1. Kongress des Deutschen Schachbundes 1879

Deutscher Schachbund.*)

Im Nachstehenden geben wir eine kurzgefasste, aber genaue Übersicht über die Turniere und wichtigeren Vorgänge während des Congresses. Das nächste Heft wird einen ausführlichen Bericht enthalten; auch soll ein Congressbuch erscheinen.
Das Meisterturnier ist am Sonntag, den 20. Juli programmgemäß zu Ende gebracht worden. Den sachlichen Verlauf und das Endresultat desselben zeigt die folgende Tabelle. Leider waren zwei der Turniertheilnehmer, die Herren Wemmers aus Köln und Minckwitz aus Leipzig, Ersterer wegen früherer Abreise, Letzterer aus Privatgründen, vom Turnier zurückzutreten genöthigt. Dieselben verzichteten daher auf weiteren Kampf, und die von ihnen noch nicht gespielten Partien (W. 3, M. 4) wurden ihren respectiven Gegnern als gewonnen angerechnet. Die Partie zwischen W. Paulsen und Minckwitz ist aus besonderer Ursache beiden Theilen als verloren angerechnet worden. Schlusstabelle:

*) Das Wort „Allgemeiner" ist in der Generalversammlung gefallen.

Meisterturnier

14. bis 20. Juli 1879

Pl. Spieler Ort Verein Pkt. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2
1. Berthold Englisch Wien 9,5 * 1 1 ½ 1 1 1 0 1 1 1 1
2. Louis Paulsen Blomberg 9,0 0 * 1 1 1 1 1 1 0 1 + +
3. Adolf Schwarz Wien 7,0 0 0 * 0 1 1 1 ½ ½ 1 + 1
4. Max Bier Hamburg Altonaer SK 6,5 ½ 0 1 * 0 1 1 1 1 1 0 0
5. Fritz Riemann 6,0 0 0 0 1 * 0 1 1 1 0 + +
6. Karl Pitschel 5,0 0 0 0 0 1 * ½ 1 1 ½ + 0
6. Emil Schallopp 5,0 0 0 0 0 0 ½ * 1 1 ½ 1 +
8. Arnold Schottländer 4,5 1 0 ½ 0 0 0 0 * ½ 1 ½ 1
8. Ernst Flechsig 4,5 0 1 ½ 0 0 0 0 ½ * ½ 1 1
10. Wilfried Paulsen 3,5 0 0 0 0 1 ½ ½ 0 ½ * - 1
11. Johannes Minckwitz 2,5 0 - - 1 - - 0 ½ 0 - * 1
12. Carl Wemmers 2,0 0 - 0 1 - 1 - 0 0 0 0 *
-
C67

Den ersten Preis, 600 Mark, gewann demnach Berthold Englisch aus Wien mit 9½ Gewinnpartien, den zweiten, 300 Mark, Louis Paulsen aus Blomberg mit 9 Gewinnpartien, den dritten, 150 Mark, Adolf Schwarz aus Wien mit 7 Gewinnpartien, den vierten, 100 Mark, M. Bier aus Hamburg (Mitglied des Altonaer Schachclubs) 6½ Gewinnpartien.
Im Hauptturnier errang den ersten Preis, eine prachtvolle goldene Remontoir-Uhr nebst Kette im Werthe von über 200 Mark, Herr
Director Lehmann aus Bromberg, den zweiten Preis, ein sehr schönes Schreibzeug im Werthe von 120 Mark, Herr stud. Hugo Boehlke aus Leipzig (Bromberg), den dritten Preis, eine werthvolle Regulator-Uhr, Herr stud. Möbius aus Leipzig (Stolberg), den vierten Preis, Prachtausgabe von Hermann und Dorothea mit von Ramberg'schen Zeichnungen, Herr Dr. Reif aus Göttingen.

Im Haupt-Turnier spielten:

Gruppe I. Ahlhausen, Ahrenssen, Böhlke, Richter
Gruppe II. Günther, Lehmann, Sehring, Dr. Wiemann
Gruppe III. Dr. Reif, Stern, Witt, Wolscht.
Gruppe IV. Doppler, Finke, Mester, Möbius

Es gewannen in den Gruppen: Stud. Böhlke (Leipzig), F. Lehmann (Bromberg), Dr. Reif (Göttingen), Stud. Möbius (Leipzig)

1. Preis: F. Lehmann aus Bromberg,
2. Preis: Stud. Böhlke aus Leipzig,
3. Preis: Stud. Möbius aus Leipzig,
4. Preis: Dr. Reif aus Göttingen

Im ersten Nebenturnier siegten:

1. Preis: Dr. Schwabe aus Altenburg,
2. Preis: Hoforganist Jahn aus Rudolstadt,
3. Preis: Stud. Meyer aus Leipzig,
4. Preis: Alb. Hensel aus Halle a./S.

