Spuren...

1. Juli 2011

Auf dem 101. DSB-Bundeskongress am 4. Juni in Bonn wurde ein neues Präsidium für die kommenden zwei Jahre gewählt. Bekanntlich gab es einige Überraschungen. Altgediente Funktionäre schieden aus, neue kamen hinzu. Das Alltagsgeschäft begann bereits einen Tag nach der Wahl. Allzu viele Aufgaben waren ungelöst geblieben und müssen angepackt werden.

Nun, nachdem sich allmählich Normalität einstellt und wieder etwas Ruhe eingekehrt ist, möchte ich noch einer selbst auferlegten Pflicht nachkommen und eine paar Worte der Dankbarkeit und des Abschieds für diejenigen nachreichen, die in Bonn teils freiwillig, teils unfreiwillig ausgeschieden sind, wohl wissend, dass manche schwer heilende Wunde geschlagen wurde. Ich möchte deshalb - so gut es mir möglich ist - jenen Spuren nachspüren, die die bezeichneten Personen im Deutschen Schachbund (DSB) im Rahmen ihres Ehrenamtes hinterlassen haben. Es wird mir allerdings bei diesem Versuch wohl weder gelingen, volle Gerechtigkeit widerfahren zu lassen noch eine wirklich vollständige und angemessene Würdigung aller ihrer Verdienste vorzunehmen. Vielmehr soll mein Beitrag Anstoß für andere Beteiligte sein, sich noch einmal mit den Vorgängen in Bonn zu beschäftigen, sich Gedanken darüber zu machen, was die betroffenen Personen für uns alle geleistet haben und wie wir in dem einen oder anderen Fall würdiger und ehrenvoller mit unseren Ehrenamtlichen umgehen können.

Prof. Dr. Robert K. Frh. von Weizsäcker

DSB-Pressekonferenz Berlin 2010

Mein Vorgänger hat das Amt des DSB-Präsidenten vor vier Jahren in Bad Wiessee übernommen. Die Erwartungen waren hoch, vor allem glaubten viele, dass der berühmte Name die Tür zum großen Geld für den DSB öffnen würde. Diese Hoffnungen wurden jedoch nicht im erwarteten Umfang erfüllt, und ich bin sogar der Meinung, dass diese Erwartungen einfach falsch waren.

Ich halte es grundsätzlich für falsch, die gesamte Verantwortung für das Wohl und Wehe des DSB auf den Schultern einer Person abzuladen. Diese wichtige Lehre haben wir, so merkwürdig das klingen mag, Robert von Weizsäcker im positiven Sinne zu verdanken. Er hat doch von Anfang an gesagt, dass er nur wenig Zeit für die inneren Prozesse des DSB übrig haben wird und demzufolge zurecht erwartet, dass im Team gearbeitet wird. Genau dies konnten wir im DSB in den letzten vier Jahren nicht ausreichend umsetzen, und deswegen halte ich es für unangebracht, Robert von Weizsäcker alleine für die vielen Probleme, die der DSB derzeit fraglos hat, verantwortlich zu machen. Für mich hat der DSB insgesamt nicht gut funktioniert, aus welchem Grund auch immer.

Außer Frage steht, dass Robert von Weizsäcker die großen Medien für den Schachsport interessieren konnte und ihn dort ins Gespräch gebracht hat. Warum es unseren Vereinen leider nicht viel gebracht hat, müssen wir uns alle fragen. Unsere Mitgliederzahlen sinken, das Vereinssterben schreitet voran und es gibt viele weitere "Baustellen". Und das trotz einem eigentlich recht gutem Image des Schachsports in der Bevölkerung!

Eine weitere Leistung Robert von Weizsäckers ist das Durchsetzen der umstrittenen Strukturreform. Der DSB kann durch diese Reform (Verkleinerung des Präsidiums auf fünf Personen) etwas leichter geführt werden, obwohl ich den Ausschluss der fachlich kompetenten Referenten aus dem engeren Führungskreis skeptisch betrachte und mir noch nicht sicher bin, ob das wirklich eine gute Entscheidung war.

