7. August 2014
Wer als Schachfan nicht in Tromsø dabei sein kann - teils, weil sie/er nicht für die deutsche Mannschaft nominiert ist (was für die Allermeisten gilt) oder teils, weil kein freies respektive erschwingliches Hotelzimmer (bei dem knappen und teuren Angebot vor Ort) aufzutreiben ist - , die oder der hat jetzt eine Alternative:
Nach THAILAND fliegen und mit den freundlichen Thais das gemütliche THAISCHACH spielen!
Das Spiel, das dort "Makruk" heißt, ist zwischen Chiang Mai, Pattaya und Phuket ein echter Volkssport, wird an jeder Straßenecke gezockt und entspricht im Wesentlichen unserem Schach. Mit einigen wenigen Regelabweichungen, die das Spiel besonders perfekt zum Chillen machen:
Statt übermächtiger Dame und hektischer Läufer (die im modernen Schach jederzeit Überfallangriffe starten können)
gibt es
Außerdem ist die Rochade unbekannt, die Bauern kennen keinen Doppelschritt (starten ohnehin in der dritten Reihe), der weiße König und das thailändische Gegenstück zur modernen Dame haben in der Anfangsstellung die Plätze getauscht, und die Bauern werden ausschließlich zu einem schwachen "Met" befördert, wenn sie die sechste Reihe (Weiß) respektive die dritte Reihe (Schwarz) erreicht haben.
Damit hat sich in Thailand auf überraschende Weise das Erbe des klassischen arabischen Schachs bis zur Gegenwart erhalten. Das Schach der Kalifen, das "Shatranj", kannte statt der Dame den bereits erwähnten "Wesir" und statt schneller Läufern die deutlich langsameren Elefanten. Das "Shatranj" war die weltweit dominierende Schachversion, bis es mit Erfindung von "Dame" und "Läufer" durch spanische und italienische Spieler Ende des 15. Jahrhunderts verdrängt wurde.
Ansonsten aber funktioniert das Thaischach "Makruk" wie das FIDE-Schach, bloß dass es eben einem vorgezogenen Endspiel gleicht und "viel strategischer" ist als das moderne Schach, wie Ex-Weltmeister Wladimir Kramnik mal in einem Interview geäußert hat.
Eine etwas andere, weil völlig entspannte Schachreise ins heiße Königreich Siam lohnt sich demnach - auf den Spuren der Schachgeschichte und damit als Gegenprogramm zum harten Medaillenkampf in Tromsø.
Der Autor hat den entsprechenden Selbstversuch gemacht und in Thailand auf den Spuren der Schachgeschichte das Makruk entdeckt. Meine Reportage, die ich darüber geschrieben habe, ist jetzt in der Tageszeitung "neues deutschland" veröffentlicht worden, nachfolgend der Link zur Onlineausgabe: www.neues-deutschland.de/artikel/941005.siamesischer-sonderweg.html
René Gralla
// Archiv: DSB-Nachrichten - DSB // ID 10008