Im zweiten Nebenturnier siegten:

1. Preis: Alb. Vossen aus Aachen,
2. Preis: Stud. Goldschmidt aus Leipzig,
3. Preis: Händler aus Leipzig,
4. Preis: Bamme aus Halle a./S.

Im Lösungs-Turnier gewann Hermann von Gottschall den Preis.

Generalversammlung

Leipzig, den 17. Juli 1879. H. Zwanzig, Generalsecretär.

In der Generalversammlung am Dienstag Abend wurde dor Statutenentwurf endgültig berathen und Herr Hermann Zwanzig General-Secretair des Bundes erwählt. Sodann wurde zum Vorort des nächsten Congresses auf Vorschlag des Präsidenten der Berliner Schachgesellschaft, des Herrn Emil Schallopp, Berlin einstimmig gewählt.
Die Congresstheilnehmer sind vor ihrer Abreise noch photographisch in einem Gruppenbild aufgenommen worden.
Louis Paulsen, welcher nach dem Ableben Anderssen's als Vorkämpfer Deutschlands zu betrachten ist, hat diesmal nur den zweiten Preis errungen, während er 1877 auf dem Anderssen-Congress und 1878 in Frankfurt a. M. den ersten Preis erkämpfte. Er hat den diesmaligen Hauptsieger, Englisch, zu einem Wettkampf herausgefordert, in welchem 5 Gewinnpartien entscheiden sollten. Herr Englisch hat die Herausforderung jedoch Zeitmangels halber nicht annehmen können und ist sehr früh nach Wien zurückgekehrt. Dagegen hat das Bundes-Comité einen Wettkampf zwischen Louis Paulsen und dem dritten Preisträger, Adolf Schwarz, arrangirt. Sieger ist, wer zuerst 5 Partien gewinnt, remis zählt für jede Partei halb. Der Sieger erhält aus der Bundescasse 100 Mark, der Verlierer als Entschädigung für die aufgewandte Zeit und die Kosten des verlängerten Aufenthalts 50 Mark.*)

Für das Problemturnier sind im Ganzen elf Bewerbungen eingelaufen, nämlich:
1. Motto: Adjuva me, fortuna!
2. Motto: Little is my gift.
3. Motto: Dem drohend Mat willst du entflieh'n, o König, aber sprich wohin!
4. Motto: Ich hab's gewagt!
5. Motto: Szerencss utat!
6. Motto: Billig aber gut.
7. Motto: Rumor in ambiguo est!
8. Motto: Stiefkinder.
9. Motto: Grüsset die Freunde.
10. Motto: Es freut mich mehr nichts in der Welt etc.
11. Motto: Go on! (ist zurückgezogen).

Sämtliche in den verschiedenen Turnieren gespielte und sich zur Veröffentlichung eignende Partien (es befindet sich unter den Partien des Meisterturniers diesmal eine grössere Anzahl überaus eleganter), sowie sämmtliche correcte Turnierprobleme werden in einem noch in diesem Jahre erscheinenden Congressbuch veröffentlicht werden, welches auch über den sonstigen Verlauf des interessanten Congresses in ausführlicher Weise berichten wird. Preis dieses Buches wird 3 Mk. sein, die Schachvereine und Schachfreunde werden ersucht, Herrn Hermann Zwanzig, Alexanderstrasse 20, Leipzig, bis spätestens den 25. August Mittheilung zu machen, auf wie viele Exemplare desselben sie reflectiren, event. auch den Betrag mit franco einzusenden. Gleichzeitig belieben Diejenigen, welche das Congressbild (Preis 6 Mk.) zu erhalten wünschen, Herrn Zwanzig zu benachrichtigen.

*) Paulsen gewann den Match mit 5 zu 2 Gewinnpartien.

Quelle

  • Deutsche Schachzeitung 8/1879, S.250-253