Von Weizsäcker signiert eine Schachplane auf der o.g. Pressekonferenz

Wie wir alle wissen ist Robert von Weizsäckers Versuch, um das Amt des ECU-Präsidenten zu kandidieren, gescheitert. Dieses "Abenteuer", wie sich ein Präsidiumsmitglied damals ausdrückte, hat ebenfalls Spuren hinterlassen, und zwar schmerzhafte. Der DSB musste in seiner Gesamtheit begreifen, dass die Trauben international derzeit sehr hoch hängen, und er wurde in Verbindung mit dem Konflikt mit der Nationalmannschaft mit brutaler Gewalt darauf gestoßen, dass außenpolitische Abenteuer praktisch immer scheitern, wenn sie - bewusst oder unbewusst - von den eigenen, inneren Problemen ablenken. Der Vollständigkeit halber möchte ich allerdings ergänzen, dass die ECU-Kandidatur nicht ein Alleingang, sondern eingebettet in Anatoli Karpows Kandidatur um das Amt des FIDE-Präsidenten war.

Robert von Weizsäcker hat schon vor der Wahl in Chanty Mansijsk erklärt, dass er nicht für eine weitere Periode kandidieren wird. Seine bewegende Abschiedsrede in Bonn hat gezeigt, dass er wie kein anderer für den Schachsport begeistern kann. Seine Wahl zum Ehrenpräsidenten halte ich zwar für eine ungewöhnliche, aber dennoch für eine kluge Entscheidung. So können wir darauf hoffen, bei weiteren Gelegenheiten die gewaltige Begeisterung Robert von Weizsäckers für den Schachsport zu erleben und uns davon mitreißen zu lassen.

Prof. Dr. Hans-Jürgen Hochgräfe

Schacholympiade Dresden 2008

Nun muss ich passende Worte für einen langjährigen Freund finden, dem Bonn sicher schmerzhafte Erfahrungen bereitet hat. Hans-Jürgen Hochgräfe kenne ich etwa seit 1992, als er vom damaligen Präsidium kommissarisch zum Referenten für Führung und Ausbildung, wie es damals hieß, ernannt worden war. Das Amt war auf dem DSB-Kongress in Saarbrücken 1991 vakant geblieben. Seit jenem Zeitpunkt haben wir uns immer wieder bei verschiedenen Gelegenheiten getroffen und allmählich angefreundet.

Welche Spuren hat Hans-Jürgen Hochgräfe während seit langen Tätigkeit für den DSB hinterlassen? In Erinnerung sind mir der Aufbau der A-Trainer-Ausbildung und die Einrichtung der FIDE-Trainer-Akademie, die Erstellung des Rahmentrainingsplans und der Rahmenrichtlinien für die Trainerausbildung in Abstimmung mit dem Deutschen Sportbund sowie später mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Zu erwähnen wäre weiter die Leitung der Lehrkommission, die 1996 in Bad Schandau von der Landesverbänden gewünscht wurde, um eine bessere Abstimmung in der Trainerausbildung und in der Abfassung der Richtlinien zu erwirken. Das sind jene Beispiele, die mir am besten in Erinnerung geblieben sind! Bei allen diesen Leistungen hatte Hans-Jürgen Hochgräfe in Dr. Ernst Bönsch, der vor kurzem seinen 80. Geburtstag gefeiert hat, einen gleichermaßen kompetenten und fleißigen wie bescheidenen Mitarbeiter im Hintergrund, dessen Leistungen für den DSB nicht hoch genug geschätzt werden können! Und nicht zu vergessen Dr. Marion Bönsch-Kauke, die ihrem Ehemann stets mit Rat und Tat zur Seite stand! Es ist das große Verdienst Hans-Jürgen Hochgräfes, diese beiden hochkompetenten Personen für die Tätigkeit im DSB gewonnen zu haben.

Unbedingt zu erwähnen ist die Zuständigkeit für die deutsch-polnische Zusammenarbeit, die bei Hans-Jürgen Hochgräfe seit vielen Jahren in den besten Händen war. So freut es mich verständlicherweise, dass wir hier weiterhin auf seine Kompetenz zählen können.
Und ich weiß, dass er den DSB bei verschiedenen externen Gelegenheiten vertreten hat, beispielsweise in den Sitzungen der Nichtolympischen Verbände (NOV).

