit Schwarzsiegen gegen Sebastian Mihajlov (Elo 2384) und Imre Balogh (2578) nahezu sicher gelöst. Mit den weißen Steinen sollte morgen wunschgemäß nichts mehr anbrennen. Während Matthias seinem jungen Gegner einmal mehr zeigte, wie man die klassische Karlsbader Struktur und den dazugehörigen Minoritätsangriff mustergültig vorträgt, war bei Rasmus mehr dynamischer Pfeffer in der Partie. Auf dem Brett des Lübeckers war eine auf Elitelevel höchst seltene, romantische Eröffnungsvariante zu Gast: Das allseits berühmte wie berüchtigte Königsgambit! Doch Rasmus behielt die Nerven und stand schon vor Zug 20 so gut, dass der kommentierende Großmeister Klaus Bischoff auf SchachdeutschlandTV Rasmus’ Stellung mit den magischen Worten „und der Rest ist eine Sache guter Technik“ bedachte. Gemeint war: Mit ein wenig umsichtiger Partieführung gewinnt Rasmus – und das tat er auch. So sicher wie wir es von ihm gewohnt sind.
Auch auf den anderen Brettern ging es teils hoch her. Arik Braun opferte mit Schwarz spielend eine Figur gegen den russischen Großmeister Ivan Rosum (2549) und jagte den weißen König übers ganze Brett. Doch irgendwo entglitt dem Angriff merklich der Schwung und Arik verwaltete ein tristes Endspiel mit zwei Bauern für einen Springer so erfolgreich, dass am Ende sogar noch Hoffnungsfunken eines Siegs aufglommen. Doch schlussendlich wurden die Punkte geteilt.
Alexander Donchenko drehte mit Weiß in einer Stellung mit symmetrischer Bauernstruktur mächtig auf und überspielte seinen Gegner positionell. Nach einer taktischen Abwicklung in ein Endspiel mit zwei Türmen und zwei Bauern gegen Turm und zwei Springer sah es so aus, als ob der Gießener auf die materielle wie positionelle Siegerstraße einbiegen würde. Doch ein übersehenes taktisches Detail setzte den Gewinnhoffnung ein jähes Ende, Alexander einigte sich mit seinem Gegner Tadeas Kriebel (2527) auf Remis.
Das dritte Remis im Bunde war jenes, das zuerst unterschriftsreif war. Bereits nach 10 gespielten Zügen erhielt Dmitrij Kollars mit den schwarzen Steinen spielend ein Remisangebot seines großmeisterlichen Gegners Gergely Kantor aus Ungarn (2527). Dmitrij war froh über die Punkteteilung, denn so kann er heute mit Weiß im Rücken frei auf Sieg spielen und so vielleicht um den im Falle eines Remis notwendigen Tiebreak herumkommen.
Die verbliebene siebenköpfige deutsche Delegation musste jedoch auch zwei Niederlagen hinnehmen: Frederik Svane gelang vorgestern noch ein unglaubliches Comeback gegen Alexander Moisejenko, den er erst in der klassischen Partie besiegte und anschließend im Schnellschach auch noch souverän mit 1,5:0,5 aus dem Wettbewerb beförderte. Die gleichen Zauberkunststücke muss er heute auf die Bühne bringen, wenn nicht in Runde 2 für ihn Schluss sein soll. Seine Weißpartie gegen Velimir Ivic (2581) ging verloren, obwohl Klaus Bischoff zwischenzeitlich die Stellung des serbischen Großmeisters verdächtig fand und sehr zuversichtlich war, dass etwas Greif- und Zählbares hätte herausspringen können, wenn nicht gar sollen. Doch im entscheidenden Moment übersah Frederik einen Einschlag in seine Rochadestellung, der ihn sofort die Partie kostete.
Das größte Drama der Runde ereignete sich aber mit Sicherheit in der Partie von Vincent Keymer. Mit Viktor Laznicka aus Tschechien hatte er einen ehemaligen 2700er als Gegner am virtuellen Brett gegenübersitzen. Vincent schickte sich an, eine Partie aus einem Guss zu spielen. Eine Partie, die das Zeug dazu gehabt hätte, einen Schönheitspreis für die schönste, einfallsreichste und schlicht beste Partie des Turnieres zu gewinnen (wenn solche Preise heutzutage noch ausgelobt werden würden). Nicht nur konzeptionell war das ganz großes Kino, auch taktisch; denn da brannte Vincent ein von langer Hand geplantes Feuerwerk ab – bis sich dann die Ereignisse überschlugen:
Eine ganz, ganz bittere Niederlage, dessen Ergebnis nicht zwingend die wahren Ereignisse auf dem Brett widerspiegelt. Und dennoch bleibt für das Rückspiel am 27. Mai, das mit Schwarz sicherlich nicht leichter wird, nur die Agenda: Mund abputzen und weitermachen. Denn nur mit einem Sieg kann Vincent ebenso wie Frederik das Ausscheiden verhindern. Wir drücken beiden die Daumen, dass sie noch einmal alle Kräfte mobilisiert bekommen und dass Caissa an der rechten Stelle vielleicht auch einmal glücklicher als heute unseren Teilnehmern zulächelt.
Für Noël Studer, unseren Schweizer Gast in Magdeburg, lief die Runde wenig aufregend. Mit Weiß erzielte er ein solides Remis gegen den langjährigen israelischen Nationalspieler Ilja Smirin (2595). Heute wird sich Noël dann mit Schwarz seiner Haut erwehren müssen.
Br. | Wir | Elo | - | Gegner | Elo |
---|---|---|---|---|---|
27 | GM Matthias Blübaum | 2669 | 1:0 |
IM Sebastian Mihajlov | 2384 |
32 | GM Dmitrij Kollars | 2607 | ½:½ |
GM Gergely Kantor | 2527 |
33 | GM Alexander Donchenko | 2660 | ½:½ |
IM Tadeas Kriebel | 2527 |
42 | GM Arik Braun | 2609 | ½:½ |
GM Ivan Rosum |
2549 |
49 | GM Vincent Keymer | 2591 | 0:1 |
GM Viktor Laznicka | 2647 |
52 | GM Rasmus Svane | 2615 | 1:0 |
GM Imre Balogh | 2578 |
62 | FM Frederik Svane | 2438 | 0:1 |
GM Velimir Ivic | 2581 |
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