Mit Hans-Jürgen Hochgräfe habe ich während meiner Tätigkeit als AKLV-Sprecher in vielen Telefonaten die Lage im DSB besprochen, wobei er sich stets als offener, objektiver und fairer Gesprächspartner mit einem überragenden analytischen Verstand erwiesen hat, auf dessen Urteil nicht nur ich mich stets verlassen konnte.

Wenn ich im ersten Abschnitt von der famosen Begeisterung Robert von Weizsäckers für den Schachsport sprach, dann meine ich, dass Hans-Jürgen Hochgräfes Begeisterung nicht geringer ist. Aber er hat einen anderen Charakter, er ist eher zurückhaltend und man muss ihn schon genau kennen, um diese Begeisterung in ihrem vollen Ausmaß zu erkennen.

Nun fragt man sich, warum ein so verdienter Funktionär in Bonn nicht wiedergewählt wurde. Ich meine, dass Hans-Jürgen Hochgräfe in den letzten Jahren die Umstellung auf den neuen Arbeitsstil, auch auf die Verlagerung der Kommunikation ins Internet, nicht schnell genug bewältigt hat. Er war an den anderen Führungsstil der früheren Präsidenten gewöhnt und litt vor allem unter der häufigen Abwesenheit Robert von Weizsäckers sowie unter der mangelnden Kommunikation innerhalb des Präsidiums. Dazu kamen unklare Zuständigkeiten im Konflikt mit der Nationalmannschaft im letzten Jahr. Die Delegierten haben ihm seine vermeintliche Passivität offenbar übel genommen, und so kam es zu einem Abstimmungsergebnis, das den großen Verdiensten Hans-Jürgen Hochgräfes aus meiner Sicht nicht gerecht wird.

Mag das Wahlergebnis auch noch so schmerzhaft sein, das ändert nichts daran, dass Hans-Jürgen Hochgräfe viele Spuren im DSB hinterlassen hat, die noch lange sichtbar sein werden. Und mit etwas Abstand wird es hoffentlich gelingen, sein Gesamtwerk zu sehen und ihm die dafür gebührende Anerkennung entgegen zu bringen.

Dr. Hans-Jürgen Weyer

Berlin 2010

Nur zwei Jahre währte die Amtszeit von Hans-Jürgen Weyer im Präsidium des DSB als Vizepräsident. Während der Deutschen Einzelmeisterschaft 2009 war er von Robert von Weizsäcker in Saarbrücken als Nachfolger für Matthias Kribben vorgeschlagen worden. Die Bundesebene hatte er 2001 nach seiner Wahl zum Präsidenten des Schachbunds Nordrhein-Westfalen betreten. Wir lernten uns im Arbeitskreis der Landesverbände (AKLV) kennen. Nach meiner Wahl zum Sprecher dieses Gremiums im Jahr 2004 wurde Hans-Jürgen Weyer mein Stellvertreter. Während der gesamten Zeit seiner Tätigkeit fiel Hans-Jürgen Weyer stets durch seine sachlichen, humorvollen und stets klar strukturierten Redebeiträge im besten Sinne auf. Wenn die Gespräche im AKLV allzu diffus wurden, war es meistens Hans-Jürgen Weyer, der sie wieder auf Kurs brachte. In unserer Zusammenarbeit habe ich ihn stets als loyal und verlässlich erlebt.

Als die kleinen Landesverbände im Zuge der Strukturreform einen Minderheitenschutz und eine Fixierung des AKLV in der Satzung wünschten, sagte Hans-Jürgen Weyer die Unterstützung des größten Landesverbandes zu. Diese vertrauensbildende Aussage war sehr wichtig für den inneren Frieden des DSB und hat die nachfolgenden Reformen erst ermöglicht. Hans-Jürgen Weyer war ein überzeugter Anhänger der Strukturreform und hat diese mit allen Konsequenzen mitgetragen. In den letzten Jahren musste Hans-Jürgen Weyer den DSB auf vielen Veranstaltungen als Vertreter des Präsidenten repräsentieren. Seine persönliche Präsenz im DSB war dadurch zu Lasten seines Urlaubs sehr hoch.

Hans-Jürgen Weyer und Hans-Jürgen Hochgräfe anläßlich des 20jährigen Bestehens des Landesschachverbandes Sachsen-Anhalt 2010 in Halle-Neustadt

Nachteilig für Hans-Jürgen Weyer wirkten sich verschiedene Spannungen mit Referenten aus, deren Möglichkeiten nach der Strukturreform eingeschränkt wurden. Und vielleicht hätte man sich vom Vizepräsidenten für Verbandsentwicklung mehr inhaltliche Impulse erwartet, als sie von ihm in den zwei schwierigen Jahren gegeben werden konnten. Die ECU-Wahl und der Konflikt mit der Nationalmannschaft waren ungewöhnliche Belastungen für das alte Präsidium. Dennoch hätte sich das neue Präsidium einen Vizepräsidenten Hans-Jürgen Weyer gewünscht, nachdem die Präsidentenwahl gelaufen war. Es hätte wohl einstimmige Zustimmung gegeben. Sein selbst gewählter Rückzug ist bedauerlich, aber für mich letztlich verständlich.

Klaus Jörg Lais

Politikerturnier 2008 in Berlin

Klaus Lais kannte ich schon mindestens seit 1996 aus der Vorstandsarbeit im Saarländischen Schachverband. Auf dem DSB-Kongress in Pfullingen im Jahr 2005 entschloss er sich, auf Bundesebene das Referat Öffentlichkeitsarbeit zu übernehmen. Im Saarland war er zunächst als Spielersprecher, später als Pressewart tätig. Basisarbeit leistete er außerdem als Vorsitzender von Gambit Saarbrücken.

Während all dieser Jahre hat sich Klaus Lais stets als ein unabhängiger Kopf erwiesen, der eigene Vorstellungen einbrachte und realisierte. So im Saarland das Saarschach-Forum, das sich trotz mancher Schwierigkeiten behauptet und zu einem vielgenutzten Austauschmedium entwickelt hat. Auf Bundesebene zeigte Klaus Lais eine hohe Präsenz auf vielen Veranstaltungen des DSB und der Landesverbände. Er hat die Gestaltung und das Programm der Website des DSB erheblich mitgeprägt und dafür gesorgt, dass das Breitenschach mehr Raum als früher erhalten hat. Ihm ist es zu verdanken, dass wir in den letzten Jahren mehr über das Geschehen im Innern des DSB erfahren haben als je zuvor.

Einer besonderen Herausforderung stellte sich Klaus Lais mit der Übernahme der Pressearbeit in Dresden während der Schacholympiade 2008. Diese Chance hat er soweit ich es beurteilen kann genutzt, dennoch erhielt er keinen Nachfolgevertrag, was ihn geschmerzt haben dürfte.

Die Wahl Robert von Weizsäckers verursachte schon 2007 einen ersten Einschnitt in der Karriere von Klaus Lais. Klaus beharrte auf seinen Vorstellungen, das Schachgeschehen in Deutschland darzustellen, während das damalige Präsidium sich mehr Darstellung der eigenen Tätigkeit wünschte. Hier zeigte sich die Kehrseite seiner Unabhängigkeit, die sich als Eigenwilligkeit ausdrückte. Zeitweise wurde deshalb darüber diskutiert, zusätzlich einen (bezahlten) "Pressesprecher" einzustellen, was den Widerstand der Landesverbände heraufbeschwor. Sie wollten keinen "Hofberichterstatter" und stellten sich zeitweise auf die Seite von Klaus Lais.

Hans-Jürgen Weyer und Klaus Jörg Lais 2010 in Berlin

Ein zweiter und entscheidender Einschnitt ereignete sich mit der Verabschiedung der Strukturreform 2009 in Zeulenroda. Die Referenten rückten plötzlich ins zweite Glied und bekamen einen Vizepräsidenten vorgesetzt, von dem sie ihre Aktivitäten und Ausgaben im Wesentlichen genehmigen lassen mussten. Das galt auch für das Referat Öffentlichkeitsarbeit. Einerseits wurden die Ausgaben dadurch besser kontrollierbar und die Haushaltskonsolidierung gelang. Andererseits wirkte sich das negativ auf die Motivation einiger Referenten aus. So kam es zu immer größeren Spannungen zwischen dem alten Präsidium und Klaus Lais, die ich nicht bewerten möchte. Im Endergebnis führten die Spannungen dazu, dass Klaus Lais in Bonn nicht mehr kandidierte und der DSB einen großen Enthusiasten als Mitarbeiter verloren hat.

So blieb ein wichtiges Anliegen von Klaus Lais, auf das er immer wieder aufmerksam gemacht hat, unerledigt. Ihm lag der Bereich Marketing besonders am Herzen, den er gerne persönlich übernommen hätte. Doch dazu kam es nicht. Es gehört jedoch zu den Spuren, die Klaus Lais im DSB hinterlassen hat, dass diesem Thema künftig mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden wird.

Ralf Schreiber

Ralf Schreiber litt wie Klaus Lais unter den Einschränkungen der Strukturreform. Eher unternehmerisch veranlagt, wollte er sich nicht gerne an Formalitäten binden lassen und geriet in verschiedene Reibereien mit dem alten Präsidium. Dies führte dazu, dass er in Bonn für das Amt eines Vizepräsidenten kandidierte, um eine größere Unabhängigkeit zu erlangen und dadurch seine Vorstellungen besser durchsetzen zu können. Das wiederum wollten die Landesverbände zu diesem Zeitpunkt nicht, weil die Unstimmigkeiten mit dem alten Präsidium noch nicht vollständig ausgeräumt waren. Außerdem gefiel ihnen Ralf Schreiber in seiner Rolle als Breitenschachreferent. Diesen Bereich hätte man ihm gerne weiterhin anvertraut. Ralf Schreiber spielte vabanque und ließ es trotz warnender Hinweise auf eine Wahl ankommen, in der er gegen Niklas Rickmann unterlag. Bedauerlicherweise stand er danach nicht mehr als Referent für Breitenschach zur Verfügung. Dabei hatte er im Rahmen der Verbandsentwicklung noch so viele gute Ideen auf den Weg bringen wollen!

Schauen wir noch einmal zurück. Ralf Schreiber wurde 2007 auf dem DSB-Kongress in Bad Wiessee als einer der Nachfolger des überaus rührigen Ernst Bedau in das Amt des Referenten für Breiten- und Freizeitsport gewählt. Es waren sehr große Schuhe, die Ernst Bedau hinterlassen hatte, aber Ralf Schreiber verstand es schnell, aus dessen Schatten herauszutreten. Mit den Vorbereitungen zur Schacholympiade in Dresden erhielt er im Olympiateam die Chance auf die Durchführung einer großartigen Veranstaltung, den Deutschland-Cup. Nach DWZ-Klassen geordnet, qualifizierten sich bundesweit ca. 800 Schachfreunde für das einmalige Finale im Kongresszentrum in Dresden. Es ist völlig klar, dass man eine solche Mammutveranstaltung nur mit einem funktionierenden Team bewerkstelligen kann. Ein solches Team stand schon seit einigen Jahren für die Durchführung der Deutschen Amateurmeisterschaft (Ramada-Cup) zur Verfügung, und dieses Team hatte und hat in Dr. Dirk Jordan einen Motor mit unbändiger Energie. Der Name von Ralf Schreiber wird jedoch mit dem Deutschland-Cup und der Deutschen Amateurmeisterschaft, die kürzlich in Magdeburg ihr 10-jähriges Jubiläum feierte, für immer verbunden bleiben.

Darüber hinaus hat Ralf Schreiber das Projekt "Schach im Kindergarten" im Ennepe-Ruhr-Kreis ins Leben gerufen, für das er 2010 mit dem Deutschen Schachpreis ausgezeichnet wurde.

Es ist wirklich bedauerlich, dass Ralf Schreiber bei dieser fantastischen Bilanz nicht weitermachen wollte. Ich bin fest davon überzeugt, dass die noch bestehenden Spannungen bei beiderseits gutem Willen im neuen Präsidium hätten bewältigt werden können.

Dr. Georg Hamm

Berlin-Spandau 2010

Zum Abschluss möchte ich noch die Verdienste eines Mannes aus meiner Sicht betrachten, der die bundespolitische Bühne für mich wahrnehmbar erst 2009 in Zeulenroda betreten hat. Georg Hamm übernahm dort die Nachfolge des gewaltigen Klaus Gohde, eines von Schach und von Gerechtigkeitssinn besessenen, mir äußerst sympathischen Recken, der selbst im hohen Alter vor Energie und Streitlust nur so strotzt - und das stets im Interesse der ihm ans Herz gewachsenen Senioren. Auch wenn "Schorsch" Hamm schon nach zwei Jahren aus gesundheitlichen Gründen sein Amt wieder abgab, vermochte er bleibende Akzente zu setzen. In Sachen Energie stand Georg Hamm seinem Vorgänger Klaus Gohde in nichts nach, und mehr als einmal beklagte er sich bei mir, wenn ihm ein Auftritt eines Redners zu emotionslos erschienen war. Georg Hamm ist ein leidenschaftlicher Schachspieler, wie man ihn nur selten antrifft. In der Kommunalpolitik erfahren, hatte er stets den Blick für größere Zusammenhänge, die er rhetorisch geschickt und überzeugend darzustellen wusste.

Da ich im Bereich des Seniorenschachs in den letzten Jahren selbst nicht gestalterisch aktiv war, kann ich nur wenig zu den inhaltlichen Aspekten der Tätigkeit von Georg Hamm sagen. Ich weiß, dass ein umfangreiches Programm an Seniorenturnieren zu bewältigen war, dass Änderungen der Turnierordnung der Senioren zu formulieren und zu verabschieden waren. Details dürften hier nicht von Interesse sein. Georg Hamm hat sich darüber hinaus mit großer Leidenschaft in viele Diskussionen eingebracht, die die aktuelle Lage und die Zukunft des DSB betrafen. Ihm war es stets ein besonderes Anliegen, die Erfahrung der Senioren für den Deutschen Schachbund zu erhalten und zu nutzen.

Abschließen möchte ich meine Betrachtungen mit der wichtigsten Spur, die Georg Hamm bei mir und hoffentlich im DSB hinterlassen hat. Dazu zitiere ich seine Worte, die er kurz nach dem Bonner Kongress an mich gerichtet hat:

"Der Bundeskongress 2011 hat mir unabweislich gezeigt, wie auch mit erfahrenen, kurz- oder langzeitig tätigen Funktionären, die sich, auch mit persönlichem Fehlverhalten behaftet, aber zumeist sehr engagiert und durchaus erfolgreich für den DSB eingesetzt haben, umgegangen worden ist. Ob das Votum der Delegierten tatsächlich die Leistungen und das Auftreten der Ausgeschiedenen widerspiegelt, das will ich hier nicht beurteilen, aber die Achtung vor dem Anderen und seiner persönlichen Würde beim Ausscheiden aus einem Amt müssen im DSB ein hohes Gut sein! Der Umgang mit ehemaligen ehrenamtlichen Leistungsträgern ist Gesprächsstoff in den Mitgliedsverbänden. Motivationsfördernd ist er nicht. Mein Appell, meine Bitte geht an das Präsidium: 'Gebt den verdienstvollen Verantwortlichen das Gefühl, in ihrem Wirkungsfeld eine positive Spur hinterlassen zu haben.' Es würde mich freuen, wenn das Präsidium schon aus ethischen Gründen über die Art der Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen im humanistischen Sinne zu weisen Beschlüssen kommt."

Es waren diese Worte von Georg Hamm, die mich zu meinem Artikel veranlasst haben, und ich hoffe, wenigstens einen Teil der positiven Spuren der ausgeschiedenen Ehrenamtlichen auf diese Weise sichtbar gemacht zu haben. Wir haben allen für ihren Einsatz zu danken!

Herbert Bastian